"Wir lassen niemanden allein": Unwetter hinterlässt Trümmerfeld in Bayern - Söder verspricht staatliche Hilfen

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Unwetter plagen am Wochenende den Süden Bayerns. Einsatzkräfte berichten von zig Einsätzen. Hagelkörner zerstören Fassaden. In Kissing bei Augsburg werden gleich mehrere Menschen verletzt. Ministerpräsident Markus Söder war vor Ort und bezog Stellung.

Update vom 29.08.2023, 19.30 Uhr: Söder sichert Hagel-Gebieten staatliche Hilfe zu

Die Wetterlage in Bayern hat sich zunächst etwas entspannt. Unter anderem in Passau standen einige Straßen unter Wasser. Vielerorts sanken die Wasserstände aber bereits. Im Süden Bayerns ging inzwischen vor allem in den von Hagel schwer getroffenen Orten Benediktbeuern (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) und Bad Bayersoien (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) das Aufräumen weiter. Tennisballgroße Hagelkörner hatten am Wochenende Fenster zerschlagen, Dächer und Autos wurden teils komplett zerstört. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) besuchte am Dienstag die beiden Orte und sagte die Unterstützung des Freistaats zu.

"Wir lassen niemanden allein", sagte Söder in Benediktbeuern, wo er sich ein Bild von den Zerstörungen unter anderem am dortigen Kloster machte. Die Schäden belaufen sich insgesamt nach ersten Schätzungen der Versicherungskammer Bayern auf einen mittleren bis höheren zweistelligen Millionenbetrag. Es sei ein "schlimmes Ereignis", sagte Söder.

Kabinettsbeschluss: Staatliche Hilfen für Hagel-Schäden

Das Kabinett habe am Dienstag beschlossen, dass Hagel-Ereignisse in die Nothilfeprogramme aufgenommen werden. "So können bei existenzbedrohenden Schäden staatliche Hilfen genutzt werden. Außerdem erweitern wir das Förderprogramm zur Wiederherstellung von kommunaler Infrastruktur", sagte Söder. "Durch den Klimawandel nimmt Extremwetter wie Hagel leider immer weiter zu. Wir stehen in der Not zusammen."

Söder besuchte anschließend das ebenfalls massiv betroffene Bad Bayersoien im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Rund 370 von rund 400 Häusern des Ortes haben laut Bürgermeisterin Gisela Kieweg Schäden an den Dächern. Manche Dächer sind komplett zerstört. Seit dem Wochenende sind Helfer dabei, die Dächer zunächst mit Planen zu schützen. Wie lange die Wiederherstellung dauern wird, ist offen.

Der Hochwassernachrichtendienst (HND) erwartete am Dienstag noch Dauerregen und Ausuferungen an der Donau und an den Flüssen südlich davon. Streckenweise sei dabei die Warnstufe 3 zu erwarten, sagte ein Sprecher des HND. Die höchste Warnstufe 4 solle vermutlich nicht erreicht werden.

Vorübergehende Entwarnung - Warnstufe 4 nicht länger wahrscheinlich

In Wasserburg am Inn hatte der HND am Montagabend Warnstufe 4 für möglich gehalten - damit sei aber vorerst nicht mehr zu rechnen. Die Vorkehrungen für den Hochwasserschutz in der Altstadt wurden zurückgefahren, wie die Stadt mitteilte.

In Passau überschritten die Pegel der Donau am Dienstag Meldestufe 3, der Anstieg habe sich bis zum Morgen aber abgeflacht. Donau und Inn überschwemmten Straßen, Wiesen und einen Spielplatz. Anwohner schützten ihre Häuser mit Sandsäcken.

Von Passau aus rund 70 Kilometer donauaufwärts soll voraussichtlich ab Mittwoch der Betrieb der Donau-Fähre zwischen Mariaposching und Stephansposching (Landkreis Straubing-Bogen) vorübergehend eingestellt werden, teilte das Landratsamt mit.

Dauerregen in Bayern auch weiterhin möglich

Vom HND werden vier Meldestufen ausgegeben. Bei Warnstufe 1 sind kleine Ausuferungen zu erwarten, bei Stufe 4 können bebaute Gebiete in großem Umfang überflutet werden.

Der Deutsche Wetterdienst warnte im Süden und Westen Bayerns weiter vor Dauerregen. In Alpennähe wurden Niederschlagsmengen zwischen 30 und 50 Litern pro Quadratmeter erwartet. Auch am Mittwoch soll es demnach vereinzelt noch zu Schauern und Gewittern kommen. Ab Donnerstag und Freitag soll es wieder sonnig und wärmer werden - damit wird die Hochwassergefahr zurückgehen.

