Die Wüstenstrom-Initiative steht vor dem Scheitern. Ökostrom aus Nordafrika wird wohl so schnell nicht nach Europa transportiert. Unser Kommentator vermisst dabei eine globale Klimapolitik.
Es sollte vor fünf Jahren der große Wurf werden. Aber das Projekt Desertec, an dem namhafte deutsche Unternehmen beteiligt waren, verläuft nach und nach im Wüstensand. Das Interesse, in den Staaten Nordafrikas im großen Stil Solar- und Windkraftanlagen zu errichten, um große Mengen Strom nach Europa zu transportieren, hat mitlerweile deutlich nachgelassen. Wie an vielen Stellen, an denen es um die Umsetzung der Energiewende, um eine Transformation weg von fossilen Brennträgern hin zu sauberer und sicherer Energiegewinnung mit geringem Naturverbrauch geht, entscheiden letztlich nur kurzfristige monetäre Überlegungen über Erfolg und Misserfolg. Andere Aspekte geraten schnell ins Hintertreffen. Der geopolitisch-soziale Sinn etwa. Importierter Solarstrom aus den Wüsten Nordafrikas könnte zum wirtschaftlichen Nord-Süd-Ausgleich auf der Welt beitragen.
Doch es geht bei Energiefragen um Macht und Geld.
Und so scheitert Desertec demnächst wahrscheinlich in erster Linie an den hohen Kosten. 400 Milliarden Euro waren von Beginn an dafür veranschlagt worden. Die Euphorie, so etwas zu stemmen, ist bei Firmen wie Siemens und Eon längst verflogen. Inzwischen zeigt sich in Deutschland, dass eine Stromzufuhr aus der Wüste auch aus anderen Gründen unerwünscht ist: Der Transport über große Hochspannungsleitungen führt schon innerhalb Deutschlands zu Kontroversen. Da scheint eine internationale Einigung über Stromtrassen nahezu unmöglich. Dabei wäre es aufgrund des Klimawandels nötiger denn je, nationale Alleingänge zu vermeiden und zumindest eine europäische Klimapolitik anzustoßen.
Vielleicht hätte ein Scheitern eines Großprojekts wie Desertec aber zumindest ein Gutes: Eine dezentrale Stromversorgung muss weiter gefördert werden. Sie entschärft die Gefahr, vom Kampf ums Öl in den Kampf um Strom zu rutschen.