Sieben Menschen sind in Europa durch den Orkan "Emir" gestorben. In Deutschland tobte der Sturm vor allem im Harz: Eine Mutter wurde am Rammelsberg von einem Baum getroffen und starb. In anderen Teilen Deutschlands beeinträchtigte das Orkantief den Bahn- und Flugverkehr.
Update vom 03.11.2023, 8.10 Uhr: Westeuropa stark von Orkan getroffen
Vor den Augen ihrer Familie ist im Harz eine 46-Jährige in Folge heftiger Sturmböen ums Leben gekommen. Die Frau aus Bayern wurde am Rammelsberg bei Goslar am Donnerstagvormittag (02. Oktober 2023) durch einen umstürzenden Baum tödlich verletzt.
Sie war mit ihrem Ehemann und ihren beiden kleinen Kindern in der Nähe eines Ausflugslokals unterwegs, wie ein Feuerwehrsprecher sagte. Die Angehörigen wurden von einem Kriseninterventionsteam betreut. Der Rammelsberg ist ein mehr als 600 Meter hoher Berg am Nordrand des Mittelgebirges.
Nach Angaben der Feuerwehr tobte das Orkantief "Emir" (international: Ciaran) im Harz deutlich stärker als erwartet. Mehrere Landstraßen im Landkreis Goslar mussten wegen umgestürzter Bäume gesperrt werden. Auch eine Stromleitung war betroffen.
Wegen des Sturms wurde dringend davon abgeraten, im Harz in den Wald zu fahren oder den Wald zu betreten. Die Verkehrsmanagementzentrale Niedersachsen warnte auf ihrer Internetseite vor umstürzenden Bäumen und anderen Sturmschäden im Harz. Es habe bereits mehrere Unfälle gegeben, hieß es am Nachmittag.
Ein Polizeisprecher aus Hildesheim berichtete von bisher 16 Einsätzen. In zwei Straßen im Stadtgebiet seien Dachziegel auf Autos gestürzt. Bei Alfeld sind ihm zufolge mehrere Bäume auf die Landesstraße 485 gestürzt, von denen einer eine Stromleitung traf. Der Bereich zwischen Langenholzen und Wriesbergholzen wurde bis voraussichtlich Montag voll gesperrt.
An der Nordseeküste wehte es ebenfalls heftig. Nur wenige Spaziergänger sind am Strand von Norddeich unterwegs. Der Deutsche Wetterdienst hat eine Sturmwarnung für Teile der Nordseeküste herausgegeben. An der Nordsee seien insbesondere Ostfriesland und Helgoland betroffen, hieß es. Größere Beeinträchtigungen bei den Inselfähren wurden aber zunächst nicht bekannt.
In einer am Donnerstagnachmittag aktualisierten Warnlage des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für Niedersachsen und Bremen hieß es, dass das Orkantief "Emir" unter leichter Abschwächung von Südostengland auf die Nordsee ziehe. Auf den Nordseeinseln sowie im Emsland wurden demnach Sturmböen zwischen 65 und 85 Stundenkilometern erwartet. Für das Binnenland wurde mit stürmischen Böen von etwa 70 Stundenkilometern in exponierten Lagen gerechnet. Für den Abend erwarteten die Wetterexperten im Binnenland und an der See wenig abnehmenden Wind.
Mit extremen Sturmböen und Wellen war "Ciaran" in der Nacht zum Donnerstagüber den Nordwesten Frankreichs und den Südwesten Englands hereingebrochen, ehe der Herbststurm die Niederlande und Deutschland erfasste. Mindestens sieben Menschen kamen ums Leben und etliche wurden verletzt, wie Behörden mitteilten.
In Frankreich gab es zwei Tote und 15 Verletzte, darunter sieben Feuerwehrleute, wie Innenminister Gérald Darmanin mitteilte. Ein Lastwagenfahrer starb, als er in einen umgestürzten Baum krachte. In Le Havre wurde ein Mann beim Schließen seiner Fensterläden von einem Windstoß erfasst und tödlich verletzt. Etwa 1,2 Millionen Haushalte waren ohne Strom und Hunderttausende vom Mobilfunknetz abgeschnitten. Umgestürzte Bäume blockierten Straßen sowie Bahnstrecken. Es gab erhebliche Sachschäden. 13 500 Feuerwehrleute rückten zu rund 3500 Einsätzen aus. Mehr als 1300 Menschen wurden in Sicherheit gebracht.
