Kanzler Merz will das Verhältnis zur Türkei nach holprigen Jahren wieder auf einen positiven Pfad bringen. Dazu ist er mit seiner Frau nach Ankara gereist. Wird er dort auch heikle Themen ansprechen?
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will die lange Zeit der von offenen Differenzen geprägten Beziehungen zur Türkei wieder zu einer echten strategischen Partnerschaft machen. Bei seinem Antrittsbesuch in der Türkei wird er heute mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über die Friedensbemühungen in Gaza, den Ukraine-Krieg, die Rüstungskooperation und die Rückführung von Migranten in die Türkei und nach Syrien sprechen. Erstmals wird der Kanzler von seiner Ehefrau Charlotte zu einem rein bilateralen Besuch im Ausland begleitet - eine seltene Geste der Freundschaft.
Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei war in der seit mehr als 20 Jahren anhaltenden Ära Erdogans viele Jahre von harten Auseinandersetzungen über Menschenrechtsverletzungen, inhaftierte Deutsche oder türkische Militäreinsätze geprägt. Die zunehmende Bedeutung der Türkei nicht nur in der Migrationspolitik, sondern auch in Konflikten wie im Nahen Osten oder in der Ukraine hat schon unter der Ampel-Regierung von SPD-Kanzler Olaf Scholz zu einem Entspannungskurs geführt, der jetzt von der schwarz-roten Regierung fortgesetzt wird.
«Positivagenda» angestrebt
Den Ton dafür hatte Außenminister Johann Wadephul vor knapp zwei Wochen bei seinem Antrittsbesuch in Ankara gesetzt. Die Türkei sei ein «strategischer Partner in allen unseren außenpolitischen Belangen und ein guter Freund», sagte er. «Wir wollen insgesamt eine Positivagenda.»
Direkte Kritik etwa am Umgang mit Opposition und Zivilgesellschaft blieb zumindest auf offener Bühne aus. Auf Fragen nach der Inhaftierung des Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu vor sieben Monaten - bis heute ohne Anklage - ging Wadephul nicht ein.
Kurz vor dem Besuch des Kanzlers wurde nun ein neuer Haftbefehl gegen den abgesetzten Istanbuler Bürgermeister erlassen. Die Organisationen Reporter ohne Grenzen und Human Rights Watch erwarten dazu klare Worte von Merz. Auch der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner forderte den Kanzler auf, das Thema anzusprechen.
Termine mit Oppositionspolitikern hat Merz in Ankara nicht vereinbart. Er wolle sich auf sein Treffen mit Erdogan konzentrieren, hieß es vor der Reise. Am Mittag wird er vom Präsidenten nach einer Kranzniederlegung am Mausoleum des Staatsgründers Kemal Attatürk mit militärischen Ehren empfangen (12.00 Uhr MEZ). Es schließen sich Gespräche unter vier Augen und in einem erweiterten Kreis, eine Pressebegegnung und ein Abendessen mit den Ehefrauen an.
Bei dem Treffen dürfte es vor allem um folgende Themen gehen: