Scholz: Nawalny bezahlte «Mut mit seinem Leben»
Auch viele europäische Politiker reagierten entsetzt. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte: «Wir wissen aber nun auch ganz genau, spätestens, was das für ein Regime ist», sagte der SPD-Politiker. Er erinnerte bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj daran, wie er Nawalny in Berlin getroffen habe, als dieser sich in Deutschland von dem Giftanschlag zu erholen versucht habe. Dabei habe er mit Nawalny auch über den großen Mut geredet, den es erfordere, wieder zurückzugehen in das Land. Scholz: «Und wahrscheinlich hat er diesen Mut jetzt bezahlt mit seinem Leben.»
Kreml bezeichnet westliche Reaktionen als «überdreht»
Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Reaktionen westlicher Politiker derweil als «überdreht» und «inakzeptabel». Es gebe noch keine genauen Informationen von Medizinern, Gerichtsmedizinern oder dem Strafvollzug, sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge. Trotzdem gebe es bereits Reaktionen aus dem Westen. «Es ist offensichtlich, dass das absolut überdrehte und absolut inakzeptable Aussagen sind. Sie sind inakzeptabel», kritisierte Peskow demnach. «Mehr habe ich zu diesem Thema nicht zu sagen.»
Nawalnys Frau ruft zum Kampf gegen russischen Machtapparat auf
Nawalnys Frau Julia Nawalnaja wiederum rief zum Kampf gegen Putins Machtapparat auf. «Ich möchte die gesamte internationale Gemeinschaft, all diejenigen in der Welt, die jetzt zuhören, dazu aufrufen, zusammenzustehen und dieses Böse zu besiegen, dieses furchtbare Regime, das heute über Russland herrscht», sagte Nawalnaja in einer kurzfristig anberaumten Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz. «Dieses Regime und Wladimir Putin persönlich sollten zur Verantwortung gezogen werden für all diese Gräueltaten, die sie in den letzten Jahren in meinem Land, in unserem Land Russland verübt haben.»
Weltweites Gedenken an Nawalny - auch in Russland
Die Nachricht von Nawalnys Tod verbreitete sich rasant - und löste weltweit Trauer, Schock und Wut aus. In vielen verschiedenen Ländern brachten Menschen Blumen und organisierten spontane Kundgebungen. Vor der russischen Botschaft in Berlin etwa versammelten sich mehr als 1000 Menschen. Auch in Hamburg, Düsseldorf und weiteren deutschen Städten gab es Proteste.
Selbst in Russland, wo Proteste äußerst hart unterdrückt werden, trauten sich vielerorts Dutzende Menschen auf die Straßen. Trotz eines hohen Polizeiaufgebots standen beispielsweise im Moskauer Stadtzentrum Menschen zwischenzeitlich Schlange, um Blumen an einer Gedenkstelle für Opfer politischer Repression abzulegen. Auch aus St. Petersburg, Jekaterinburg, Nischni Nowgorod und mehreren anderen Orten gab es ähnliche Bilder. Manche Leute brachten Fotos von Nawalny mit, einige weinten und lagen sich in den Armen. Die Polizei ging hart gegen trauernde Unterstützer vor. In mehreren russischen Städten, unter anderem in Moskau, wurden bis zum späten Freitagabend mehr als 100 Menschen bei Gedenkveranstaltungen festgenommen, wie die Bürgerrechtsorganisation Ovd-Info mitteilte.
Russen machen sich mit alter Nawalny-Aussage Mut
Viele kritische Russen machten sich darüber hinaus in sozialen Netzwerken mit einer früheren Aussage des Kremlgegners Mut. Unter anderem auf Instagram, Telegram und X (früher Twitter) teilten zahlreiche Menschen und Medien einen Ausschnitt aus dem Dokumentarfilm «Nawalny» des kanadischen Regisseurs Daniel Roher, der zwar erst im Jahr 2022 erschien, aber teils noch vor der Inhaftierung des Oppositionellen Anfang 2021 gedreht worden war.
Der Putin-Gegner wird in dem mit mittlerweile mit einem Oscar ausgezeichneten Film gefragt: «Alexej, falls du verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wirst oder falls das Undenkbare eintritt und sie dich töten: Welche Botschaft wirst du dem russischen Volk hinterlassen?» Nawalny antwortet daraufhin: «Für den Fall, dass ich getötet werde, ist meine Botschaft sehr einfach: Gebt nicht auf!»