Viele heben ihr Bargeld beim Einkaufen direkt im Supermarkt ab. Der Einzelhandel beklagt, für den Service Gebühren abführen zu müssen. Die Banken weisen die Kritik entschieden zurück.
Die deutsche Geschäftswelt ist verärgert: Kunden können beim Einkaufen Bargeld abheben und der Einzelhandel muss anschließend draufzahlen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert von den Banken, auf die für die Auszahlungen erhobenen Gebühren zu verzichten.
"Die Banken reduzieren vielerorts Automaten und Filialen. Der Handel übernimmt einen Teil der Aufgaben, auf die Kunden angewiesen sind. Das sollte auch etwas wert sein. Es ist untragbar, dass die Banken an einem Service verdienen, den sie nicht anbieten", sagte der HDE-Experte für Zahlungsverkehr, Ulrich Binnebößel, der Deutschen Presse-Agentur.
HDE fordert Gebührenverzicht für Bargeldauszahlungen: Banken weisen Kritik zurück
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) lehnt das Verlangen ab: "Die Händler bieten (den) Service freiwillig an. Viele von ihnen werben sogar damit und stellen die Möglichkeit, Bargeld an der Kasse zu erhalten, als besonderen Service für ihre Kundschaft dar", sagte ein Sprecher.
"Es ist weder möglich noch wünschenswert, dass der Einzelhandel die Funktion von über 51.000 Geldautomaten in ganz Deutschland übernimmt", führt der Sprecher aus. Das Geldabheben im Supermarkt ergänze die Bargeldversorgung der Banken und Sparkassen, ersetze sie nicht. Der DSGV spricht für die Deutsche Kreditwirtschaft, den Dachverband der großen Bankenverbände.
Das Abheben von Bargeld beim Einkaufen wird mittlerweile von vielen Einzelhändlern angeboten und ist bei Verbrauchern beliebt. Das Gesamtvolumen der Auszahlungen stieg im Jahr 2023 laut einer veröffentlichten Studie des Handelsforschungsinstituts EHI um gut 20 Prozent auf 12,31 Milliarden Euro. Mit der zunehmenden Nutzung steigen auch die Gebühren, die die Handelsunternehmen dafür an die Banken abführen müssen. Diese liegen nach Angaben des EHI pro Girocard-Transaktion zwischen 0,1 und 0,2 Prozent.
Antwort der Banken: Gebühren würden individuell ausdiskutiert
Großen Filialisten wie die Supermarktkette Rewe verhandeln ihre Konditionen individuell mit den Banken. Die Entgelte würden nicht vorgegeben, betont der DSGV. Der HDE-Experte Ulrich Binnebößel widerspricht, aufseiten der Banken gebe es keinerlei Bereitschaft, die Gebühren zu reduzieren. Den Einzelhändlern bliebe deshalb nichts anderes übrig, als die Kosten zu akzeptieren oder den Service einzustellen. "Aus Gründen des Wettbewerbs ist das jedoch schwierig. Die Bargeldauszahlung ist heute nicht mehr verzichtbar."
Im vergangenen Jahr haben die Einzelhändler 17,23 Millionen Euro Gebühren an die Banken gezahlt. Die Kosten werden nach Binnebößels Angaben auf die Endpreise umgelegt und somit an die Kunden weitergegeben. Die Bargeldauszahlung stellt die Unternehmen, die den Service anbieten, vor ein zusätzliches Problem: Da immer weniger mit Bargeld bezahlt werde, könne es zeitweilig schwierig werden, die Nachfrage zu bedienen, sagt EHI-Zahlungsexperte Horst Rüter. Die Unternehmen seien dann womöglich dazu gezwungen, Bargeld zuzukaufen.