Wie lebt man weiter, wenn der Albtraum nie zu enden scheint? In der "37°"-Reportage "Das Schweigen brechen. Maras Leben mit dem Trauma" erzählt die Protagonistin von den schlimmsten Erfahrungen ihres Lebens - und wie sie versucht, trotzdem ihren Weg zu gehen.
Wenn ihr ein Mann in Uniform begegnet, hält Mara die Luft an. Ihr Herz schlägt schneller und Angst steigt in ihr auf. Vor sieben Jahren wurde die inzwischen 26-Jährige während ihrer Zeit bei der Bundeswehr zweimal vergewaltigt. Seither bestimmen Angst und Panik ihren Alltag. "Vielen ist einfach gar nicht bewusst, wie lange das nachwirkt, was das mit den Menschen macht", glaubt sie.
Aber Mara kämpft - alleine, denn einen Therapieplatz hat sie bis heute nicht bekommen. In der 37°-Reportage "Das Schweigen brechen. Maras Leben mit dem Trauma" zeigt sie offen, wie sie dennoch versucht, aus ihrem Albtraum zu erwachen.
"Das war der Moment, in dem ich erstarrt bin"
Eigentlich sei die Zeit bei der Bundeswehr "richtig schön" gewesen, erzählt Mara. Doch auf einem Übungsplatz kam es zum ersten Übergriff. "Ich weiß, dass ich am nächsten Morgen ganz doll Angst hatte, rauszugehen", erinnert sich die 26-Jährige.
Am Vorabend waren Mara zwei Kollegen in ihre Stube gefolgt, abschließen konnte sie diese nicht. Sie habe versucht, die Männer wegzuschicken und die Tür zuzuschieben, doch sie habe keine Chance gehabt. "Ich konnte mich körperlich nicht wehren, sondern sie sind einfach reingekommen und dann ist es zu einem ersten Übergriff gekommen."
Mara meldete den Vorfall nicht und versuchte, die Erfahrung zu verdrängen. Doch drei Monate später passierte es noch einmal. Zwei Kollegen, einer von ihnen war auch Täter beim ersten Übergriff, folgten ihr abends nach Hause, drückten sie an die Haustür. "Der eine hat mich festgehalten und der andere hat mich einfach ausgezogen und angefangen. Und das war der Moment, in dem ich erstarrt bin." Alles sei "dumpf" und "neblig" gewesen, erzählt Mara. Nach einer Weile habe sie sich losreißen können und sei alleine ins Haus gelangt. "Ich habe einfach nur geweint", erinnert sie sich.
Mara machte keine Therapie "damit meine Glaubwürdigkeit nicht an Gewichtung verliert"
Eine Woche später habe sie ihrem Chef von den Übergriffen erzählt. Doch die Bundeswehr "hat gar nicht wirklich reagiert". Ihre Aussage sei zwar weitergegeben worden, "aber danach wurde weder ich ernst genommen noch wurde mir irgendeine Hilfe angeboten", erinnert sich Mara. Die Täter wurden beurlaubt, doch sie sollte weiter zum Dienst erscheinen. Mehrmals habe sie nach den Gründen gefragt. "Da wurde mir dann das erste Mal deutlich gemacht: 'Nur weil du das sagst, heißt das nicht, dass das so gewesen ist.'"
Es dauerte fünf Jahre, bis die Täter verurteilt wurden. "Dass man mir glaubt, war mir das Allerwichtigste an dem ganzen Verfahren", erzählt Mara. Während dieser Zeit machte sie keine Therapie, weil ihr davon abgeraten wurde - "damit meine Glaubwürdigkeit nicht an Gewichtung verliert". Dabei sei genau diese Zeit die "anstrengendste, anspruchsvollste und retraumatisierenste".