Der SPD-Chef verwies auf die geplante Senkung der Netzentgelte als Bestandteil des Strompreises. Zudem sollen Gaskunden künftig nicht mehr die Gasspeicherumlage zahlen müssen, und die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe werde gesenkt. Schon das kostet einige Milliarden. Klingbeil sieht den Bundeshaushalt unter Konsolidierungsdruck.
Streit in Koalition bahnt sich an
Vor allem Unionspolitiker fordern aber, dass die Regierung die Stromsteuer dennoch für alle senkt. Wüst sagte, Klingbeil stoße mit seinen Plänen nicht nur Handwerk, Handel und Dienstleistern vor den Kopf, sondern auch Millionen Familien. Auch sie bräuchten dringend eine spürbare Entlastung von den viel zu hohen Strompreisen. Ähnlich hatten sich zuvor bereits andere Politiker von CDU sowie CSU geäußert.
Der Chef des Bundeskanzleramts, Thorsten Frei (CDU), verteidigte den Schritt hingegen: «Tatsächlich ist es so, dass man nicht alles, was man gerne machen würde, auch tatsächlich realisieren kann», sagte er im Nachrichtensender Welt TV. «Und wir haben eben die Situation, dass wir eine angespannte Haushaltslage haben und deswegen schauen müssen, wie wir damit umgehen.»
Die SPD kontert denn auch die Kritik von mehreren Unions-Politikern. Der Beschluss zur Stromsteuer sei «selbstverständlich eng in der Koalition abgestimmt», sagte Generalsekretär Tim Klüssendorf der «Bild»-Zeitung.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Wiebke Esdar sagte der dpa, es liege derzeit ein gemeinsamer Vorschlag der Regierung Merz vor, über den demnächst die Fraktionen beraten würden. Mit Blick auf geplante Entlastungen etwa bei den Netzentgelten sagte sie: «Ob darüber hinaus weitere Schritte möglich sind, etwa eine weitergehende Stromsteuersenkung, wird nun im Bundestag beraten. Jede zusätzliche Entlastung muss solide gegenfinanziert sein.» Eine Steuersenkung könne nicht über das Sondervermögen finanziert werden.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke rief die Bundesregierung zu einer Senkung der Strompreise für die gesamte Wirtschaft auf. «Wir brauchen Fairness - und das heißt alle Wirtschaftsbereiche. Und ich hoffe, dass die Bundesregierung über diese Fragen noch nachdenkt», sagte der SPD-Politiker beim Sommerfest der Landesregierung.
Wie es weitergeht
Der Streit um die Stromsteuer dürfte sich fortsetzen. Auch viele Verbände aus dem Mittelstand kritisieren die Regierung. Nach einer langen wirtschaftlichen Stagnation hatte sich zuletzt die Stimmung verbessert, Institute erhöhten ihre Konjunkturprognosen. Die Regierung plant milliardenschwere Entlastungen über steuerliche Abschreibungsregeln. Die Stromsteuer könnte nun aber zu einem echten Problem der Regierung vor allem beim Mittelstand werden.
Der Haushalt ist allerdings noch längst nicht in trockenen Tüchern, am Zug ist jetzt der Bundestag. Im parlamentarischen Verfahren könnte die Stromsteuersenkung für alle doch noch beschlossen werden. Dafür müsste an anderer Stelle Geld freigeschaufelt werden - es geht um zig Milliarden Euro.