Absagen treffen Künstler hart

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Chris Hopkins (von links) war schon mehrfach mit seinen Band-Kollegen Colin T. Dawson, Bernd Lhotzky und Oliver Mewes zu Gast in Bad Kissingen. Das für den 20. März geplante Konzert in Bismarck's Basement ist auf Juni verschoben. Foto: Archiv/Ralf Ruppert
Chris Hopkins (von links) war schon mehrfach mit seinen Band-Kollegen Colin T. Dawson, Bernd Lhotzky und Oliver Mewes zu Gast in Bad Kissingen. Das für den 20. März geplante Konzert in Bismarck's Basement ist auf Juni verschoben. Foto: Archiv/Ralf Ruppert

Seit 20 Jahren kommt die Jazz-Band "Echoes of Swing" regelmäßig in die Kurstadt. Nicht nur dieser, sondern auch viele weitere Auftritte der Musiker sind nun storniert. Für Bad Kissingen ist aber bereits ein Nachhol-Termin geplant.

Als "ein kleines Stück Heimat" bezeichnet Chris Hopkins Bad Kissingen. Im Jahr 2001, also drei Jahre nach der Gründung, kam er mit seiner Jazz-Band "Echoes of Swing" zum ersten Mal in die Kurstadt. Seitdem gastieren die vier Musiker regelmäßig entweder in Bismarck's Basement in der Oberen Saline oder in einem der größeren Säle des Arkaden- und Regentenbaus. "Das ist einer der Orte, mit denen wir am längsten verbunden sind", sagt der 47-Jährige. Das für heute geplante Konzert wurde nun allerdings wegen der Corona-Pandemie abgesagt. "Die Veranstalter und wir Künstler sind ganz besonders betroffen", fasst Bandleader Chris Hopkins die Auswirkungen auf die Branche zusammen, und: "Wir sind keine Arbeitnehmer wie jeder andere, uns treffen die massiven Verdienstausfälle ganz direkt."

Noch Konzert Anfang März

Ende Februar habe er selbst noch Urlaub auf Teneriffa gemacht. "Direkt neben dem Hotel dort, das wegen Corona gesperrt wurde", erzählt der 47-Jährige. Nach seiner Rückkehr habe er am ersten März-Wochenende noch ein Konzert in Nordrhein-Westfalen gespielt. "Das war alles ganz entspannt und hat super funktioniert", berichtet er. Wenige Tage später seien dann fast im Stunden-Takt Konzerte abgesagt worden: "Wir hätten im März noch vier Konzerte in Bayern gehabt", sagt der Bochumer. Alle wurden abgesagt.

"Man kann nichts machen, sondern muss den Fachleuten vertrauen", kommentiert Chris Hopkins die bundesweiten Maßnahmen. Allerdings fordert er, dass die Politik auch die Auswirkungen abmildert: "Ich hoffe, dass nicht nur an die Banken, sondern auch an die kleinen Mittelständler gedacht wird", zieht er den Vergleich zur Banken-Krise. Dann das Schlimmste für die Künstler wäre, wenn nach der Corona-Krise die ganzen Veranstalter insolvent wären.

Offen ist auch, wie seine eigenen Verdienstausfälle abgefedert werden: "Der deutsche Kulturrat ist bereits aktiv", berichtet Hopkins. Diskutiert werde, dass es Soforthilfen über die Künstler-Sozialkasse gibt. Von den Veranstaltern sei nicht viel zu erwarten: "Wahrscheinlich berufen sich alle auf höhere Gewalt, die jede Versicherung obsolet macht", sagt Hopkins, der in den USA geboren wurde. Sein Vater war Amerikaner, die Mutter Deutsche, aufgewachsen ist er in Deutschland. Mit sechs Jahren lernte er zunächst Cembalo und Blockflöte, später sattelte er auf Piano und Saxophon um. Mit 13 entdeckte er den Jazz für sich. "Das Herz ist immer beim Jazz geblieben", erzählt der 47-Jährige. Alles, was er kann, habe er sich autodidaktisch beigebracht oder von anderen Jazz-Musikern abgeschaut. "Das ist der beste Weg, diese Musik zu lernen."

Tickets bleiben gültig

"Da werden viele in die Insolvenz gehen", sorgt sich Chris Hopkins um Künstler und Veranstalter gleichermaßen. Umso glücklicher ist er darüber, dass die Stadt Bad Kissingen ganz anders als viele private Veranstalter reagiert habe: "Das ist ein positiver Fall." Zum einen wurde bereits ein Ersatz-Termin festgelegt: Am Freitag, 5. Juli, soll das Konzert von "Echoes of Swing" nachgeholt werden. "Die Tickets behalten ihre Gültigkeit", heißt es auf der Internet-Seite der Stadt. Allerdings können bereits gekaufte Tickets auch zurückgegeben werden. Eile ist dabei keine geboten: Wer erst nach dem ursprünglichen Konzert-Termin, aber vor dem neuen feststellt, dass er da nicht kann, bekommt sein Geld trotzdem noch zurück. "Die Konzertbesucher haben keinen Schaden", ist auch Musiker Chris Hopkins wichtig.

Die Stadt Bad Kissingen habe aber nicht nur sofort nach einem neuen Termin gesucht, sondern sogar angeboten, einen Teil des Honorars dafür bereits zu überweisen. "Wenn einem auf einen Schlag die Einnahmen von zwei Monaten wegfallen, ist das natürlich eine große Hilfe", bedankt sich Hopkins für die Geste, die er sich vor allem durch die jahrzehntelange Verbundenheit mit der Stadt erklärt.

Arbeit am neuen Programm

Bei aller Sorge um die eigene Existenz, fragt sich Hopkins auch, wie sich die Krise auf die Welt-Wirtschaft insgesamt auswirkt, und: "Niemand weiß, ob das alles gerechtfertigt ist." Die Verhältnismäßigkeit sei schwierig einzuschätzen: "Im Super-Markt oder in der U-Bahn muss ich mich ja viel direkter von hinten anhusten lassen", zieht er einen Vergleich mit dem Besuch eines Jazz-Konzerts.

Neben der Bearbeitung der Absagen gehe es nun aber auch um neue Programme: In Bad Kissingen wollten "Echoes of Swing" eigentlich die neue CD "Winter Days at Schloss Elmau" vorstellen: "Das hätte jetzt im März gerade noch funktioniert, im Juni wird das schwierig", kommentiert Hopkins das winterliche Programm. Eigentlich sei das Jahr gut losgegangen, weil die CD für den renommierten Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde.

Auf alle Fälle freue er sich auf noch möglichst viele Konzerte in Bad Kissingen - egal in welchem der zahlreichen Spielstätten: "Im Regentenbau kommt man rein und spürt sofort die Erhabenheit des Gebäudes", schwärmt er einerseits von den großen Sälen. Andererseits: "Die Intimität von Bismarck's Basement ist nicht zu toppen." Der größte Vorteil des Kellers in der Oberen Saline: "Ich mag es einfach, wenn man ohne Mikrofone spielen und sprechen kann."