James Last: Der Taktgeber sagt Servus

2 Min
Musikakisch auf der Zielgeraden: Mit 85 startet James Last zur Abschiedstour. Los ging es am Sonntag in Bayreuth, den letzten Auftritt hat der Hanset am 26. April in Köln - kurz nach seinem 86. Geburtstag. Fotos: Jochen Nützel
Musikakisch auf der Zielgeraden: Mit 85 startet James Last zur Abschiedstour. Los ging es am Sonntag in Bayreuth, den letzten Auftritt hat der Hanset am 26. April in Köln - kurz nach seinem 86. Geburtstag. Fotos: Jochen Nützel
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Bayreuth spendete Standing Ovations für James Last: Der 85-Jährige startete am Sonntagabend fulminant in seine Abschiedstour. Bandleader und Orchester mischten den typischen "Happy Sound" mit Country, Gospel und Pop.

Was wird ihm ins Gesicht geschrieben stehen, jetzt, wo seine finale Tour eingeläutet ist? Als James Last am Sonntagabend aus dem Rückraum der Bühne ins Rampenlicht der Oberfrankenhalle tritt, springen die ersten Reihen auf. Applaus, Bravo-Chöre. Mittsiebziger zücken Smartphones und halten den Moment fest. Hansi, wie James seit Urzeiten kosebenamst ist, lächelt. Aber es spricht auch Wehmut aus seinen Augen. Sein Abschied ist getaktet wie ein Advents kalender: Es gehen 24 Türchen auf bis zum Endspiel am 26. April in Köln, und in Bayreuth öffnet sich das erste.

Mit Zopf und Glitzerjackett

Langsam sind seine Schritte geworden. Ein Wunder überhaupt, dass er es nach einer Not-OP vor nicht einmal einem halben Jahr zurückgeschafft hat. Das weiße Haar ist zum Zopf gebunden, das Glitzerjackett in Silber-Schwarz reflektiert das Scheinwerferlicht in der Halle. Die Menschen strahlen zurück. Kaum hat der Hanseat seinen Ankerplatz vor Schlagzeuger und Perkussionist eingenommen, scheint die Schwere des Gangs vergessen, bezieht er wie gewohnt die Bandleader-Positur: Beine leicht gespreizt, die rechte Hand zum Vogelflügel geformt. Sie wedelt wie ein Fächer die ersten Takte ein: "Thanks for the Prayers" - Danke für die Gebete. Da sind auch die für seine Genesung dabei.

Es ist der Auftakt eines zweistündigen Zeitsprungs mit Pausen im Hier und Jetzt. Deutsches Schlagergut wird kurz als Anhalter mitgenommen, Adelbert und der Gartenzwerg von den Jakob-Schwestern dürfen zusteigen. Aber die Rotmütze bekommt einen modernen Umhang verpasst: Die zehn Streicher weben Country-Fäden in den Klangteppich. Hier offenbart sich einmal mehr, welches Fingerspitzengefühl Altmeister James Last im Arrangieren walten lässt. So wird der abgehangenste Schinken im Kühlhaus der Musik noch genießbar.

Der gebürtige Bremer schafft es, das Jungvolk, erstaunlich zahlreich vertreten, mitzunehmen und zugleich die Anhänger der ersten Stunde nicht zu verprellen. Er greift ins Fach mit der Filmmusik - das funktioniert bei allen Schichten. Die Titelthemen aus der Boxer-Ballade "Rocky" und den "Pirates of the Caribbean" demonstrieren, über welche Klangmacht sein 27-köpfiges Orchester verfügt.

Dazwischen gestreut und minimalistisch arrangiert: Christina Aguilera, bei deren "The Voice within" Erland Krauser auf seiner Gitarre den elektrischen Saiten-Bogen zum modernen Pop spannt. Film und Pop vereint das von den Sängern meisterlich vorgetragene "Happy", Pharrell Williams' Geniestreich sowie musikalische Unterlage für Kilometer an Youtube-Tanz-Clips und nicht zuletzt Erkennungsmelodie zum Streifen "Ich, einfach unverbesserlich". Womit wir wieder beim Lied zum Kinohit wären.

Und den klassischen James-Last-Happy-Sound? Ihn streut Hansi ein, wenn auch nicht opulent, sondern dosiert als musikalische Klammer. Die Halle ist groß genug zum Walzerschwof und eine Polonaise bei den "Geschichten aus dem Wienerwald", ehe es zum tonalen Säbelrasseln kommt: Beim "Sabre Dance" haut das Orchester um das fulminante Trompeten-Quartett einen Big-Band-Sound raus, der nicht wenige im Publikum von den Sitzen hebt und mitswingen lässt.

Spaß bei Publikum und Musikern

Der Spaß in den Zuschauerreihen findet seine Fortsetzung in der Riege der Musiker: Vor allem die Streicher-Einheit juchzt und jubiliert, fächelt bei Stücken, in denen sie nicht die erste Geige spielt, den Posaunisten schon mal Abkühlung zu. Da wagt die mit silbernen Hotpants (!) behoste Cellistin kurz ein Tänzchen mit dem Violinen-Chef, ohne ihren nächsten Einsatz zu vergeigen. Dazu brennt der Chor ein Gospel-Feuerwerk ab und animiert die tanzende Masse direkt vor der Bühne.

Und James Last? Er ist nicht das Epizentrum, kein agiler Vorturner mehr wie einst. Still zu genießen scheint er, was sein formidables Orchester kredenzt. Wenn einer wie Hansi nicht mehr live zu erleben ist - wie oft wird es das noch geben: Musik ohne Soundfile aus dem Computer, ohne Netz und doppelten Boden präsentiert und dazu in dieser Perfektion und mit dieser Spielfreude?

Die Fans in Bayreuth wissen, was sie an James Last hatten und haben. Das zeigen die Sympathiebekundungen beim Abschied. Ein letztes Winken, ein letztes Nicken ins Publikum. "Wir können ja trotzdem Freunde bleiben", sagt er. Musik kennt kein Alter. James Last ist der lebende Beweis.