Attentat auf Slowakei-Präsidenten: Mehrere Schussverletzungen erlitten - so geht es ihm

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Attentat auf slowakischen Regierungschef Fico: So geht es ihm
Robert Fico kurz vor dem Attentat in Handlova. Der Stellvertreter des Regierungschefs sagt, sein Zustand habe sich "stabilisiert, ist aber weiterhin ernst".
Robert Fico
Radovan Stoklasa/TASR/dpa
Attentat auf slowakischen Premier Fico: Wie geht es ihm jetzt?
Nach dem Attentat wurde der slowakische Regierungschef mehrstündig operiert.
Robert Fico
Jaroslav Novák/TASR/dpa
Slowakischer Regierungschef Fico angeschossen und verletzt
Rettungskräfte bringen den angeschossenen und verletzten slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico aus einem Rettungshubschrauber auf einer Trage in ein Krankenhaus in Banska Bystrica.
Slowakischer Regierungschef Fico angeschossen und verletzt
Jan Kroslák (TASR)

Nach einer fünfstündigen Notoperation, die sich der slowakische Ministerpräsident Fico nach einem Attentat unterziehen musste, äußern sich der Verteidigungsminister und die Krankenhausdirektorin zum Gesundheitszustand.

Update vom 16.05.2024, 12.45: Nach Notoperation von slowakischem Präsidenten Fico - wieder bei Bewusstsein

Der erste Stellvertreter der slowakischen Regierung und Verteidigungsminister Robert Kalinak sagte der Nachrichtenagentur TASR am Donnerstag (16. Mai 2024) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Krankenhausdirektorin Miriam Lapunikova, dass sich der Zustand des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico nach dem Attentat "stabilisiert" habe, aber "weiterhin ernst" sei.

Kalinak gilt als enger Vertrauter Ficos und ist auch in der Linkspartei Smer sein Stellvertreter. Demnach sei Fico fünf Stunden lang operiert worden. Slowakische Medien hatten am frühen Morgen berichtet, Fico habe nach der Operation wieder das Bewusstsein erlangt.

Schüsse auf slowakischen Ministerpräsidenten Fico: Genesung könne schwierig werden

Wegen einer Informationssperre des Krankenhauses gab es nur zögerliche Informationen und viele Spekulationen über den Gesundheitszustand des Regierungschefs. Ein Attentäter hatte am Mittwoch (15. Mai 2024) auf den 59-Jährige geschossen.

In der Nacht zum Donnerstag hatte Umweltminister Tomas Taraba der BBC gesagt, nach seinem Kenntnisstand sei die Operation gut verlaufen, Fico befinde sich "im Moment nicht in lebensbedrohlichem Zustand". Taraba ist einer von vier Vertretern Ficos.

Der slowakische Regierungschef Robert Fico hat bei dem auf ihn verübten Attentat mehrere Schussverletzungen erlitten. Seine Genesung könne wegen der Folgen dieser Verletzungen schwierig werden, sagte Krankenhausdirektorin Miriam Lapunikova am Donnerstag in der Regionalhauptstadt Banska Bystrica. Fico befinde sich auch weiterhin in der ständigen Betreuung eines Ärzteteams.

Update vom 16.05.2024, 6.39 Uhr: Slowakischer Premier Fico angeschossen - mehrstündige Notoperation

Ein Attentat auf Regierungschef Robert Fico hat das EU- und Nato-Land Slowakei in einen Schockzustand versetzt. Bis Donnerstagmorgen (16. Mai 2024) herrschte laut dpa Ungewissheit über den Gesundheitszustand des 59-Jährigen, der sich noch am Mittwoch einer mehrstündigen Notoperation in der Regionalhauptstadt Banska Bystrica unterziehen musste.

Innenminister Matus Sutaj Estok und Verteidigungsminister Robert Kalinak, der auch stellvertretender Regierungschef ist, hatten am Mittwochabend direkt in der Klinik verkündet, Ficos Zustand sei lebensbedrohlich und "außerordentlich ernst". Am frühen Morgen berichteten slowakische Medien, Fico habe nach der Operation wieder das Bewusstsein erlangt. Allerdings nannten weder der Fernsehsender TA3 noch die Zeitung Dennik Details zum Gesundheitszustand des Regierungschefs.

71-jähriger Attentäter vernommen - "ein klar politisches Motiv"

In der Slowakei kam die ansonsten hitzig geführte politische Debatte zum Stillstand. Eine turbulente Parlamentssitzung wurde am Mittwochnachmittag abgebrochen und auf unbestimmte Zeit vertagt. Die liberalen Oppositionsparteien sagten vorerst alle politischen Kundgebungen ab. Ursprünglich hatten sie just für Mittwochabend zu einer Massendemonstration gegen die vom Linkspopulisten Fico geführte Regierung und deren Plan einer Auflösung des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens RTVS aufgerufen.

Fico war um etwa 14.30 Uhr von einem Attentäter angeschossen worden, als er sich nach einer Kabinettssitzung im Kulturhaus der Kleinstadt Handlova ins Freie begab, um wartende Anhänger zu begrüßen. Berichten zufolge soll es sich bei dem Täter um einen 71-Jährigen namens Juraj C. handeln, ehemals Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes. Offiziell bestätigt wurde das zunächst nicht. Der Innenminister sagte bloß, der Täter habe "ein klar politisches Motiv" gehabt, das habe eine erste Vernehmung ergeben.

Der TV-Nachrichtensender TA3 und andere Medien bekamen eine Videoaufnahme aus der Polizeistation zugespielt. Darin sagt der benommen wirkende mutmaßliche Attentäter: "Ich stimme der Regierungspolitik nicht zu." Als Beispiel nannte er mit undeutlicher Stimme die von der Regierung geplante Medienreform, gegen die seit Wochen Tausende Menschen demonstrieren. Auch die Frau des mutmaßlichen Täters wurde nach Medienberichten von der Polizei verhört.

