Wie reagiert Deutschland?
Tatsächlich weitet Deutschland den Einsatz seiner Kampfjets im polnischen Luftraum aus. Wie das Verteidigungsministerium in Berlin mitteilte, werden künftig statt zwei, vier Eurofighter-Kampfjets von Rostock-Laage aus über Polen im Einsatz sein. Außerdem werde der bisher nur bis zum 30. September geplante Einsatz zunächst bis zum 31. Dezember verlängert.
Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron kündigte an, drei Rafale-Kampfjets zu entsenden. Die Jets sollten zum Schutz des polnischen Luftraums und der Nato-Ostflanke beitragen.
Welche Rolle spielt Moskaus psychologische Kriegsführung?
In Polen wird das Eindringen der russischen Drohnen auf Nato-Gebiet nicht nur als Akt der militärischen Aggression, sondern vor allem als Teil von Moskaus psychologischer Kriegsführung gewertet. «Russland liegt derzeit nichts daran, einen Krieg im traditionellen Verständnis anzuzetteln. Es geht um Verwirrung. Um das Durcheinanderbringen eines Staats, der nicht weiß, womit er es wirklich zu tun hat», kommentiert die Zeitung «Dziennik Gazeta Prawna».
Regierungschef Tusk mahnte die Bevölkerung, sich nicht an Desinformationskampagnen zu beteiligen. «Die Verbreitung russischer Propaganda und Desinformation in der heutigen Situation ist ein Akt zum Schaden des polnischen Staates, der direkt auf die Sicherheit des Vaterlandes und seiner Bürger abzielt», schrieb Tusk auf X.
Das polnische Digitalisierungsministerium warnte ebenfalls vor Desinformation im Netz und veröffentlichte eine Liste der Erzählungen, die von russischen und belarussischen Quellen verbreitet werden. Dazu gehört die Behauptung, dass die Ukraine das EU- und Nato-Mitglied Polen in den Krieg mit Russland hineinziehen wolle und selbst die Drohnen ins Nachbarland geschickt habe.
Wie ist die Lage an Polens Ostgrenze?
An insgesamt 1.200 Kilometern seiner Ostgrenze hat es Polen mit Nachbarn zu tun, die nicht Teil von EU und Nato sind. Das Land grenzt an die russische Exklave Kaliningrad, an das mit Moskau verbündete Belarus und an die Ukraine (535 Kilometer), die seit mehr als dreieinhalb Jahren einen russischen Angriff abwehrt. Insofern sind Ziele in Polen für russische Drohnen leicht erreichbar, da diese auch aus Belarus oder Kaliningrad gestartet werden können.
Mit besonderer Besorgnis blickt man in Warschau auf das geplante russisch-belarussische Militärmanöver Sapad 2025 (Westen), das vom 12. bis 16. September abgehalten werden soll. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, geht bei der russisch-belarussischen Großübung von rund 13.000 übenden Soldaten in Belarus und weiteren 30.000 auf russischem Gebiet aus.
Welche Konsequenzen gegen Moskau sind möglich?
Vorschläge, um gegenüber Moskau Stärke zu zeigen, gibt es viele: Härtere Sanktionen, einen endgültigen europäischen Ausstieg aus russischem Öl und Flüssigerdgas, die Einziehung eingefrorener russischer Guthaben.
Neben der Stärkung der polnischen Flugabwehr werden auch militärische Schritte diskutiert. Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter nannte es sinnvoll, «die Luftverteidigung über der Westukraine zu übernehmen, also die Luftverteidigung in die Nato-Verteidigung zu integrieren und unbemannte Flugkörper abzuschießen».
Dies ist eine alte Forderung der Ukraine, deren Außenminister Andrij Sybiha wiederholte sie am Mittwoch. Es sei aber keine Entscheidung getroffen, sagte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski. Bislang haben die westlichen Verbündeten Kiews diesen Schritt gescheut, um eine direkte militärische Konfrontation mit Moskau zu vermeiden.
Doch es könnte auch eine Gefahr darin liegen, wenn es keine Konsequenzen gibt. «Die politische Reaktion, wenn auch spät, war sehr klar und geschlossen», sagte die Sicherheitsexpertin Claudia Major dem Deutschlandfunk. «Aber wenn nichts anderes passiert, kann ja eigentlich Russland die Lehre ziehen, sie können beim nächsten Mal noch ein bisschen weitertesten.»