Das Wirtschaftsministerium soll laut Unterlagen Meinungen von Experten zum Atomausstieg unterdrückt haben. Robert Habeck verteidigt sein Ministerium in einer Ausschusssitzung. Die Unterlagen werden laut ihm falsch interpretiert.
Die Unionsfraktion im Bundestag dringt auch nach den Anhörungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) in Sonder-Ausschusssitzungen weiter auf Aufklärung über die Entscheidungsprozesse beim Atomausstieg. "Im Raum steht weiter die begründete Annahme: Habecks Ministerium hat das Gegenteil dessen gemacht, was der Minister öffentlich angekündigt hatte. Verdrehung von Fakten statt ergebnisoffener Prüfung", sagte der Sprecher für Klimaschutz und Energie der Unionsfraktion, Andreas Jung (CDU), der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Der fachpolitische Sprecher der CSU-Abgeordneten für Energie und Nachhaltigkeit, Andreas Lenz, erklärte: "Es erhärtet sich der Verdacht, dass die Entscheidung über den Kernkraftausstieg nicht offen erfolgte, sondern von vornherein feststand. Dass getrickst und getäuscht wurde." Aus der CDU/CSU-Fraktion hieß es, man warte jetzt auf die vollständigen Unterlagen.
FDP-Politiker findet Habecks Handeln erstmal logisch
Auslöser der Sondersitzungen war ein Bericht des Magazins Cicero. Demnach sollen sowohl im Wirtschafts- als auch im Umweltministerium im Frühjahr 2022 interne Bedenken zum damals noch für den folgenden Jahreswechsel geplanten Atomausstieg unterdrückt worden sein. Beide Ministerien weisen das zurück.
Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben er selbst und sein Ministerium die Frage eines möglichen Weiterbetriebs der deutschen Atomkraftwerke sehr frühzeitig von sich aus geprüft.
Der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Olaf in der Beek, zeigte sich zufrieden mit Habecks Erläuterungen. "Und ich möchte auch sagen, so wie der Minister es heute dargestellt hat, ist es völlig logisch, wie er entschieden hat", führte er aus. Im Moment sei Habeck kein Fehlverhalten nachzuweisen. Der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse, kündigte eine sorgfältige Prüfung in Aussicht gestellter Unterlagen an.
Habeck: Bin aktiv auf AKW-Betreiber zugegangen
"Und wenn die Abgeordneten die Unterlagen lesen, dann wird sich ein anderes Bild darstellen", sagte Habeck. "Die Unterlagen erzählen eine andere Geschichte, als es kolportiert wurde, nämlich dass das Ministerium und meine Person, und zwar schon vor dem russischen Angriffskrieg, aktiv auf die Betreiber der Atomkraftwerke zugegangen ist, mit der Frage: Können eure Dinger länger laufen? Und hilft es uns was?"
Diese Beratungen hätten schon kurz vor dem russischen Angriff begonnen, als dieser sich abzeichnete, sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage. Russland war zu diesem Zeitpunkt der wichtigste Gaslieferant Deutschlands. Im Raum stand die Frage, was ein möglicher Wegfall dieser Lieferungen für die deutsche Energiesicherheit bedeuten würde. Der lange geplante Atomausstieg Deutschlands war damals für den Jahreswechsel 2022/23 geplant.