Gero von Boehm traut sich was: Sechs Jahre nach dem Tod des Modezars Karl Lagerfeld will er dessen letzte Geheimnisse lüften. In der 3sat-Doku "Karl - Der Mann hinter der Maske" kommen Musen wie Claudia Schiffer und Nadja Auermann zu Wort - und der Mann, der ihn besser kannte als jeder andere.
Auch wer nie mit sündteurer Haute Couture in Berührung kam, war plötzlich mittendrin, wenn Karl Lagerfeld den Ring irgendwelcher Talkshows betrat. Etwaiges Entsetzen über Lagerfelds Outfit mit Vatermörder, Finger-losen Autofahrer-Handschuhen, Sonnenbrille und weißem Pferdeschwanz wich bald größtem Einverständnis.
Zur Abneigung waren die druckreifen Bonmots des letzten Vertreters einer alten Zeit, der von sich behauptete: "Ich bin immer der gleiche dumme Hamburger Jung' geblieben", viel zu gut. Sein hochtrabender, selbstironischer Zynismus, stets mit Understatement gepaart, war viel zu überzeugend, um sich davon abzuwenden.
Schon zu Lebzeiten sei Lagerfeld "eine Ikone" gewesen, sagt die 3sat-Redaktion, er habe es verstanden, sich perfekt in Szene zu setzen, "doch Privates drang nie nach außen". Umso herausfordernder, sechs Jahre nach Lagerfelds Tod am 19. Februar 2019 wieder mal nachzufragen: Wer war Karl Lagerfeld, "der Mann hinter der Maske", wirklich?
Claudia Schiffer: Karl Lagerfeld war ihr "magischer Feenstaub"
The Games must go on, Gero von Boehm, Autor und Regisseur zahlreicher Personenporträts von Arthur Miller bis, ja auch Karl Lagerfeld ("Glücklich bin ich nie", 1999), sammelt im neuen 3sat-Film "Karl - Der Mann hinter der Maske" die Statements von Freunden und Vertrauten Lagerfelds ein. Dessen Geburtsdatum schwankte lange zwischen 1933 und 1938, bis ehrgeizige Privathistoriker anhand von Geburtstagsgrüßen den 10. September 1933 für ausgemacht fanden.
Daniel Brühl, der sich anlässlich der Disney-Serie "Becoming Karl Lagerfeld" (2024) intensiv mit dem Couturier beschäftigte, hat im Film ein Wörtchen mitzureden. Der Schauspieler sagt: "Ich habe nur die Kunstfigur kennengelernt. Es war eine tolle, knackig-kurze Begegnung." Dann habe es den einem Moment gegeben, in dem er die Brille runternahm und Brühl ihm in die Augen schauen konnte: "Diese zwei, drei Sekunden fand ich spannend, weil so viel los war in dem Blick. Der war zwar scharf und distanziert und klug, aber er war auch ganz zart und ganz romantisch."
Claudia Schiffer, mittlerweile 54 und Mutter von drei Kindern, traf Lagerfeld erstmals mit 19 Jahren. "Karl war wie mein magischer Feenstaub", sagte sie in der Doku. "Er verwandelte mich von dem schüchternen deutschen Mädchen in das Supermodel. Dafür werde sie ihm "ewig dankbar sein".
"Wir lebten wie ein 'Paar' zusammen, in Anführungszeichen"
Lagerfeld engagierte sie als Model für das Modehaus Chanel, dessen Chefdesigner er nach Lehrjahren bei Balmain, Patou und Cloé ab 1983 war. Nach dem Tod der Patronin brachte er Chanel bekanntlich auf Vordermann und wurde zu dem, was er schon immer war: der "Planet", der "Kaiser" Karl.