Originalmeldung vom 15.05.2024: Politisches Attentat Slowakischer Premier Fico angeschossen - Ärzte kämpfen weiter um sein Leben

Bei einem Attentat ist der slowakische Regierungschef Robert Fico angeschossen und lebensgefährlich verletzt worden. Der 59-jährige linksnationale Politiker wurde nach der Bluttat in der Stadt Handlová am Mittwoch (15. Mai 2024) per Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen. Die Polizei teilte mit, der Angreifer sei festgenommen worden.

Laut Augenzeugen schoss er nach einer Kabinettssitzung mehrmals auf Fico, als dieser vor der Tür Anhänger begrüßen wollte. Nach Einschätzung der Regierung hatte der Mann ein politisches Motiv. Politiker in der ganzen Welt reagierten bestürzt, darunter UN-Generalsekretär António Gutterres, US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz.

Slowakischer Premier Fico angeschossen - hatte der Täter ein politisches Motiv?

Fico hatte erst vor wenigen Tagen der liberalen Opposition vorgeworfen, ein Klima der Feindschaft gegen seine Regierung zu schüren. Es sei nicht auszuschließen, dass es angesichts der aufgeheizten Stimmung irgendwann zu einer Gewalttat komme. Der Gründer und Chef der zuletzt immer nationalistischer gewordenen Linkspartei Smer-SSD ist seit fast 30 Jahren einer der beliebtesten Politiker der Slowakei. Er polarisiert aber zugleich wie kaum ein anderer. Gegner nennen ihn "prorussisch" und werfen ihm vor, die Slowakei auf einen ähnlichen Kurs wie Viktor Orbans Ungarn führen zu wollen.  

Am Abend schwebte Fico noch in Lebensgefahr, wie Innenminister Matúě Šutaj Eštok vor Journalisten in der Klinik in Banská Bystrica sagte, wo Fico operiert wurde.  Nach Informationen des TV-Senders TA3 soll es sich bei dem Täter um Juraj C., einen ehemaligen Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes handeln. Offiziell bestätigt wurde das zunächst nicht. Trotz eines Informationsembargos gelangte der Sender an eine Videoaufnahme aus der Klinik. Darin sagt der benommen wirkende mutmaßliche Attentäter: "Ich stimme der Regierungspolitik nicht zu." Als konkretes Beispiel nannte er mit undeutlicher Stimme die von der Regierung geplante Auflösung des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens RTVS, gegen das seit Wochen Tausende Menschen demonstrieren.

Innenminister Sutaj Estok kündigte verstärkten Polizeischutz für Politiker, aber auch Journalisten an. Zugleich rief er Medien, Politiker aller Lager und die Öffentlichkeit auf, mit der "Hetze gegen politische Gegner in sozialen Medien" aufzuhören.  Der liberale Oppositionsführer Michal Šimečka sagte am Abend alle politischen Aktionen für unbestimmte Zeit ab. Das betreffe auch eine für Mittwochabend geplante Demonstration gegen die Regierung.

Politische Stimmung aufgeheizt - Fico weiter in Lebensgefahr

Augenzeugen berichteten im Fernsehen, vor dem Kulturhaus in Handlová seien fünf Schüsse gefallen, als Fico ins Freie ging, um Hände zu schütteln. Ein Schuss habe ihn in die Brust getroffen. Das Lokalfernsehen RTV Prievidza veröffentlichte ein Video vom Tathergang: Zu sehen ist, wie sich ein Mann an den Zaun drängt und aus unmittelbarer Nähe auf den Ministerpräsidenten schießt.

Staatspräsidentin Zuzana Čaputová sagte, es handele sich bei dem Attentat auch um einen Angriff auf die Demokratie. "Jegliche Gewalt ist inakzeptabel. Die hasserfüllte Rhetorik, derer wir in der Gesellschaft Zeuge geworden sind, führt zu hasserfüllten Aktionen. Bitte, lasst uns damit aufhören." Die liberale Präsidentin hatte sich trotz großer Beliebtheit nicht um eine zweite Amtszeit beworben, weil sie nach eigenen Worten "nach Jahren politischer Krisen und mehreren Regierungswechseln nicht mehr die Kraft" habe. Das Klima zwischen Regierung und Opposition gilt als vergiftet. 

US-Präsident Joe Biden sprach von einer "schrecklichen Gewalttat". "Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und dem slowakischen Volk", erklärte er. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das Attentat auf Fico "unerträglich". "Ich wünsche ihm, dass er sich gut von diesem feigen Anschlag erholt", sagte Scholz.

In Europa ist Fico wegen seiner oft überspitzten Formulierungen zur Ukraine- und Russland-Politik der EU umstritten. Im Wahlkampf für die Parlamentswahl im Herbst 2023, die er gewann, ließ er mit der Ankündigung aufhorchen, er wolle "keine Patrone" mehr an Waffen an die Ukraine liefern. Tatsächlich aber hat die Slowakei seit Ficos Rückkehr an die Regierung im Oktober alle EU-Sanktionen gegen Russland mitgetragen und auch allen EU-Hilfen für die Ukraine zugestimmt - einschließlich der Verwendung eingefrorener russischer Gelder für die Ukraine und Befürwortung eines Beitritts der Ukraine zur EU - nicht aber zur Nato.

Die Sanktionen gegen Russland lehnt Fico entgegen irreführender Medienberichte nicht grundsätzlich ab. Er kritisiert aber, dass manche von ihnen der von russischem Gas, Öl und Uran abhängigen Slowakei mehr schaden als Russland selbst. Stattdessen verlangt er Sanktionen, die Russland empfindlicher treffen.