Originalartikel vom 28.08.2023

Ein zerstörtes Festzelt, ein abgedecktes Seniorenzentrum, eine durch Hagelkörner zerstörte Fassade und viele Verletzte: Unwetter haben am Wochenende im Süden Bayerns für Verwüstung gesorgt. Zwölf Menschen wurden am Samstag (26. August 2023) in Kissing bei Augsburg beim Aufbau eines Bierzeltes verletzt. Sechs von ihnen schwer, wie die Polizei mitteilte. Das Zelt sei von einer Windböe erfasst worden. Rund 30 Menschen hätten versucht, es festzuhalten.

Ebenfalls in Kissing zeigte sich ein Trümmerfeld aus Holzlatten. Hier hatte der Wind offensichtlich das Dach eines Seniorenheimes abgedeckt. Die Holzlatten lagen verteilt auf dem Parkplatz vor dem Gebäude. Laut Bayerischem Roten Kreuz mussten rund 100 Seniorinnen und Senioren in Sicherheit gebracht werden. An der Fassade eines Mehrfamilienhauses in Kissing hinterließ der Hagel deutlich sichtbare Schäden.

Unwetter wüten über Bayern - Katastrophenfall für Alpen-Gemeinde ausgerufen

Die Polizei berichtete von Fußgängern, die von Hagelkörnern verletzt worden seien. Eine ältere Dame sei wegen des Hagels gestürzt. Mit Schneeschaufeln wurden die Hagelkörner von Gehwegen geschaufelt. Die Einsatzkräfte waren auch mit vielen vollgelaufenen Kellern und umgestürzten Bäumen beschäftigt. Einige Bäume seien auf geparkte Autos gestürzt.

Besonders stark getroffen wurde auch das oberbayerische Bad Bayersoien. Aufgrund schwerer Unwetterschäden rief das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen für den Ort mit rund 1300 Einwohnern am Sonntag den Katastrophenfall aus. In der Gemeinde habe sich am Samstag ein heftiges Unwetter mit Sturm und massivem Hagel mit einer Korngröße von bis zu acht Zentimetern ereignet, teilte die Behörde mit.

80 Prozent der Gebäude in dem Ort seien schwer beschädigt worden. Menschen seien aber keine zu Schaden gekommen, hieß es. Um zur Bewältigung der großen Schäden auch Einsatzkräfte aus anderen Landkreisen offiziell anfordern zu können, habe Landrat Anton Speer (Freie Wähler) am Sonntag den Katastrophenfall festgestellt. Für die Gemeinde wurden demnach Notdächer angefordert, die aus ganz Bayern in den Ort transportiert werden. "Das Ende des Einsatzes ist noch nicht abzusehen und die Kräfte vor Ort haben noch einige schwere Arbeit vor sich", sagte Landrat Speer am Sonntag.

Südbayern besonders stark betroffen - DWD warnt vor weiteren Stürmen

Auf den Straßen im Freistaat sorgte zudem Aquaplaning für Unfälle. Ein 22 Jahre alter Autofahrer wurde am Samstag auf der Bundesstraße 2 bei Roth in Mittelfranken schwer verletzt, als er bei Starkregen mit seinem Wagen auf der Fahrbahn ins Schleudern geriet und rechts von der Straße abkam. Das Auto prallte laut Polizei gegen einen Baum.

Im Landkreis Passau musste die Feuerwehr zu einem Einfamilienhaus anrücken, weil ein Blitz in den Dachstuhl eingeschlagen hatte. Laut Polizei konnten sich alle Bewohner des Hauses in Salzweg retten. Auf dem Chiemsee mussten laut Bayerischem Roten Kreuz mehrere Boote teils mit Insassen abgeschleppt und vereinzelt auch geborgen werden. Es seien überwiegend Elektro- oder Segelboote gewesen. In Augsburg hatte am Samstag das Volksfest Plärrer begonnen. Wegen des starken Regens strömten viele Menschen am Abend wieder vom Gelände. Das dortige Polizeipräsidium berichtete von rund 140 wetterbedingten Einsätzen seit Samstagnachmittag.

Ein Baum in einer Hochspannungsleitung sorgte für einen Stromausfall in einigen Gemeinden im Landkreis Pfaffenhofen. Rund 3000 Haushalte waren laut dem Landratsamt betroffen. Unter anderem die Kreiseinsatzzentrale des Katastrophenschutzes sei ebenfalls in Betrieb gewesen und habe alle unwetterbedingten Einsätze koordiniert.

Der Dauerregen in Bayerns Süden geht weiter. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte am Montag vor Dauerregen in der Südhälfte des Freistaats und in der Oberpfalz bis zum Dienstag. An den Alpen gebe es Unwetter durch Dauerregen, der extrem ergiebig sei, hieß es. Die Temperaturen sollen unter der 20-Grad-Marke bleiben. Auch für Dienstag wird regnerisches und kühles Wetter im Freistaat erwartet. Wegen des Dauerregens warnten die Wasserwirtschaftsämter vor Hochwassergefahr in einigen Kommunen: Betroffen sind demnach die Stadt Ingolstadt, die Landkreise Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen a.d. Ilm und Mühldorf am Inn sowie Stadt und Landkreis Rosenheim.

Vorschaubild: © Uwe Lein/dpa