Habeck-Heizpläne sorgen für Wirbel: Ökonom sieht Verschwendung hunderter Milliarden

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Ökonom sieht Verschwendung hunderter Milliarden bei Habecks Heizplänen
Bundeswirtschaftsminister Habeck stößt mit seinen Heizplänen auf viel Kritik.
Ökonom sieht Verschwendung hunderter Milliarden bei Habecks Heizplänen
Wolfgang Kumm/dpa

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stößt mit seinen Plänen zum Heizen in Deutschland auf viel Kritik. Expert*innen warnen vor Panikkäufen und unnötigen Ausgaben.

  • Habecks Heizpläne: Das hat der Wirtschaftsminister vor
  • Experten schlagen Alarm: Altersvorsorge in Gefahr?
  • Reaktionen aus der Politik: Habeck erntet Kritik

Der CO₂-Ausstoß in Deutschland muss deutlich sinken. Um dieses Ziel zu erreichen, soll das Heizen mit Gas und Öl bald der Vergangenheit angehören- zumindest, wenn es nach dem Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck geht. Ein Gesetzentwurf sieht für den Einbau neuer Heizungen ab 2024 verschärfte Regeln vor. Nach einer Übereinkunft der Ampel-Koalition aus dem Frühjahr 2022 soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dies könnte auf ein De-facto-Verbot neuer Verbrenner-Heizungen hinauslaufen.

Habeck-Pläne unrealistisch und teuer? Das sagen Experten 

Mit seinen Plänen stößt Vizekanzler Habeck nicht unbedingt auf Begeisterung. Manuel Frondel, der am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung den Bereich Umwelt und Ressourcen leitet, komme mit einer "sehr groben Überschlagsrechnung" auf einen niedrigen dreistelligen Milliardenbetrag, wie er im Gespräch mit ntv erklärt. Die Rechnung beinhalte allerdings mehrere Unbekannte.

Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien zu betreiben, sei laut Experten momentan nur mit alternativen Anlagen wie Wärmepumpen oder Fernwärme machbar. Frondels Rechnungen zufolge würde es aber hunderte Milliarden Euro mehr kosten, wenn bis 2045 die rund 19 Millionen bestehenden Gas- und Ölheizungen ausgetauscht und durch Wärmepumpen ersetzt werden würden als wenn weiterhin neue Gas- und Ölheizungen verbaut werden dürften. Denn Wärmepumpen seien in der Anschaffung deutlich teurer.

Frondel zufolge könnten CO₂-Emissionen statt über den Wärmesektor in Deutschland kostengünstiger über den für 2027 geplanten EU-weiten Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr eingespart werden. "Beim Emissionshandel wird der CO₂-Ausstoß dort gesenkt, wo es am günstigsten ist", erklärt der Ökonom gegenüber ntv. "Das würde aller Voraussicht nach nicht mit der Wärmepumpe im Altbau sein." Würden Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen ersetzt werden, entstünden laut dem Magdeburger Professor Joachim Weimann 600 bis 1300 Euro "Vermeidungskosten" pro Tonne CO₂. Im Vergleich dazu habe der Preis für CO₂-Emissionszertifikate im EU-Emissionshandel für Industrie und Energiewirtschaft laut Frondel noch nie über 100 Euro pro Tonne CO₂ gelegen. 

Pläne "unrealistisch" und "unbrauchbar" - wenig Unterstützung für Habeck

Auch Kai Warnecke, Präsident des Verbands Haus & Grund, kritisiert Habecks Pläne. Gegenüber der Bild-Zeitung betont er: "Der Habeck-Plan zerstört die Altersvorsorge vieler Menschen." Denn eine neue Heizung koste viel Geld. Viele Eigenheimbesitzer*innen hätten aber ihr gesamtes Vermögen viele Jahre lang in ihre Immobilien investiert und hätten jetzt kein Geld, um Habecks Pläne umzusetzen. "Viele Menschen wären schlimmstenfalls gezwungen, ihr Haus zu verkaufen.“ Aber auch das sei nicht unbedingt eine gute Lösung: "Wenn ein Haus jetzt 100.000 Euro wert ist, man aber gleichzeitig 100.000 Euro für Sanierungen reinstecken muss, werden viele Häuser de facto wertlos. Der Habeck-Plan wirkt wie eine Enteignung", so der Verbandschef.

