Wie Wagner die Nibelungen (aus)schlachtete

2 Min
Siegfried badet im Drachenblut. Eine Szene aus den "Nibelungen" Fritz Langs. Die Rolle des Nibelungenlieds in Richard Wagners Werk beleuchtet ein Symposion in Bamberg. Foto: Bundesarchiv
Siegfried badet im Drachenblut. Eine Szene aus den "Nibelungen" Fritz Langs. Die Rolle des Nibelungenlieds in Richard Wagners Werk beleuchtet ein Symposion in Bamberg. Foto: Bundesarchiv
 
 
 
 
 
 
 

Die konzertante Aufführung der "Götterdämmerung" in Bamberg ist für die Domstadt ein kulturelles Jahrzehnt-Ereignis. Wer zuvor viele Facetten Richard Wagners kennen lernen will, kann sich mit Vorträgen und Diskussionen vorbereiten.

"daz ist der Nibelunge nôt": ein urdeutscher Satz? Er steht am Schluss einer der Handschriften, in denen das Nibelungenlied überliefert ist. Wie nicht nur Kennern bekannt sein dürfte, hat Richard Wagner für seine "Ring"-Tetralogie eifrig allerhand Geröll aus dem Steinbruch isländischer Sagas, nordischer Mythologie und hochmittelalterlicher Heldenepik gebrochen und für seine Zwecke bearbeitet.

Ein unseliger Mythos ist der von der Nibelungen Untergang zweifellos, denken wir nur an die im Ersten Weltkrieg beschworene "Nibelungentreue", an die mit dem gemeuchelten Siegfried illustrierte Dolchstoßlegende der Weimarer Zeit oder die vollends unappetitliche Vereinnahmung des Wagner'schen Werks durch die Nationalsozialisten.

Dies alles wird an zwei Samstagen an der Bamberger Universität thematisiert werden.
Dabei schwebt den beiden Gastgebern des Symposions "Wagner und kein Ende", dem Professor für neuere deutsche Literaturwissenschaft Friedhelm Marx und der Mediävistin Andrea Schindler, keineswegs eine elfenbeinturmhohe akademische Fachdebatte vor, sondern eine unter maßgeblicher Beteiligung des Publikums.

Dieses wird auch vom Dritten im Gastgeber-Bunde, dem Symphoniker-Intendanten Wolfgang Fink, bei freiem Eintritt zu diesen Wagner-Nachmittagen eingeladen und ermuntert mitzutun. Dazu soll auch die auf 30 Minuten limitierte Dauer der vier Fachvorträge beitragen. Danach sollen die Zuhörer unter der Moderation von Fink fragen und diskutieren.

Anlass des Symposions ist natürlich die Bamberger "Götterdämmerung" vom 26. Januar bis 3. Februar, die man mit Fug als kulturelles Jahrzehnt-Ereignis in der Domstadt bezeichnen darf. Nach Mahler- und Mozart-Symposien lag eines zu Wagner im Wagner-Jahr und in Kooperation mit der Bamberger Uni auf der Hand, schildert Matthias Hain, Public-Relations-Mann der Symphoniker, die Genese des Treffens.

Die Nibelungen im Wandel der Zeit

Den Komponisten und seine Nachkommen zeichnet ja das für die Forschung glückliche Faktum aus, dass immer wieder bislang unbekannte Quellen, Tagebücher, Briefe auftauchen, die neue Aspekte von Leben und Werk des Tonsetzers und seiner Nachkommen offenbaren. Da kennt sich Laurenz Lütteken bestens aus, der ein Wagner-Handbuch verfasst hat und in Bamberg über den aktuellen Stand der Wagner-Forschung referieren wird.

Am selben Tag spricht die Bamberger Mittelalterwissenschaftlerin Andrea Schindler über das "Nibelungenlied, Richard Wagner und die Deutschen". Das ist ein sehr weites und mit mancher ideologischen Mine gespicktes Feld. Schindler forscht insbesondere über die Rezeptionsstufen des Nibelungenlieds, das um 1200 verfasst und erst im 18. Jahrhundert neu entdeckt worden ist. Goebbels beschwor in einer Rede an die Stalingrad-Soldaten den Nibelungen-Mythos, um sie auf den sicheren Tod vorzubereiten. Im national aufgeladenen 19. Jahrhundert geriet der Mythos fast zwangsläufig in chauvinistische, rechtsradikale Fänge. Wagner bediente sich daraus - ihn interessierten der Stoff und seine Verwertbarkeit.

Dabei gibt es auch eine "linke" Wagner-Rezeption, nicht erst seit dem Jahrhundert-Ring Patrice Chéreaus 1976. Bereits George Bernard Shaw deutete den "Ring" sozialphilosophisch, Thomas Mann hielt Wagner für einen "Kulturbolschewisten". Das ambivalente Verhältnis des Großschriftstellers zum Großkomponisten beleuchtet der Thomas-Mann-Fachmann Friedhelm Marx. Zeitlebens spielte das Werk Wagners für Mann eine bedeutende Rolle; die Einflüsse sind nicht nur im "Wälsungenblut" und "Tod und Venedig" überdeutlich. Spezifisch die Götterdämmerung behandelt Martin Geck. Der Musikwissenschaftler verfasste eine neue Wagner-Biografie und spricht über ein Urmotiv in Wagners Werk: So gut wie immer endet alles im Untergang.

Ort und Zeit "Wagner und kein Ende": Samstag, 26. Januar, 2. Februar, jeweils 14 Uhr s. t., Hörsaal U2/025, Institut für Katholische Theologie, Bamberg, Austraße

Themen Samstag, 26. Januar: "Probleme und Neuansätze heutiger Wagner-Forschung" (Laurenz Lütteken); "Das Nibelungenlied, Richard Wagner und die Deutschen" (Andrea Schindler). Samstag, 2. Februar: "Erlösung durch Untergang - Wagners künstlerisches Urmotiv" (Martin Geck); "Thomas Manns Wagner-Bilder" (Friedhelm Marx)