Sturmböen erreichten örtlich Geschwindigkeiten bis zu 200 Kilometern pro Stunde. Vor dem zur Bretagne gehörenden Departement Finistère - dem westlichsten kontinentalen Zipfel Frankreichs - wurde eine 21 Meter hohe Sturmwelle gemessen.
Auch an der Südküste Englands sorgte der Sturm für Probleme. Tausende Haushalte hatten zwischenzeitlich keinen Strom, wie die Nachrichtenagentur PA meldete. Bäume stürzten um, Straßen waren blockiert. Hunderte Schulen blieben geschlossen. Bahnbetreiber im Großraum London riefen die Menschen auf, nur wirklich notwendige Reisen anzutreten.
Auf der Insel Jersey im südwestlichen Ärmelkanal wurden der Polizei zufolge Windgeschwindigkeiten von bis zu 164 Kilometern pro Stunde gemessen. "Bitte bleiben sie drinnen. Es ist sehr gefährlich da draußen", warnte die Jersey Police. Eine Frau berichtete PA von großen Hagelkörnern: "Die Hagelkörner waren schwerer und größer als ein Golfball und haben uns drei Fenster beschädigt."
In Belgien forderte das Orkantief zwei Todesopfer. In einem Park in Gent stürzte ein Baum auf zwei Fußgänger, von denen einer ums Leben kam. In einem weiteren Park mit Spielplatz wurde eine Fünfjährige von einem schweren, herabstürzenden Ast erschlagen, berichtete die Zeitung De Standaard. In Antwerpen wurde ein Mann von einer umstürzenden Dachkonstruktion schwer verletzt.
In den Niederlanden wurde in Venray nahe der Grenze zum Niederrhein ein Mensch von einem umstürzenden Baum erschlagen, teilte die Polizei mit. An mehreren anderen Orten hatten umstürzende Bäume Menschen verletzt, darunter war eine Frau in Den Haag. Auch Radfahrer waren von herabfallenden Ästen und Bäumen getroffen worden. Wegen des Sturms mit Windböen von bis zu 110 Kilometern pro Stunde waren Hunderte Flüge gestrichen worden. Auch die Züge von und nach Paris fuhren nicht. Auch die Schifffahrt war stark beeinträchtigt.
Das Orkantief traf auch Teile der iberischen Halbinsel und forderte ein Menschenleben. Eine junge Frau wurde in Madrid von einem umstürzenden Baum erschlagen, wie der Rettungsdienst mitteilte. Drei weitere Menschen wurden leicht verletzt. In Mitleidenschaft gezogen wurden von "Ciaran" vor allem der Norden Portugals sowie der Norden und das Zentrum Spaniens. Es gab viel Regen und Windböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometern pro Stunde, die zu Beeinträchtigungen des Bahn- und Luftverkehrs führten. In Madrid wurde der auch bei Touristen beliebte Stadtpark Retiro aus Sicherheitsgründen geschlossen. Auf den Balearen mit der vor allem bei Deutschen beliebten Urlaubsinsel Mallorca wurde mit Alarmstufe Orange in erster Linie vor hohem Wellengang gewarnt.
Update vom 02.11.2023, 15.15 Uhr: Frau stirbt während Sturm - etliche Einsätze in Deutschland
Eine Frau aus Bayern ist am Rammelsberg im Harz durch einen umstürzenden Baum tödlich verletzt worden. Hier tobe ein Sturm, der deutlich stärker als erwartet ausfalle, teilte der Kreisfeuerwehrverband Goslar mit. Die 46-Jährige erlag noch vor Ort ihren Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. Ein Kriseninterventionsteam ist laut Feuerwehr an der Unfallstelle und betreue die Angehörigen. Die Frau sei in Begleitung ihrer beiden kleinen Kinder und ihres Ehemannes am Rammelsberg gewesen. Das ist ein mehr als 600 Meter hoher Berg am Nordrand des Harzes. Er liegt in der Nähe von Goslar. Polizei und Feuerwehr sprachen von einem tragischen Unglücksfall.
Die Kreisfeuerwehr Goslar koordinierte am Donnerstagmittag Einsätze an verschiedenen Orten, mehrere freiwillige Feuerwehren waren ebenfalls im Einsatz. Am Mittag waren die Landstraßen L517 und L516 im Harz wegen umgestürzter Bäume teilweise gesperrt. Auch eine Stromleitung wurde beschädigt.
