Mit Vogelzug steigt Infektionsgefahr auch in Geflügelhaltungen
Erkrankte Wildvögel, die auf dem Weg in ihre Winterquartiere im Süden Rast machen, gelten als Überträger der Geflügelpest. Zwar ist die Tierseuche in Deutschland inzwischen ganzjährig verbreitet, doch mit dem Vogelzug im Herbst gewinnt das Infektionsgeschehen deutlich an Fahrt.
Nach Einschätzung des Loeffler-Instituts hat die Infektionswelle in diesem Jahr früher eingesetzt als üblich. Zudem seien Kraniche in einem bislang nicht gekannten Ausmaß betroffen. Vor allem im Linumer Teichland im Nordwesten Brandenburgs gibt es ein massenhaftes Kranich-Sterben. Laut Kühn wurde in 65 Fällen bei Wildvögeln der Geflügelpest-Virus H5N1 festgestellt. Insgesamt verendete aber ein Vielfaches der infizierten Tiere.
Kontakte zu Wildvögeln vermeiden
Der Virusdruck durch infizierte Wildvögel und deren Ausscheidungen sei sehr hoch. «Ich möchte an alle appellieren, sich nicht in der Nähe toter Wildvögel aufzuhalten und danach Geflügelbestände zu besuchen. Auch so kann das Geflügelpest-Virus indirekt über verunreinigtes Schuhwerk oder Gerätschaften weitergetragen werden», warnte Kühn.
Nach ihren Angaben besteht für die allgemeine Bevölkerung ein geringes Infektionsrisiko. Doch gelte es, Kontakt zu Wildvögeln, insbesondere kranken oder toten Tieren, zu vermeiden. «Personen, die mit infizierten Tieren zu tun haben, etwa die Teams, die betroffenen Haltungen räumen oder tote Wildvögel einsammeln, haben ein moderates Infektionsrisiko und tragen daher Schutzkleidung», sagte Kühn.
Bundesweites Aufstallungsgebot gefordert
Der Höhepunkt des Vogelzugs steht noch bevor. Damit sei für Tierhalter die Gefahr, dass die Vogelgrippe in ihre Bestände eingeschleppt wird, weiterhin groß, hieß es. Die Betriebe wurden ermahnt, die Hygienemaßnahmen genauestens einzuhalten und Kontakte zu Wildvögeln zu unterbinden.
Mit der schnellen Ausbreitung der Vogelgrippe und der wachsenden Sorge vor wirtschaftlichen Schäden dringen Geflügelhalter auf einen stärkeren Schutz. Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft warnte: «Wenn wir nicht handeln, riskieren wir nicht nur Tiergesundheit, sondern auch die Versorgungssicherheit.»
Minister Rainer für höhere Entschädigungszahlungen
Wird nach einem Geflügelpest-Ausbruch die Tötung von Tieren angeordnet, erhalten die Besitzer eine Entschädigung, die nach Tierart gestaffelt ist und laut Gesetz den Höchstsatz von aktuell 50 Euro nicht überschreiten darf. Den finanziellen Schaden können Halter bei der Tierseuchenkasse geltend machen.
Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) sprach sich dafür aus, die Obergrenze von Entschädigungszahlungen für Tiere, die getötet werden müssen, von bislang 50 Euro auf bis zu 110 Euro hochzusetzen. In der Regel ist der Marktwert Grundlage für Entschädigungszahlungen aus der Tierseuchenkasse.
Grüne: «Anfälligkeit der Massentierhaltung» offengelegt
Eine Seuche wie die Vogelgrippe legt aus Sicht der Grünen im Bundestag die Anfälligkeit der Massentierhaltung offen. «Dass die Ausbreitung der Vogelgrippe für viele Geflügel-Betriebe eine so große wirtschaftliche Gefahr bedeutet, weist auf ein grundsätzliches, strukturelles Problem hin: zu große Ställe mit zu hoher Besatzdichte», sagte Zoe Mayer, Sprecherin für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat und Tierschutzbeauftragte.
Derzeit könnten mehrere zehntausend Tiere zusammen auf engstem Raum gehalten werden. Im Fall einer Tierseuche werde dann die Tötung einer enorm großen Anzahl von Tieren notwendig. «Dieses Problem löst man nicht mit höheren Entschädigungssätzen auf Kosten der Steuerzahler», sagte Mayer.