Die grüne Polizeiuniform könnte ruhig etwas schnittiger werden, finden die Modeprofis Eva Blechinger (links) und Kerstin Fleischmann (rechts). Vielleicht tragen Stefanie Florin und ihr Kollege Peter Schneider ab 2015 nicht mehr Grün-Gelb, sondern modernes Blau. Foto: Matthias Hoch
Stefanie Florin und Peter Schneider in der gewohnten grünen Uniform Fotos: Matthias Hoch
Ist die Zukunft der Polizei blau? Peter Schneider trägt die blaue Uniform der bayerischen Bereitschaftspolizei.
Grün oder blau? 57 Prozent der bayerischen Polizisten, die an der Umfrage teilgenommen haben, möchten die grüne Uniform behalten.
Heinz Oestergaard kreierte die grüne Polizieuniform in den Siebzigern. Foto: dpa-Archiv
Gelbes Hemd, grüne Jacke: Bayerns Polizisten erkennt man schnell. Ob sie wie ihre Kollegen in den anderen Bundesländern bald Blau tragen, sollen sie selbst entscheiden - per Postkarte. Das vorläufige Ergebnis ist überraschend.
Als Heinz Oestergaard Mitte der Siebziger den Auftrag bekam, der deutschen Polizei eine Uniform auf den Leib zu schneidern, waren Tarnfarben anscheinend angesagt. Der Quelle-Chefdesigner schien zudem davon auszugehen, dass Frauen bei der Polizei wohl eher eine Ausnahme bleiben würden ...
Stefanie Florin ist heute Polizistin und froh, dass ihre Tante Schneiderin ist. "Sie ändert mir meine Uniformhosen um. So, wie ich sie brauche." Die 36-jährige Forchheimerin ist seit rund 20 Jahren Polizeibeamtin. Ihr Problem: Die Damen-Uniformhose hat den Bund in Bauchnabelhöhe und schränkt dadurch die Bewegungsfreiheit stark ein. "Und man kommt schwerer an die Einsatzgegenstände ran", fügt sie hinzu. "Es gibt deshalb viele Mädels bei uns, die lieber die Herrenhosen tragen." Doch die müssen eben erst fachkundig an die weiblichen Rundungen angepasst werden.
Dieses Hosenproblem könnte bald ein alter Hut sein: "Anfang 2015 läuft nämlich der Liefervertrag mit dem jetzigen Uniformhersteller aus", sagt Peter Schneider. Auch er ist Polizeibeamter und außerdem der oberfränkische Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Bayern. Die will wissen, ob Bayerns Polizisten die alte grüne gegen die moderne blaue Uniform eintauschen wollen. Per Postkarte können alle abstimmen.
Neben dem Saarland, das die blaue Uniform nächstes Jahr einführt, sind die Bayern die letzten, die noch die Oestergaard-Kreation tragen. Sind die Tage des gewohnt grün-gelb gekleideten Polizisten also gezählt? "Das ist nicht gesagt", erklärt Peter Schneider. "Die Innenministerkonferenz hat sich schon vor Jahren für die blaue Uniformfarbe für die Polizei ausgesprochen. Es wurde aber weder ein standardisiertes Blau noch ein einheitliches Uniformformat festgelegt." Außerdem gebe es keine zeitlichen Vorgaben bezüglich der Umsetzung. "In der Folge sind die Uniformen heute in den einzelnen Bundesländern und bei der Bundespolizei unterschiedlich." Auch die Waffe ist altmodisch Bayerns Polizisten haben sich jedenfalls entschieden: 57 Prozent derjenigen, die an der Postkarten-Umfrage teilgenommen haben, wollen weiter Grün tragen. "Das Ergebnis hat mich selbst überrascht", gibt Schneider zu. Auch Stefanie Florin hat "Grün" gewählt: "Am Einsatzort bin ich mit der grünen Uniform sofort als Polizistin erkennbar." Denn Blau tragen bereits THW, Feuerwehr und Security-Dienste. "Das Grün hat sich einfach eingebürgert."
Teuer wäre die Umstellung auch: "30 Millionen Euro", rechnet Schneider vor. "Außerdem müssten die Polizisten ihre neue Uniform selbst bezahlen." Zwar bekommt jeder Beamte eine Grundausstattung und einen monatlichen Bekleidungszuschuss, "aber was darüber hinausgeht, müssen wir selbst tragen", erklärt Stefanie Florin. Sie und ihr Kollege Peter Schneider können sich für die 30 Millionen Euro jedenfalls einen besseren Verwendungszweck vorstellen: eine neue Dienstwaffe. "Die ist nämlich genauso alt wie die Uniform", sagt Schneider.
Sollten Bayerns Polizisten die alte Uniform behalten, soll sich trotzdem etwas ändern: "Die Funktionalität könnte man verbessern", meint Stefanie Florin. "Zum Beispiel beim Stoff der Hose", sie zieht ihren Gurt zur Seite, an dem Waffe, Ersatzmagazin und Handschellen hängen. "Innen am Gürtel ist ein Klettverschluss und der raut die Hose total auf." Man sieht's deutlich. Viel Stoff für Neuerungen Die beiden Bamberger Modefachfrauen Eva Blechinger und Kerstin Fleischmann nehmen die Uniform der beiden Polizisten kritisch unter die Lupe. Blechinger befühlt die aufgeraute Stelle. "Da könnte man für die Stoffherstellung Textilfasern in einem anderen Mischungsverhältnis verwenden. Damit würde man eine höhere Qualität erzielen."
Als Directrice für Design, Schnitt und Fertigungstechnik kennt sie sich mit modischen Schnitten und Stoffen bestens aus. Damenschneidermeisterin Kerstin Fleischmann überprüft die Ärmel- und Beinlängen und den Sitz der Uniformjacke. "Den Schnittaufbau der Damenhosen sollte man nochmal genau anschauen und gegebenenfalls den Änderungswünschen entsprechend korrigieren", sagt Eva Blechinger und überprüft den Sitz der Seitentaschen von Stefanie Florins Hose. Peter Schneider wünscht sich moderne Funktionswäsche, die die Feuchtigkeit abtransportiert. "Denn wenn Sie jemanden verfolgen müssen, ist die normale aus Baumwolle schnell nass." Blechinger und Fleischmann empfehlen ein Gemisch aus Natur- und Chemiefasern.
Beide Polizisten stellen klar, dass ihnen die Funktionalität ihrer Uniform wichtiger ist, als deren Aussehen. "Ich bin kein Modepüppchen", bilanziert Stefanie Florin. "Aber ich würde mir wünschen, dass die Hosen künftig so geschnitten sind, dass ich damit im Einsatz gut beweglich bin und man gleichzeitig ein ordentliches Bild beim Bürger abgibt."
Auf ein neues Erscheinungsbild der bayerischen Polizei müssen die Bürger mindestens bis 2016 warten. Sollte der Freistaat allerdings eine komplett eigene Uniform einführen, würde die frühestens 2018 einsatzbereit sein, schätzen Insider.