Idar-Oberstein trauert, rechte Gruppierungen feiern die Tat
Die 31.000-Einwohner*innen-Stadt Idar-Oberstein trauert um den 20-jährigen Kassierer. Währenddessen freuen sich andere auf Telegram über die Tat. Sie sehen den Widerstand als einen lang gehegten Befreiungsschlag gegen die Corona-Regeln.
Am Samstagabend betrat der 49-Jährige die Tankstelle, um einen Sechserpack Bier zu kaufen. Als er aufgefordert wurde, eine Maske zu tragen, verließ er mit einer Drohung die Tankstelle. Später kehrte er zurück, kaufte erneut Bier, diesmal mit Maske. Als er vor der Kasse stand, zog er die Maske ab und schoss dem 20-Jährigen direkt in den Kopf.
Während Idar-Oberstein Trauerbeflaggung anordnet und Bürger*innen Kerzen und Blumen vor der Tankstelle niederlegen, freuen sich rechte Gruppen über die Tat auf Telegram. Wie der Tagesspiegel schreibt, sind vor allem im Chat-Kanal des rechtsextremen Verschwörungsideologen Sven Liebich Hassbotschaften besonders schnell entflammt.
Hass schlägt um in Gewalt: "Wenn's die richtigen trifft, hab ich nichts dagegen"
Dort sei zu lesen gewesen, dass es "Kein Mitleid" mit Leuten gebe, die einen "immer mit dem Maskenscheiß nerven". Denn "da dreht irgendwann mal einer durch. Gut so". Außerdem sei es laut der Chat-Kommentare nachvollziehbar, wenn jemand "die Schnauze voll" habe: "Wenn's die richtigen trifft, hab ich nichts dagegen".
Doch es sind nicht nur einzelne Kommentare, die erschüttern. Die Gewalttat in Rheinland-Pfalz wird als Notwehr und lang ersehnter Befreiungskampf gezeichnet, ein Freischlag gegen die "Merkel-Diktatur", wie der Tagesspiegel schreibt.
"Es ist grausam, welche Auswirkungen der Hass hat"
Während Verschwörungstheoretiker*innen und rechte Anhänger*innen auf Chat-Kanälen ungestört hetzen, bekunden Politiker*innen Anteilnahme und verurteilen die Tat auf Twitter.
So schreibt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt: "Der furchtbare Mord an einem jungen Mann in Idar-Oberstein erschüttert mich zutiefst. Mein Mitgefühl & Beileid gilt seiner Familie & Freunden. Es ist grausam, welche Auswirkungen der Hass hat".
Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak äußert sich auf Twitter: "Eine unfassbare Tat, ein unfassbarer Anschlag. Ein junger Mensch wird nahezu hingerichtet, weil er auf die Maskenpflicht hinweist. Ein unfassbares Maß an Radikalisierung!".
Der 49-jährige Deutsche, der am Sonntag, 19. September, in der Nähe der Polizeiwache festgenommen worden ist, wurde am Montag, 20. September, dem Haftrichter vorgestellt. Er hat die Tat inzwischen gestanden.
Hier kannst du nachlesen, wie die Kriminalpsychologin Lydia Beneke das Verhalten des mutmaßlichen Täters beurteilt: "Für eine solche Tat kann es sehr unterschiedliche Hintergründe geben."