Alle Jahre wieder kochen die Emotionen vor Silvester hoch. Nun hat sich der Chef der Bundesärztekammer außerordentlich scharf eingeschaltet. Doch die Schlangen vor den Verkaufsstellen erzählen eine andere Geschichte.
Alle Jahre wieder kochen die Emotionen hoch: Kurz vor dem Jahreswechsel hat der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, eindringlich ein Verbot privater Feuerwerke gefordert. "Niemand hat etwas gegen organisierte Feuerwerke an zentralen Plätzen, doch die wilde Böllerei muss untersagt werden", sagte Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
"Die Innenminister von Bund und Ländern müssen endlich handeln und die Bevölkerung vor den Gefahren der Knallerei schützen." Das habe "nichts mit Verbotskultur zu tun", sondern zeuge "von der Einsicht einer reifen Gesellschaft, etwas Gefährliches zu lassen". Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) sprach sich gegen ein Böllerverbot aus. Man müsse nicht immer alles verbieten, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir haben eine Tradition, so Silvester zu feiern." Persönlich sei er aber auch kein Anhänger des Böllerns.
Tradition oder Sicherheit? Streit um Böller-Verbot geht weiter
Ungeregelte Knallerei führe immer wieder zu schweren Verletzungen, warnte hingegen Reinhardt. Jedes Jahr erlitten zahlreiche Menschen Verletzungen durch explodierende Feuerwerkskörper. Kinder und Jugendliche seien häufig von Knalltraumata betroffen. Hinzu kämen Verletzungen am Auge und Verbrennungen. "Das sorgt für volle Notaufnahmen in den Kliniken und kostet die gesetzliche Krankenversicherung Millionen." Zudem habe man in der Vergangenheit immer wieder erlebt, dass Knallkörper als Waffen gegen Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte eingesetzt würden. Viele Menschen hätten auch Angst vor der Knallerei, diese sei schlecht für das Klima und verursache enormen Müll.
Mit Blick auf die vielen Kriegsflüchtlinge in Deutschland etwa aus der Ukraine oder aus Syrien bezeichnete Reinhardt es als "vollkommen daneben", das neue Jahr mit Raketen zu begrüßen. "Viele von ihnen haben in ihrer Heimat Bomben und Granaten erleben müssen. Da löst die Silvesterknallerei nicht selten sogar Todesängste aus."
Der neue Geschäftsführer des Bundesverbands für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk, Christoph Kröpl, kritisierte die Darstellung Reinhardts. "Eine Kulturtechnik, die nicht den eigenen ästhetischen Vorstellungen entspricht, soll ausgemerzt werden", meinte er. Die Notaufnahmen seien an Silvester keineswegs aufgrund von Feuerwerkskörpern voll, sondern wegen des intensiven Alkoholkonsums, so Kröpl. Sinnvoller wäre es mit Blick darauf, ein Verbot von Alkohol zum Jahreswechsel zu fordern. Übrigens schilderte ein Feuerwerks-Händler aus dem Kreis Bamberg erst kürzlich, dass er verstärkt Anfeindungen von Böller-Gegnern ausgesetzt sei.
Trotz Warnungen und Verbots-Forderungen: Ansturm auf Feuerwerk groß
Die Warnungen prallen jedoch an vielen Deutschen ab: Zum Start des Verkaufs von Raketen und Böllern für den Jahreswechsel hat es in der Nacht zum Montag einen Ansturm auf Geschäfte gegeben. Im niedersächsischen Meppen im Emsland unweit der niederländischen Grenze bildete sich vor einem Markt, der bereits um Mitternacht öffnete, eine lange Schlange. Zu sehen waren Menschen mit Einkaufswagen, die in der Kälte darauf warteten, dass sich die Türen öffneten.
In Bremerhaven warteten schon in der Nacht viele Menschen vor einem Feuerwerkshersteller, der am Morgen seinen Verkauf startete. Viele kamen in Gruppen und vertrieben sich die Zeit mit Spielen und Musik. Andrang am Morgen auch in Hamburg-Harburg: "Wir hatten um 5.30 Uhr eine Schlange von 100 bis 130 Leuten und das bricht nicht ab und nimmt eher zurzeit zu", sagte Feuerwerkshändler und Pyrotechniker Oliver Graetzer der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. Er hat rund 250 Artikel im Angebot.