Zweitgrößte Bank Deutschlands streicht fast 4000 Stellen - weil "feindliche Übernahme" droht?

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Die Commerzbank will effizienter werden und streicht im großen Stil Stellen (Archivbild).
Commerzbank  in Frankfurt am Main
Arne Dedert/dpa
Unicredit-Chef Andrea Orcel
Hat es auf die Commerzbank abgesehen: Unicredit-Chef Andrea Orcel (Archivbild)
Unicredit-Chef Andrea Orcel
Roberto Monaldo/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Die Commerzbank greift im Kampf gegen eine Übernahme durch die italienische Großbank Unicredit zu drastischen Mitteln: In Deutschland solle Tausende Jobs wegfallen - trotz eines Gewinns von knapp 2,7 Milliarden Euro im Vorjahr.

Die Commerzbank hat angekündigt, fast 4000 Stellen streichen zu wollen. Der Hintergrund: Die Bank steht unter Druck, es droht eine feindliche Übernahme durch die italienische Unicredit. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) unter Berufung auf Konzernangaben berichtet, sollen rund 3900 Vollzeitstellen bis Ende 2027 abgebaut werden - davon 3300 in Deutschland

Weil gleichzeitig in anderen Unternehmensbereichen - wie bei der polnischen mBank und in Asien - neue Arbeitsplätze entstehen sollen, soll der Personalbestand im Commerzbank-Konzern weitgehend konstant bei 36.700 Vollzeitkräften weltweit bleiben, wie der Dax-Konzern in Frankfurt erläuterte.

Commerzbank: Jobabbau hauptsächlich in Deutschland

Von der Reduzierung in Deutschland sind laut der Bank insbesondere die Zentrale sowie weitere Standorte in Frankfurt betroffen, dort vor allem zentrale Funktionen und Backoffice. Aktuell beschäftigt Deutschlands zweitgrößte Privatkundenbank in ihrem Heimatmarkt etwa 20.000 Vollzeitkräfte.

"Um diesen Transformationsprozess sozialverträglich zu gestalten, setzt die Commerzbank vor allem auf den demografischen Wandel und die natürliche Fluktuation", erklärte die Commerzbank das weitere Vorgehen. Mit den Arbeitnehmervertretungen seien bereits Grundzüge für ein Altersteilzeit-Programm vereinbart, das noch im laufenden Jahr greifen soll. 

Die Commerzbank steht unter Druck, seit die Großbank Unicredit aus Italien im Herbst den teilweisen Rückzug des Bundes genutzt hat, um in großem Stil bei der Commerzbank einzusteigen. Inzwischen kontrolliert die Mailänder Großbank gut 28 Prozent der Anteile des Dax-Konzerns, davon rund 9,5 Prozent direkt über Aktien und etwa 18,6 Prozent über Finanzinstrumente.

Unicredit liebäugelt mit einer Übernahme der Commerzbank

Berichten zufolge will Unicredit-Chef Andrea Orcel eine Übernahme der Commerzbank. Noch gibt es jedoch kein Angebot der Italiener.

Erst ab einem Anteil von 30 Prozent wäre die Unicredit gesetzlich verpflichtet, den Commerzbank-Aktionären ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. Management und Betriebsrat der Commerzbank wehren sich gegen das aus ihrer Sicht "feindliche" Vorgehen der Italiener.

Widerstand kommt auch aus der deutschen Politik. Der Bund, der die Bank in der Finanzkrise 2008/2009 mit Steuermilliarden gerettet hatte, hält noch gut zwölf Prozent der Anteile.

Eigenständigkeit durch höhere Gewinne und ambitioniertere Ziele bewahren

Die seit 1. Oktober amtierende Konzernchefin Bettina Orlopp will die Eigenständigkeit der Commerzbank auch durch höhere Gewinne und ambitioniertere Ziele sichern. In den nächsten Jahren plant die Commerzbank, ihre Gewinne deutlich zu steigern. Nach knapp 2,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr soll der Überschuss bis 2028 auf 4,2 Milliarden Euro anwachsen.

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Im laufenden Jahr dürfte der Gewinn jedoch auf 2,4 Milliarden Euro sinken, weil der Stellenabbau zunächst einmal Geld kostet: Die Bank kalkuliert dafür im laufenden Jahr mit rund 700 Millionen Euro Kosten. Den Anteilseignern stellt der Vorstand unterdessen hohe Gewinnausschüttungen in Aussicht. So beabsichtigt die Commerzbank, für 2025 mehr als 100 Prozent ihres Überschusses an die Aktionäre auszuzahlen. Die Zinsen für eigenkapitalähnliche Anleihen werden vorher abgezogen.

Für die Jahre 2026 bis 2028 fasst Orlopp eine Ausschüttungsquote von 100 Prozent ins Auge, macht dies jedoch von der Umsetzung der Strategie und vom wirtschaftlichen Umfeld abhängig. Bei ihren Gewinnplänen setzt die Managerin neben Stellenabbau und Kostensenkungen auf stetig steigende Einnahmen, vor allem aus Provisionen. Hatten die Kosten der Bank im vergangenen Jahr noch 59 Prozent der Erträge geschmälert, sollen es 2028 nur noch etwa 50 Prozent sein. Für 2025 peilt Orlopp rund 57 Prozent an.

Die Commerzbank wurde 1870 in Hamburg gegründet und hat sich im Laufe ihrer Geschichte zu einer der führenden Banken Deutschlands entwickelt. Über die Jahre hinweg hat sie ihre Präsenz in zahlreichen deutschen Städten ausgebaut, darunter in bedeutenden Finanzstandorten wie Frankfurt am Main - wo sich auch ihr Hauptsitz befindet- sowie Berlin, München, Düsseldorf und Stuttgart. Diese Städte sind wichtige Zentren für das Bankgeschäft, und die Commerzbank nutzt ihre strategische Lage, um sowohl Privat- als auch Geschäftskunden umfassende Dienstleistungen anzubieten. 

Seit der Finanzkrise: Bund mit Beteiligung an der Commerzbank 

In der Finanzkrise 2008 sorgte die Commerzbank für Schlagzeile, da sie stark von der Krise betroffen war. Die Bank hatte umfangreiche Abschreibungen aufgrund der Beteiligungen an der Dresdner Bank sowie durch Engagements in komplexen Finanzprodukten vornehmen müssen. Um ihre Eigenkapitalbasis zu stärken und die Auswirkungen der Krise zu überstehen, erhielt die Commerzbank finanzielle Unterstützung vom deutschen Staat in Form von Kapitalzuführungen und Garantien. Diese staatliche Hilfe war Teil des umfassenden Rettungspakets für den deutschen Bankensektor.

Im Rahmen der staatlichen Unterstützung übernahm der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) eine Beteiligung an der Bank, die in den folgenden Jahren wieder schrittweise reduziert wurde, während die Commerzbank Maßnahmen zur Restrukturierung und Stabilisierung umsetzte, um langfristig wieder auf einen profitablen Kurs zurückzukehren.

Kunden mehrerer Banken müssen sich vor Betrügern in Acht nehmen. Die Verbraucherzentrale warnt vor sogenannten Phishing-Mails, mit denen die Betrüger versuchen, die Kundschaft zu täuschen. Laut Stiftung Warentest bieten mehrere Banken in Deutschland wieder kostenlose Girokonten an. Zudem zeigen sich im Test deutliche Unterschiede bei den Dispozinsen. sl/dpa

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