Auch für den Etat des nächsten Jahres hatte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Konsequenzen. Nach tagelangen Verhandlungen entschieden die Ampel-Spitzen erst am Mittwoch, wie sie ein Milliardenloch stopfen wollen: mit zahlreichen Sparmaßnahmen, aber vorerst ohne Aussetzen der Schuldenbremse.
Viel Kritik
Die Union äußerte zuvor verfassungsrechtliche Bedenken mit Blick auf den Nachtragshaushalt der Ampel-Regierung für das laufende Jahr. In Teilen des Etats werde noch immer eine falsche Buchungssystematik angewendet, sagte Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) im Bundestag. «Und deswegen bleiben verfassungsrechtliche Bedenken auch an ihrem Nachtragshaushalt heute.»
Auch der Bundesrechnungshof hält ihn für verfassungswidrig. Dabei geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt Kredite auf die Schuldenbremse angerechnet werden: Wenn sie genehmigt oder wenn sie tatsächlich aufgenommen werden.
CDU-Politiker Middelberg ließ ebenfalls kein gutes Haar an der Einigung der Ampel-Koalition für das Haushaltsjahr 2024. «Das ist kein guter Kompromiss für dieses Land. Es ist eher der Versuch, den Riss in ihrer Ampel zu kitten», sagte er. Die Einigung sei ein Rettungspaket für die Ampel-Regierung. «Mehr ist es leider nicht.»
Hauptbestandteil seien «massive Steuer- und Abgabeerhöhungen». Middelberg forderte unter anderem, das im Koalitionsvertrag festgehaltene Klimageld einzuführen. «Das wäre nämlich auch der entscheidende Schritt eines sozialen Ausgleichs gewesen», sagte er. Die Ampel-Koalition hatte das Klimageld als Sozialausgleich für steigende Klimaschutz-Belastungen der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen, noch ist es aber nicht umgesetzt.
Schuldenbremse: Reformkommission gefordert
Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) und Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) machen sich indes für eine Reformkommission für die Schuldenbremse stark. Diese sollte mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Ländern und Wissenschaft besetzt sein, um die Schuldenbremse weiterzuentwickeln, schreiben die beiden Politiker in einem Gastbeitrag, der im «Tagesspiegel» erschienen ist.
Die beiden Landespolitiker halten eine Investitionsregel im Rahmen der Schuldenbremse für einen denkbaren Teil einer möglichen Reform. «Damit wäre die Kreditfinanzierung zusätzlicher Investitionen beispielsweise mit Blick auf die Herausforderungen der Transformation möglich», heißt es im Gastbeitrag. «Eine neue Ausnahme bei der Schuldenregel darf gerade nicht dazu führen, dass neuer Spielraum für konsumtive oder nicht zielgerichtete Ausgaben geschaffen wird, indem der Investitionsbegriff politisch aufgeladen wird.»
Die Länder bräuchten zudem mehr Verschuldungsspielraum. «Eine Verschuldung der Länder von beispielsweise 0,15 Prozent ihres BIP würde Spielräume eröffnen, die etwa für das wichtigste landespolitische Thema Bildung genutzt werden könnten», schreiben die beiden Politiker. Notlagenkredite sollten nach ihrer Vorstellung auch über das Jahr des Notlagenbeginns hinaus verwendet werden können.
Die Schuldenbremse steht nach dem Haushaltschaos beim Bund in der Kritik. Unter den Ländern wird darüber gesprochen, eine Reforminitiative im Bundesrat zu starten, wie Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im RBB-Inforadio sagte.
Habeck wünscht sich Neustart der Ampel
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wünscht sich nach den schwierigen Verhandlungen zum Haushalt 2024 einen Neustart der Ampel-Koalition. Der Grünen-Politiker sagte dem Nachrichtenportal «t-online»: «Die Regierungskoalition hat gezeigt, dass sie auch in schwierigen Fragen Einigungen erzielen kann. Das wäre doch ein guter Moment für einen Neustart.»