Das bringt die Anwohner der Zent auf die Palme: Während der Sanierung der Brücke werden sie von der Innenstadt abgeschnitten. Die Umleitung ist 18 Kilometer lang. Jetzt lenkt das Landratsamt ein - doch ob diese Lösung der goldene Wurf ist?
Aus dem einstigen Hypothekenhügel "Zent" in Münnerstadt ist im Laufe der Jahrzehnte eine sehr große Siedlung geworden. Rund 160 Häuser wurden hier seit den 1970er Jahren gebaut. Die einzige Zufahrtsstraße: die Zentstraße, die an der Brücke beginnt. Deren Asphalt soll jetzt erneuert werden. Eigentlich eine gute Nachricht, zahlt die Zeche doch der Landkreis. Aber: Ohne Anwohner oder Gewerbetreibende zu informieren sollte die Straße komplett gesperrt werden - vier Wochen lang. Und wer in dieser Zeit in die Innenstadt will, fährt dann nicht einen Kilometer, sondern rund 18, denn so lang ist die Umleitung. Die Reaktionen auf der Zent: Unglaube, Zorn und Fassungslosigkeit.
Halbe Stunde stat fünf Minuten
Ende letzter Woche veröffentlichte das Landratsamt die Meldung, dass die Kreisstraße vom Landkreis saniert wird. Die Asphaltschicht werde erneuert und deshalb die Brücke bis zur ersten Querstraße rechts in Richtung Strahlungen gesperrt. Vier Wochen lang. Die Umleitung führe über die B287 Richtung Bad Neustadt, über Salz und Strahlungen wieder nach Münnerstadt.
Es gab wohl einige, bei denen sich das erst setzen musste und das ganze Ausmaß erst im Laufe des Wochenendes klar wurde: Wer in die Stadt will, muss jetzt statt mit fünf Minuten mit einer halben Stunde rechnen.
In den 1970er Jahren entwickelte sich die Zent zum beliebten Baugebiet. Das heißt, dass viele Bewohner nun alt geworden sind und aufgrund von Gebrechen auf ihr Auto zum Einkauf angewiesen sind. Für sie gleicht die Vollsperrung einer Katastrophe. Auch Priscilla Bruckner, eine junge Frau, spricht von einer Katastrophe. Denn ihr gehört die "medical Aesthetic Praxis" auf der Zent. "Wie soll das für meine Patienten und Patientinnen werden? Sie kommen auch aus Fulda oder Bamberg, die wissen nichts davon. Und für diese riesige Umleitung braucht man Ortskenntnisse. Es ist eine Unverschämtheit, vor allem, dass wir nicht informiert worden sind. Jetzt kann ich erst mal alle Kunden abtelefonieren." So geht es auch Dagmar Eschenbach, Betreiberin des Fitness-Studios direkt an der Brücke. "Niemand hat uns informiert. Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln." Eschenbach und Bruckner beschwerten sich beim Landratsamt.
Bürgermeister Kastl "perplex"
Denn die Tiefbauverwaltung dort hatte sich die Lösung ausgedacht. Und die Stadt Münnerstadt hat nach Aussagen von Bürgermeister Michael Kastl bereits "seit längerem" über eine andere Lösung nachgedacht. Als er von der letzte Woche veröffentlichten Vollsperrung hörte, da war er "perplex". Einerseits habe er Grund zur Freude: "Der Landkreis schenkt uns einen neuen Straßenbelag - gerade noch rechtzeitig, denn aufgrund der allgemeinen Teuerungen ist so schnell nicht mehr mit einem solchen Geschenk zu rechnen." Aber: Es müsse eine verträgliche Lösung für die Bewohner der Zent geben. Eine nur halbseitige Sperrung? Nicht erlaubt, die Sicherheit der Bauarbeiter gehe vor. Halbseitige Sperrungen gibt es erst ab einer Fahrbahnbreite von 8,50 Metern. Behelfsstraße? Kaum zu realisieren. Doch noch während er mit seiner Verwaltung also danach suchte, schuf das Landratsamt Fakten.
Die Beamten dort aber schienen mit den Reaktionen der Bürger und Bürgerinnen nicht gerechnet zu haben. Auf allen Kanälen hagelte es Beschwerden. Marco S. beispielsweise, der auf Facebook von einem "Schildbürgerstreich" schreibt. Andere, die für ihre tägliche Fahrt nach Bad Kissingen zur Arbeit nun erst einmal neun Kilometer in die Gegenrichtung und wieder zurück fahren müssen, machten ihrer Wut in sozialen Medien Luft, dazu gab es Beschwerdemails und Beschwerdetelefonate.