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Etwas Entwarnung gibt hingegen Finanzexperte Bernd Raffelhüschen. Er rät gegenüber der Bild weiterhin, in Immobilien zu investieren, besonders in Städten und Ballungsgebieten: "Für die, die es sich leisten können, ist es auch weiterhin die beste Form der Altersversorgung – auch wenn sie von den Habeck-Plänen durchkreuzt wird.“ Die Immobilienpreise seien in Städten in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. "Wer hier jetzt in eine neue Heizung investieren muss, hat auch den gestiegenen Gegenwert der Immobilie“, erklärt der Professor für Finanzwissenschaft gegenüber der Bild-Zeitung.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gibt mit Blick auf Frondels Berechnungen zu bedenken, dass "solche Kosteneinschätzungen sehr mit Vorsicht zu genießen" seien. Gegenüber ntv erklärt sie: "Weil sie oftmals nur die reinen Investitionskosten betrachten, ohne den Nutzen gegenüberzustellen, nämlich in Form von vermiedenen fossilen Heizkosten über den gesamten Betriebszeitraum der zu installierenden Anlage, das heißt, über mehrere Jahrzehnte." Derartige Berechnungen seien für alle Gebäude sehr unterschiedlich. "Berechnungen für den gesamten Gebäudesektor liegen derzeit nicht vor, einzelne 'Bierdeckelrechnungen' zur Stimmungs- und Panikmache helfen da wenig weiter", erklärt Kemfert.

Experten warnen vor Panikkäufen

Kritik kommt aber auch aus der SPD. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hält die Zeitpläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Verbot von Öl- und Gasheizungen für nicht realistisch. Die Pläne würden am Ende mehr Schaden als Nutzen stiften, sagte der SPD-Politiker der Bild am Sonntag. "Leute bestellen jetzt panisch neue Gas- und Ölheizungen. Und viele Probleme sind nicht geklärt: Gibt es genug Installateure? Was ist mit den Menschen, die sich keine Wärmepumpe leisten können?" Weil erwarte, dass sich Habeck dringend mit der Bau- und Wohnungswirtschaft, Heizungsmonteuren und der Energiewirtschaft zusammensetzt und prüft, bis wann welches Ziel zu schaffen sei. 

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig zeigt sich wenig begeistert: "Ich halte diese Pläne für ungerecht und unbrauchbar", sagte die SPD-Politikerin am Sonntag. Für die Wärmewende müssten Anreize gesetzt und Förderprogramme gestartet werden, anstatt mit Zwangsmaßnahmen zu drohen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Stefan Wenzel (Grüne), warnte vor Panikkäufen. "Einfach möglichst lange an Öl und Gas festzuhalten, kann langfristig deutlich teurer werden, als in den nächsten Jahren auf eine klimafreundliche Heizung umzustellen", sagte er Zeit Online. "Man sollte sich deswegen jetzt auch nicht hektisch entscheiden, sich schnell noch einmal eine Öl- oder Gasheizung einbauen zu lassen, solange es noch möglich ist."

Mit Blick auf zusätzliche Fördermaßnahmen sagte Wenzel: "Wir müssen beispielsweise auch Anreize für Vermieter schaffen." Bereits heute könnten energetische Sanierungsmaßnahmen für selbstnutzende Eigentümer*innen steuerlich gefördert werden: "Dieser Ansatz könnte auf Vermieter und Gewerbe erweitert werden."

mit dpa

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