Ausdrücklich bekannte sich Merz danach zum Sozialstaat: «Wir wollen ihn nicht schleifen, wir wollen ihn nicht abschaffen, wir wollen ihn nicht kürzen», sagte er. «Wir wollen ihn in seinen wichtigsten Funktionen erhalten.»
Grünen-Chefin Franziska Brantner warf Merz vor, den Menschen mit der «angeblich neuen Grundsicherung» etwas vorzumachen. Es sei zu befürchten, dass nur darum gehe, Menschen in Not die Schuld an ihrer Lage zu geben, statt ihnen echte Chancen einzuräumen, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Spitzentreffen mit der Industrie
Passend zur von Bas ausgerufenen Priorität auf die Ankurbelung der Wirtschaft stellen die Koalitionäre ihre Anstrengungen für den Industriestandort Deutschland in den Vordergrund. Gleich zu zwei Spitzentreffen lädt der Kanzler ein. Für einen Gipfel mit der angeschlagenen Stahlindustrie im Kanzleramt laute das Ziel, «dass wir auf Dauer Stahlproduktion in Deutschland erhalten», wie Merz sagte. Besprechen wolle man das mit den Erzeugern und Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern. Wegen harter Konkurrenz vor allem aus Asien, hoher Energiepreise und der Konjunkturschwäche hatte die deutsche Stahlbranche zuletzt deutlich weniger Stahl hergestellt. Hinzukommen die Zölle von US-Präsident Donald Trump.
Merz will zudem zu einem industriepolitischen Dialog zur Zukunft der angeschlagenen Automobilindustrie einladen. Nicht nur die großen Hersteller hätten zu kämpfen, auch die Zulieferindustrie leide im Augenblick stark. Söder betonte, man sei nicht bereit, China oder anderen Automobilmärkten die Zukunft zu überlassen.
Haushalt: Klingbeil will keinen öffentlichen Streit
Vorerst ungelöst bleibt die Frage, wie Union und SPD das 30-Milliarden-Loch im Bundeshaushalt 2027 stopfen wollen. Finanzminister Klingbeil will die Verhandlungen nicht zur Zerreißprobe werden lassen. «Ich will darauf verzichten, dass wir im normalen Haushaltsaufstellungsverfahren für 2027 in nächtelange Koalitionssitzungen kommen und öffentlichen Streit, falls es den geben sollte an der einen oder anderen Stelle, zelebrieren», sagte er.
Merz betonte, alle drei Partner seien sich über die Dimension der Aufgabe im Klaren. Es gehe nicht nur um den Bundeshaushalt 2027, sondern auch um die Etats 2028 und 2029. Klingbeil sagte, die Koalition müsse nun so schnell wie möglich ein Gesamtpaket vorlegen, das eine Antwort darauf gebe, wie die Lücke geschlossen werden solle. «Es wird gerecht dabei zugehen», betonte Klingbeil. Es sei aber auch klar, «dass wir alle sicherlich uns etwas abverlangen werden bei den Verhandlungen um den Haushalt 2027».
Linke kritisiert Planlosigkeit
Linke-Fraktionschefin Heidi Reichinnek warf der Koalition Planlosigkeit vor. «Diese gezwungene Harmonieshow konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Koalition keinen Plan hat, wie sie die absehbaren riesigen Löcher in den Haushalten stopfen will», sagte Reichinnek den Zeitungen der Funke Mediengruppe.