Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ist in dieser Woche auf großer Atom-Mission in Prag und Warschau unterwegs. Die Bamberger Grünen-Abgeordnete Ursula Sowa hat für die Absichten des CSU-Politikers kein Verständnis.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reist in dieser Woche nach Warschau und Prag. Dabei hat er ein klares Ziel: Der CSU-Chef hofft auf günstige Atomstrom-Importe. Die Pläne des Politikers haben jedoch heftige Kritik ausgelöst. So auch bei der Bamberger Abgeordneten Ursula Sowa (Bündnis 90/Die Grünen). Sie hält Söders Absichten für "hochgefährlich und völlig aus der Zeit gefallen".
"Deutschland hat den Atomausstieg seit vielen Jahren vorbereitet, jedoch nicht, um den Ausbau an anderer Stelle zu unterstützen", kritisiert die baupolitische Sprecherin des Bayerischen Landtags. Bei einem Kurzbesuch in Tschechien am Donnerstag (12. Dezember 2024) will Söder mit dem dortigen Regierungschef Petr Fiala unter anderem über eine mögliche Kernenergie-Allianz sprechen.
Atom-Pläne in Tschechien: Grüne kritisieren Söders "Atomkraftwahn"
Die Störungen im tschechischen Atomkraftwerk Temelín hätten bereits viele Ängste ausgelöst, die Reaktorkatastrophe von Fukushima habe schließlich zu "greifbaren Gefahren" geführt. "Anscheinend hat Söder nicht nur das vergessen, sondern auch, dass er selbst deswegen den Atomausstieg einmal fokussiert hat", so Sowa. Zusätzlich seien durch die neuen Technologien neue Gefahren entstanden und auch die Entsorgungsprobleme würden sich verschärfen. "Söder muss noch lernen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien Atomstrom überflüssig macht", erklärt die Bamberger Abgeordnete. Das ginge schneller, sei sicherer und "völlig ausreichend", sofern der Ausbau vorangetrieben werde.
Auch der Bayreuther Abgeordnete Tim Pargent (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert die Pläne des bayerischen Ministerpräsidenten. "Wir haben immer wieder erfahren, wie gefährlich Atomkraft sein kann", betont er. Darum habe sich Deutschland "für den Weg der Vernunft" entschieden - dieser sei laut Pargent die Abschaltung der Atomkraftwerke. Kernenergie setze "unnötig die Gesundheit, das Eigentum und unsere Lebensgrundlagen aufs Spiel" und sei durch enorme Bau-, Instandhaltungs- und Entsorgungskosten keineswegs billiger als erneuerbare Energien. "Die Sicherheit für die Menschen und die Umwelt müssen Vorrang haben", bekräftigt der finanzpolitische Sprecher.
Der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Martin Stümpfig, äußert sich ebenfalls zu dem Vorhaben des CSU-Chefs: "In seinem Atomkraftwahn vergisst Söder sowohl die gefährlichen Risiken als auch die energiepolitischen Zusammenhänge". Die Zeiten, in denen sich die CSU noch ernsthaft um die Risikoreaktoren in Temelín oder um das tschechische Endlager an der bayerisch-tschechischen Grenze gesorgt habe, seien Stümpfig zufolge vorbei. "Anstatt endlich eine Kooperation bei erneuerbaren Energien mit Tschechien zu starten, will Markus Söder die gefährlichen und hochriskanten Atompläne des Nachbarlandes noch antreiben", kritisiert er. Ein Atomkraftwerk-Unfall in Temelín sei eine massive Gefährdung für Leib, Leben und Eigentum - weit über den ostbayerischen Raum hinaus.
Söder will Atom-Strom aus Tschechien - "viele offene Fragen zu klären"
Söder ist derweil auf einem "Doppelbesuch innerhalb von zwei Tagen" unterwegs. "Es geht dabei um die Verfestigung und den Ausbau unserer Osteuropa-Strategie", sagte der bayerische Ministerpräsident. "In Prag geht es um den Ausbau der freundschaftlichen Beziehungen zu unserem Nachbarn Tschechien und Premierminister Petr Fiala." Die beiden wollen dort einen Weihnachtsmarkt besuchen und dann bilaterale Gespräche führen. "Im Mittelpunkt steht der Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit."
"Außerdem werden wir uns in Tschechien über das Thema Kernkraft unterhalten und eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen", kündigte Söder an. "Uns schwebt eine Art Kernenergie-Allianz vor: Wir wollen eine mögliche Nutzung von tschechischer Kernkraft für unseren Strommarkt ausloten, um eine bessere Versorgung zu gewährleisten und das Netz zu stabilisieren – etwa in Form einer privilegierten Stromabnahme." Das große Ziel sei es, die bayerische Stromversorgung auf Dauer besser abzusichern. "Im Gegenzug könnte man über Partnerschaften in der Sicherheitstechnologie reden", erläuterte Söder.