Russland schießt mit Marschflugkörpern
Die russische Luftwaffe griff die Ukraine auch in der Nacht auf Sonntag aus der Luft an, wenn auch weniger heftig als am Tag zuvor. Das Kommando der ukrainischen Armee im Süden berichtete von zwei Marschflugkörpern und einer ballistischen Iskander-Rakete. Einer der Marschflugkörper sei abgeschossen worden, hieß es. Der andere sei im Gebiet Mykolajiw eingeschlagen, ohne Schäden anzurichten.
Durch Artilleriefeuer wurde in Cherson ein 64-jähriger Mann getötet, seine gleichaltrige Frau verletzt. Ukrainische Truppen hatten die Stadt vor genau einem Jahr zurückerobert, sie liegt aber immer noch in Reichweite russischer Artillerie.
Über der russischen Grenzregion Belgorod wurde nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine ukrainische Kampfdrohne abgeschossen. Die Angaben der Militärs beider Seiten sind unabhängig oft nicht oder nur verzögert überprüfbar.
Moskau gibt sich stark: Russland unbesiegbar
Ungeachtet einiger russischer Rückschläge gibt sich die Führung in Moskau weiter demonstrativ selbstbewusst. «In Kiew und Washington müssen alle einsehen: Russland ist auf dem Schlachtfeld nicht zu besiegen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Wenn US-Präsident Joe Biden nach eigenen Worten noch an eine Rückeroberung ukrainischer Gebiete glaube, dann zeige dies, dass die US-Politik in einer Sackgasse stecke, sagte Peskow nach Angaben der Agentur Tass für die Politiksendung «Moskau. Kreml. Putin».
Peskow unterstellte, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj aus Verzweiflung immer wieder neue Offensiven verspreche, weil er das Schwinden der westlichen Unterstützung spüre.
Fast fünf Millionen Binnenflüchtlinge in der Ukraine
In der Ukraine seien wegen der seit Jahren andauernden russischen Angriffe 4,9 Millionen Binnenflüchtlinge registriert, berichtete die für Flüchtlingsfragen zuständige Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk im Fernsehen. 3,6 Millionen Menschen seien seit der großangelegten russischen Invasion vom Februar 2022 in andere Teile der Ukraine geflüchtet.
Zuvor hätten die Kämpfe im Donbass in der Ostukraine seit 2014 schon über eine Million Menschen zu Binnenflüchtlingen gemacht. Damals hatten von Moskau kontrollierte Kräfte Teile der Gebiete Donezk und Luhansk abgespalten. Zudem sind nach aktuellen Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge rund 6,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer zeitweise oder dauerhaft ins Ausland geflohen.
Vorschlag: Erstmal nur ein Teil der Ukraine in Nato?
«Wir brauchen eine neue europäische Sicherheitsarchitektur, in der die Ukraine im Herzen der Nato ist», sagte der frühere Nato-Generalsekretär Rasmussen der britischen Zeitung «The Guardian». Er schlug vor, zunächst nur die von der Kiewer Regierung kontrollierten Teile der Ukraine aufzunehmen und die besetzten Gebiete im Süden und Osten des Landes außen vor zu lassen.
Der Teilbeitritt «würde Russland von Angriffen auf ukrainisches Gebiet innerhalb der Nato abschrecken». Moskau müsse verstehen, dass die Ukraine nicht von einem Beitritt abzuhalten sei. Andere Experten und Bündnispolitiker warnen davor, die Ukraine auf diese Weise in die Nato aufzunehmen.