Zunächst hatten Meteorologen die Auswirkungen des Orkantiefs "Emir" auf Deutschland als gering eingeschätzt, während der Sturm zuvor in Frankreich und Großbritannien getobt hatte. Der Deutsche Wetterdienst hatte dann für Donnerstag doch eine Sturmwarnung für Teile der Nordseeküste und eine Starkwindwarnung für Teile der Ostseeküste herausgegeben. Ein Orkantief ziehe vom Ärmelkanal über England Richtung Nordsee, hieß es am frühen Morgen.
An der Nordsee seien insbesondere Ostfriesland und Helgoland betroffen. An der Ostsee soll es mehrheitlich bei Starkwind bleiben, aber von Flensburg bis Fehmarn und auf Rügen sei mit stärkeren Windböen zu rechnen. Begleitet wird der Starkwind von dichter Bewölkung und Regenschauern bei Temperaturen zwischen 11 und 14 Grad. Zum Wochenende hin soll der Wind leicht abnehmen, es bleibt aber größtenteils stürmisch und regnerisch.
Bereits am Donnerstagmorgen beeinträchtigten erste umgestürzte Bäume den Zugverkehr in Nordrhein-Westfalen. Betroffen waren die Regionen Euskirchen, Remscheid, Mönchengladbach/Viersen und Dorsten. Die Polizei im Märkischen Kreis berichtete von mehreren Einsätzen wegen umgestürzter Bäume und warnte vor umherfliegenden Gegenständen. "Seien Sie also heute besonders vorsichtig unterwegs", schrieb sie im Kurznachrichtendienst X.
Das Orkantief sorgt zudem am Flughafen Berlin-Brandenburg für Flugausfälle von und nach Amsterdam. Die niederländische Fluglinie KLM teilte mit, dass sie ab dem frühen Nachmittag für den Rest des Tages Flüge streichen wird. Am BER fallen laut Angaben auf der Webseite des Flughafens durch diese Entscheidung acht Verbindungen von und nach Amsterdam aus, vier Starts und vier Landungen.
Originalmeldung vom 02.11.2023, 10 Uhr: Gefährlicher Orkan "Emir" erreicht heute Deutschland
Achtung, es bleibt stürmisch: Das Orkantief "Emir" wütet derzeit vor allem in Frankreich und Großbritannien. Dort musste teils sogar der Zugverkehr lahmgelegt und der Katastrophenfall ausgerufen werden, internationale Wetterdienste warnten vor drohender Lebensgefahr, herumfliegenden Trümmerteilen und umstürzenden Bäumen. Aber wird Deutschland den Sturm auch zu spüren bekommen? Der Deutsche Wetterdienst (DWD) liefert eine Einschätzung.
Am Donnerstag (2. November 2023) könne es von der Nordsee bis zum Saarland bis in tiefere Lagen sowie im Bergland teils stürmisch werden. Das Orkantief, das international auch als "Ciarán" bezeichnet wird, soll mit Windgeschwindigkeiten von maximal 85 Kilometern pro Stunde insbesondere über höhere Lagen und über die Nordseeküste fegen. Auf dem Brocken im Harz, dem Feldberg im Schwarzwald und auf einigen Alpengipfeln werden Sturmböen mit Orkanstärke mit bis zu 100 km/h erwartet.
Wettervorhersage für Donnerstag: Orkan "Emir" erreicht Deutschland
Als "so gefährlich wie interessant" beschreibt DWD-Meteorologe Tobias Reinartz die Wetterlage. Denn bisher konnte das Tief bereits "richtig Gas geben". Doch je näher "Emir" Deutschland kommt, desto schwächer werden die Sturmböen. Das heißt: Das Windfeld greift zwar auf uns über, aber nur in sehr abgeschwächter Form, gibt der DWD-Meteorologe Entwarnung. Die Höchstwerte liegen am Donnerstag bei 10 bis 16 Grad Celsius.
Und wie geht es weiter, wenn "Emir" abgeklungen ist? Laut DWD gilt für Deutschland: "Der November macht da weiter, wo der Oktober aufgehört hat", sagte Reinartz. "Die Tiefs geben sich förmlich die Klinke in die Hand."
Das nächste Sturmtief braut sich bereits zusammen, trifft aber erneut vor allem Frankreich. In Deutschland bleibt es in den kommenden Tagen laut DWD-Prognose wolkenreich, unbeständig sowie zeitweise windig bis stürmisch - im Vergleich zu unseren westlichen Nachbarländern kommen wir aber glimpflich davon. Auch für die fränkischen Regionen gibt es schon eine eindeutige Wetterprognose.
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