Die 5. Stolpersteinverlegung für jüdische Opfer der Nationalsozialisten steht am 1. Juli an. Diesmal ist einiges anders. Wobei es sich nicht nur um eine besondere Patenschaft dreht.
Am Anfang hatte Dirk Hönerlage wenig. Kaum Infos über Recha Heilbrunn, die als Jüdin Anfang 1943 dem nationalsozialistischen Vernichtungswahn zum Opfer fiel. Doch dann halfen intensive Suche und der Zufall. Am 1. Juli, ab 14 Uhr, erfolgt die Verlegung des Stolpersteins für Heilbrunn und für sieben weitere Jüdinnen und Juden aus der Kurstadt. Auf dem Weg dorthin erfuhr Hönerlage viel Spannendes und knüpfte interessante Kontakte.
Die Stolpersteine, von denen bald 100 000 in Straßen und Gehwegen in 28 europäischen Ländern liegen: Sie sollen an das tragische Schicksal von Nazis verfolgter und umgebrachter Menschen erinnern. Hönerlage, der dem örtlichen Arbeitskreis Stolpersteine angehört, wusste von Recha Heilbrunn aber nur, dass sie am 7. oder 8. Juni 1878 in Brückenau als Tochter von Lyon und Henriette Frank geboren, verheiratet war und ein Kind hatte. Weder der Name des Mannes noch des Nachwuchses waren ihm bekannt. Auch konnte sich der ehemalige Gymnasiallehrer kein Bild von Heilbrunn machen. Ein Foto fehlte.
Wegen der dürftigen Faktenlage stellte Hönerlage sie für die 3. Stolpersteinverlegung erst einmal zurück. Vor der 5. dachte er sich, dass es kein Kriterium sein könne, jemanden nicht zu berücksichtigen, weil man kaum etwas über ihn weiß. Also sollte es zur Aktion am 1. Juli sein.
Rätsel um Mann und Kind gelöst
Doch bevor der 64-Jährige den dürftigen Stand fürs Begleitheft niederschrieb, schaute er noch einmal im Internet nach. Und wurde auf Ahnenforschungs-Seiten fündig. Hönerlage erfuhr, dass der Ehemann Siegfried hieß und aus dem Städtchen Hofgeismar nördlich von Kassel stammte. Das Kind, Dora, kam am 13. Januar 1902 in Magdeburg zur Welt, wo das Paar zeitweise lebte.
Später - schon in der Nazizeit - zogen die Heilbrunns nach Frankfurt/Main um, wo Siegfried im Mai 1937 starb. Seine Witwe wohnte in der Großstadt an derselben Adresse wie Tochter Dora und ihr Mann mit ihren beiden Kindern.
Die junge Familie wanderte in die USA aus, während Recha Heilbrunn, wohl wegen ihrer schwachen Gesundheit, die anstrengende Reise in die Freiheit nicht mit antrat. So blieb sie unter der Fuchtel der Nazis, zog in ein jüdisches Altenheim in Frankfurt. Dieses diente ab 1942 als Sammellager für Deportationen.
Und so wurde die 66-Jährige am 18. August desselben Jahres ins Ghetto Theresienstadt verschleppt. Am 30. Januar 1943 starb Heilbrunn dort, angeblich an Herzschwäche und einer Darmentzündung.