Der Terroranschlag bei Moskau lässt auch in Deutschland die Alarmglocken schrillen: Der IS-Ableger, dem der Tat zugeschrieben wird, gilt auch in hierzulande als sehr gefährlich. Bundesinnenministerin Faeser warnt vor islamistischem Terror - aber auch vor Bedrohung aus Russland.
Der Terroranschlag nahe Moskau mit mehr als 130 Toten und vielen Verletzten hat auch in Deutschland Bestürzung ausgelöst - und lässt die Sorgen um die innere Sicherheit etwa bei der Fußball-EM in diesem Sommer wachsen. "Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt akut", sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) der Süddeutschen Zeitung. "Nach allem, was bisher bekannt ist, ist davon auszugehen, dass die Terrorgruppe "Islamischer Staat Provinz Khorasan" den mörderischen Terroranschlag in der Nähe von Moskau zu verantworten hat." Von dieser Gruppe gehe derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus.
Erst am vergangenen Dienstag hatte die Bundesanwaltschaft im Raum Gera in Thüringen zwei mutmaßliche Islamisten des IS-Ablegers festnehmen lassen. Sie sollen einen Anschlag auf das schwedische Parlament geplant haben. Auch die stark erhöhten Schutzmaßnahmen der Sicherheitsbehörden in Köln rund um Weihnachten und Silvester hätten dem Schutz vor möglichen Anschlagsgefahren durch den Islamischen Staat Provinz Khorasan (ISPK) gegolten, sagte Faeser.
Fahnder warnt vor Anschlägen im Sommer: Fußball-EM und Olympia als "perfekte Ziele"
Nach dem Terroranschlag in Russland wird darüber diskutiert, wie hoch die Gefahr für Deutschland und die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft ist. Die Bild zitierte einen namentlich nicht genannten Antiterror-Fahnder: "Im Sommer ist die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, danach sind in Paris Olympische Spiele. Darauf schaut die ganze Welt, das sind in der schrecklichen Logik der Terroristen perfekte Ziele." Als Reaktion auf die Bluttat nahe der russischen Hauptstadt hat Frankreich am Wochenende die höchste Sicherheitsstufe ausgerufen. Angesichts des von der Terrormiliz Islamischer Staat beanspruchten Attentats und der Bedrohung, die auf Frankreich laste, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen, so Premierminister Gabriel Attal.
Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andrea Lindholz, forderte die Bundesregierung auf, die Sicherheitskonzepte für die EM zu überprüfen, falls sich herausstellen sollte, dass der Anschlag in Moskau tatsächlich von dem IS-Ableger verübt wurde. "Sollte sich die Urheberschaft des ISPK bestätigen, würde dies ins Bild passen. Der Verfassungsschutz warnt schon seit längerem gerade auch vor diesem IS-Ableger", erklärte die CSU-Abgeordnete am Sonntag in einer Mitteilung. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dem Handelsblatt, der fürchterliche Terrorangriff in Moskau zeige deutlich, wie konkret die Gefahr durch Terrorzellen des IS beziehungsweise ISPK nach wie vor sei. Gerade mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und die Olympischen Spiele in Frankreich gelte es, "erhöht wachsam" zu sein.
Nach dem Terroranschlag drückten auch hochrangige deutsche Politiker den Betroffenen ihr Mitgefühl aus - wegen der auf Eis liegenden Beziehungen mit Moskau aber nur distanziert auf der Plattform X (früher Twitter). Üblich wäre in solchen Fällen ein Kondolenzschreiben an die Staatsführung des jeweiligen Landes. "Die Bilder aus Moskau von Attentätern, die wahllos auf Konzertbesucher feuern, sind schrecklich", schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. "Mein Mitgefühl gilt den Familien der Ermordeten sowie den vielen Verletzten." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb: "Wir verurteilen den schrecklichen Terrorangriff auf unschuldige Konzertbesucher in Moskau. Unsere Gedanken sind mit den Angehörigen der Opfer und allen Verletzten."
"Neue Dimension der Bedrohungen": Faeser sieht Deutschland nach Moskau-Attacke in Gefahr
Unterdessen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat vor wachsenden Gefahren durch die hybride Kriegführung Russlands gewarnt. "Wir erleben hier tatsächlich eine neue Dimension der Bedrohungen durch die russische Aggression", sagte die SPD-Politikerin der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag (25. März 2024). "Wir sehen Einflussnahmeversuche durch Lügen, durch massive Desinformation. Aber auch die Spionage ist mindestens so aktiv", sagte Faeser. Sie warf dem Kreml zugleich vor, Fluchtbewegungen nach Westeuropa gezielt zu fördern: "Russland will den Westen auch mit Migration destabilisieren."
Die Bundesregierung werde sich in den kommenden Monaten stärker gegen den Einfluss Russlands in Westeuropa wappnen, kündigte die Ministerin an. Besonders wichtig sei der Schutz der anstehenden Wahlen. "Wir müssen dafür sorgen, dass es keine Hackerangriffe auf Wahlbehörden oder auf die Übermittlung von Wahlergebnissen gibt".