Unter anderem Namen will der gebürtige Bamberger Autor jetzt ein neues schriftstellerisches Kapitel aufschlagen.
Thomas Kastura ist jetzt ein anderer. Er will nicht länger ausschließlich mit sich selbst identisch sein. Unter dem Klarnamen "Thomas Kastura" hat Thomas Kastura in den vergangenen Jahren mit langem Atem einen Regionalkrimi nach dem anderen geschrieben.
Nichts, was er geschrieben hat, muss Kastura mit Bedauern erfüllen. Die Leser sind ihm zugetan, die Literaturkritiker nicht minder. 2017 wurde ihm der renommierte Glauser-Preis zugesprochen, auch heuer ist Kastura nominiert.
Es ist nur so, dass Kastura die Schubladen zu eng geworden sind, in die er sich von Lesern, von Buchhändlern und Kritikern gesteckt fühlt.
"Kastura", das ist ein Synonym für handwerklich gut gemachte Kriminalgeschichten. Angesiedelt sind sie oft im Fränkischen, manchmal auch in Köln, immer aber in Orten voller lokalem Kolorit.
"Jetzt möchte ich eine neue literarische Seite aufschlagen", sagt Kastura. Er will mehr sein als nur der Verfasser von Regionalkrimis. Weil noch mehr und weil noch anderes in ihm stecke.
Auch die Namen von Schriftsteller sind allerdings Marken, die gepflegt und geschliffen werden wollen. In dieser Perspektive könnte ein Kastura-Roman, der auf einer schottischen Kleinstinsel spielt, die Marke "Kastura" ungünstig verwässern. Daran Interesse hatte weder Kastura selbst noch sein Verlag. "Außerdem wollte ich schon immer unter Pseudonym schreiben", sagt Kastura.
Ein dunkler Klang
Jetzt also Gordon Tyrie. Unter diesem Namen steht Kasturas neuer Thriller "Todesströmung" (
Droemer Verlag, 377 Seiten, 14,99 Euro) in den Buchhandlungen der Republik.
",Gordon' klingt sperrig und dunkel fürs deutsche Ohr, das finde ich gut", sagt Kastura. Der Name ,Tyrie' seinerseits ist eine alternative Schreibweise für die zu Schottland gehörende Hebriden-Insel Tiree.
Wer im Internet nach einem Autor namens Gordon Tyrie sucht, stößt zwar auf kein einziges Foto, auf der Homepage des Droemer-Verlags aber immerhin ein paar dürre biografische Angaben. Mit Kastura teilt Gordon Tyrie das Geburtsjahr 1966 und auch den von der Realität durchkreuzten Kinderwunsch, einmal als Tierarzt sein Geld zu verdienen. "Außerdem haben wir beide als Gerichtsreporter gearbeitet", lacht Kastura.
Nachdem sie einen Auftrag auf spektakuläre Weise in den Sand gesetzt haben, bleibt in "Todesströmung" drei Auftragskillern nur die Flucht auf die Hebriden-Insel Jura. Schnell fliegt ihre Tarnung als Touristen auf. Doch für die Pläne der eigenbrötlerischen Bewohner könnten die einschlägigen Fähigkeiten der Killer von erheblichen Nutzen sein. So sollen die drei Killer verhindern, dass ein Milliardär die Insel in einen elitären Golfclub verwandelt.
Der Leser von "Todesströmung" bekommt das, was er von einem Kastura-Buch im besten Sinne erwarten darf. Die Geschichte spannend, aber nicht nervenzerfetzend. Die Sprache von schnörkelloser Eleganz, aber immer in den Dienst der Handlung gestellt.
Nathlos reiht sich "Todesströmung" so ein in das Werk Kasturas. Den Eindruck der Stiltreue teilt der 51-Jährige auch selbst: "Aber da ich erst anfange, unter dem Namen ,Gordon Tyrie' zu publizieren, weiß ich noch nicht, wie sich das Pseudonym auf meinen Stil auswirkt."
Ein Ort der Utopie
So markiert bei Lichte besehen der Schauplatz den entscheidenden Bruch zwischen Kastura und Tyrie. "Todesströmung" spielt nicht in Franken oder Köln, sondern auf der Hebriden-Insel Jura. 367 Quadratkilometer ist diese groß und mit etwa 190 Einwohnern nur dünn besiedelt. Das Ungezähmte der Natur stimuliert die schriftstellerische Fantasie Kasturas. Hinzu kommt, dass Inseln als Orte der Utopie seit jeher ein beliebtes literarisches Sujet sind.
In "Todesströmung" schreibt Kastura: "Es war, als durchquerte sie eine Ödnis vor jeglicher Besiedlung, vor der Ankunft von Tier und Mensch, vor jeder erzählten Geschichte, als erhielte sie endlose Ausblicke auf Berge, die sie nie besteigen, und Küsten, die sie niemals erreichen würde."
Aus diesen Worten spricht auch Kasturas eigene Begeisterung für Juras karge Schönheit.