Die demografische Entwicklung macht den Betrieben zu schaffen. Immer mehr Stellen bleiben unbesetzt. Trotzdem haben 113 junge Fachkräfte ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen.
"Ich hab immer schon mit Holz gebastelt und gearbeitet. Ein Büro-Job wäre nix für mich gewesen", sagt Michael Gißler. Mit der Ausbildung in der Reichenbacher Schreinerei Back & Sohn hatte der 19-Jährige seinen Traumberuf gefunden; und einen Betrieb, der ihn nicht nur fachlich forderte, sondern auch anders beeindruckte: "Der Zusammenhalt im einem Familienbetrieb ist toll."
Jetzt steht Michael Gißler am Ende seiner Ausbildung, in der er ausgesprochen erfolgreich war. Gemeinsam mit weiteren 112 Handwerkern erhielt er bei der Freisprechungsfeier im Tattersall in Bad Kissingen seinen Gesellenbrief. Und er bekam für seine schulischen Leistungen den Ehrenpreis der Regierung von Unterfranken, sowie als Prüfungsbester auch einen Buchpreis der Kreishandwerkerschaft.
Die Vielfalt an fachlichen Tätigkeiten in seinem Ausbildungsbetrieb begeisterte Gißler. Am liebsten war ihm der Möbelbau: "Ab der Planung, über den Zuschnitt und den Einbau!" - und die Montage führte ihr dann unter anderem nach Leipzig oder Hannover.
Neue Herausforderung Doch trotz aller Liebe zum Holz entschied sich Michael Gißler für eine Änderung der beruflichen Perspektive: "Ich habe schon immer gerne mit Kindern gearbeitet" - so umschreibt er seine Motivation, in Bayreuth eine fünfjährige Ausbildung zum "Fachlehrer für Technisch-Zeichnen, Werken, Kunst und Computerschreiben" zu beginnen.
Mit dem neuen Ziel möchte er sein fachliches Können mit erzieherischen Fähigkeiten verbinden.
Die meisten der übrigen 112 frisch gebackenen Gesellen werden als Handwerker ihrer bisherigen Tätigkeit, viele auch in ihren Ausbildungsbetrieben treu bleiben. Das ist wichtig, denn der Fachkräftemangel ist längst unübersehbar im Handwerk. Keiner formulierte es so pointiert wie Walter Heusslein, Vize-Präsident der unterfränkischen Handwerkskammer: "Es ist eine Frage der Zeit, bis der Mensch in den Betrieben zur Mangelware wird."
Kreishandwerksmeister Werner Paltian bestätigte den Freizusprechenden, dass sie in zwei oder drei Jahren Ausbildung umfangreiches Fachwissen und Fertigkeiten erworben haben,. Dies hätten sie in der Prüfung bestätigen hatten. "Im Vergleich zum Studium haben Sie keine schlechte Wahl getroffen. Sie können Ihren Beruf in ganz Deutschland, ja in Europa ausüben, und für Fortbildung stehen ihnen viele Türen offen", rief stellvertretender Landrat Emil Müller den jungen Fachhandwerkern zu. Die aktuelle Situation im Landkreis mit 3,9 Prozent Arbeitslosenquote und 1500 Handwerksbetrieben sei für die berufliche Zukunft hervorragend.
Oberbürgermeister Kay Blankenburg beglückwünschte im Namen der Stadt und gab den Ratschlag: "Fragen Sie ihren Chef nicht nur nach Geld und Urlaub, sondern auch nach den Chancen für Fortbildung und Aufstiegsmöglichkeiten." - Und angesichts der Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten fügte er hinzu: "Suchen sie sich nicht nur einen Job, sondern einen Arbeitsplatz, der sie ausfüllt."
Walter Heusslein bestätigte dem handwerklichen Nachwuchs: "Sie erhalten heute die wohlverdienten Zinsen für ihre Anstrengungen." Die Ausbildung sei eine "Investition in die Zukunft", meinte der stellvertretende Handwerkskammer-Präsident, denn "schlaue und kluge Köpfe werden immer gebraucht". Den Betrieben dankte er nicht nur für das Engagement in der Ausbildung, sondern mahnte auch: "Wer seinen Betrieb sichern will, der muss sich um Nachwuchs bemühen." Heusslein bestätigte der Dualen Berufsausbildung in Betrieb und Berufsschule eine Vorbildfunktion, "um die man uns in vielen Ländern beneidet".
Oberstudiendirektor Rudolf Hoffmann übermittelte die Glückwünsche der Berufsschulen in Bad Kissingen und Bad Neustadt. Auch wenn der Einstieg in das Berufsleben nicht immer mit dem Traumberuf erfolgte, so hätten die jungen Fachkräfte doch alle Hürden bewältigt. Dabei hätte die Schule versucht, nicht nur das Fundament für das "materielle Ziel" zu legen, sondern auch für Wertvorstellungen und für die immer wichtiger werdende Sozialkompetenz.
Nach den erfreulich kurzen, teils humorvollen Grußreden entließ Werner Paltian die Gesellen und Gehilfen mit der traditionellen Formel "Kraft meines Amtes spreche ich Euch von den Pflichten der Lehre frei" aus ihrer Ausbildung und appellierte an den Nachwuchs: "Tragt die Handwerkstradition in die Zukunft hinein." Danach brandete über 100mal der Beifall im Tattersall auf - und zwar immer dann, wenn Kathrin Emmert, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft, den Namen des Prüflings aufrief und die jeweiligen Vertreter der beteiligten Innungen den Gesellen- bzw. Gehilfenbrief übergaben.
Jung-Schreiner Michael Gißler formulierte den Dank an die Betriebe: "Sie haben uns fit gemacht - nicht nur für die Prüfung, sondern für den Beruf." Jetzt sei man auf dem richtigen Weg und die Eltern könnten nicht mehr sagen: Lern erst mal was G´scheites.
Als Prüfungsbeste wurden Sofia Seufert (Bäcker), Regina Demling (Fachverkäuferin im Bäckerhandwerk), Matthias Grom (Fleischer), Jessica Brandl (Fachverkäuferin im Fleischerhandwerk) und Florian Metz (Bürokaufmann) mit einem Buchpreis gewürdigt.