Ihr angeblicher Fall wurde zuletzt beklagt - und nun wollen Demonstranten sie sein: die Brandmauer. Doch was bedeutet die Bezeichnung eigentlich?
Die "Brandmauer" ist spätestens seit dem 29. Januar 2025 in aller Munde. Nachdem der Bundestag einem Unions-Antrag zugestimmt hat, der mehr Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen vorsieht, war vielerorts von einem "Fall der Brandmauer" die Rede gewesen. Der Grund: Zum ersten Mal in der Historie der Bundesrepublik Deutschland hat ein Antrag im Bundestag mithilfe der AfD eine Mehrheit bekommen.
Schon tags darauf kam es auch in Franken zu Straßenprotesten gegen die Migrationsabstimmung. Das Motto: "Sei die Brandmauer!". Auf der Plattform "Gemeinsam hat in Hand" ist ein offener Brief von über 500 Schauspielern und weiteren Kulturschaffenden veröffentlicht worden, der mit "Zum Fall der Brandmauer - gegen jede Zusammenarbeit mit der AfD" überschrieben ist. Von einem "historischen Tabubruch" war die Rede. Das Portal ruft unter anderem auf Instagram unter dem Hashtag #wirsinddiebrandmauer zu Kundgebungen und Demonstrationen auf. Doch was ist mit dem Begriff der "Brandmauer" überhaupt gemeint?
Bedeutung von "Brandmauer": Schutzmechanismus für Häuser - und die Politik?
Der Terminus der Brandmauer stammt aus der Gebäudebau. Laut Duden handelt es sich dabei um eine "feuerbeständige Mauer zwischen aneinanderstoßenden Gebäuden". Die Idee stammt aus Zeiten, in denen nahezu jedes Haus hauptsächlich aus leicht brennbaren Materialien bestand. Feuersbrünste stellten damals eine der größten Gefahren für die Bevölkerung in dicht bebauten Städten dar. Als Maßnahme gegen das Problem wurden sogenannte Brandmauern entwickelt: Mauern und Wände, die bestimmte Brandschutzvorgaben (etwa hinsichtlich Dicke und Beschaffenheit) erfüllen mussten. Schon in einem Bau-Lexikon aus dem 19. Jahrhundert ist die Brandmauer (oder: Feuermauer) aufgelistet. Heute sind Beschaffenheit und Erfordernis von Brandwänden baurechtlich geregelt. Laut Definition müssen sie "eine Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte ausreichend lange verhindern".
Was das mit dem derzeit vermehrt im politischen Kontext kursierendem Begriff der Brandmauer zu tun hat, deutet ebenfalls der Duden an. Er nennt "Schutzmechanismus" als übertragene Bedeutung der Brandmauer. Allgemein ist der Begriff in der Politik so definiert: eine klare und unüberwindbare Abgrenzung zwischen demokratischen Parteien und extremistischen beziehungsweise radikalen Kräften. Die Bedeutung einer Brandmauer, wie sie von den Stuttgarter Nachrichten erklärt wird, ist demnach, dass es keine gemeinsamen Anträge oder Gesetzesinitiativen im Parlament geben darf.
Dennoch wird die Frage, was genau die "Brandmauer" in ihrer metaphorischen Bedeutung ist, in Deutschland seit Jahren kontrovers diskutiert. Die Kerndebatte dreht sich um die Bedingungen, unter denen diese Abgrenzung fällt und welche Konsequenzen dies nach sich zieht. Trotz vehementer Diskussionen existieren bereits seit längerer Zeit in verschiedenen deutschen Landtagen, insbesondere in Ostdeutschland, sowie auf kommunaler Ebene, Kooperationen mit der AfD. In diesen lokalen Gremien arbeiten alle Parteien bisweilen mit der AfD zusammen, da es andernfalls schwierig sein kann, Mehrheiten zu bilden.
Brandmauer-Debatte in Deutschland: CDU, AfD und die Folgen
Bedeutend hierbei sei laut Deutscher Welle (DW) die Rolle der CDU. Eine von der "Rosa-Luxemburg-Stiftung" veröffentlichte Studie, die der Linkspartei nahesteht, komme demzufolge zu dem Ergebnis, dass besonders häufig die CDU auf lokaler Ebene mit der AfD kooperiert. Eine ausführliche Untersuchung dokumentiert etwa 120 Gelegenheiten der parteiübergreifenden Kooperationen mit der AfD zwischen 2019 und 2023. Ein anschauliches Beispiel sei laut DW der Berliner Bezirk Reinickendorf, wo die CDU im Oktober 2019 einen Vorstoß für ein "Kopftuchverbot für Schülerinnen bis einschließlich 6. Klasse" unternahm. Nach intensiven Debatten sei der Antrag letztlich im August 2020 mit Unterstützung sowohl von CDU als auch AfD verabschiedet worden.
Der aktuell unter dem Begriff Brandmauer gehandelte Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die AfD stammt aus dem Jahr 2018. Beobachter sehen die "Brandmauer" der Union gegen die AfD in Gefahr. CDU-Vize Thorsten Frei hatte kürzlich betont, dass die Brandmauer nach wie vor stehe; exakt dieselbe Formulierung hatte Parteichef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz einige Tage zuvor verwendet. Allerdings wurden beide Aussagen zeitlich vor der Abstimmung vom 29. Januar 2025 getätigt.