"Entgleisung sondergleichen": Komiker Mockridge reißt hämischen Para-Sportler-Witz - Sender reagiert radikal

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"Wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen" - mit diesem Witz über Para-Sportler hat Komiker Luke Mockridge für viel Ärger gesorgt. Nun stampft der Privatsender Sat.1 eine Sendung mit dem 35-Jährigen ein.

Update vom 09.09.2024: Komiker Mockridge verhöhnt Paralympics - Sat1 zieht Konsequenzen

Radikale Konsequenzen: Nach hämischen Bemerkungen über Para-Sportler nimmt der Sender Sat.1 eine Show des Komikers Luke Mockridge aus dem Programm. Sat.1 habe sich entschieden, seine neue Show "Was ist in der Box?" am 12. September nicht zu starten, teilte ein Sprecher mit. Zuvor hatten die Süddeutsche Zeitung und die Bild berichtet.

"Die Aussagen zu behinderten Menschen und Para-Sportlern, über die sich viele Menschen zu Recht empören, passen nicht zu unseren Werten", teilte der Sprecher mit. Mockridge habe schnell erkannt, was er mit diesen Sätzen alles falsch gemacht habe. Er habe sich deshalb öffentlich glaubhaft entschuldigt.  Weiter sagte der Sprecher: "Wir wünschen uns, dass Luke Mockridge einen Weg findet, seiner Entschuldigung Taten folgen zu lassen und das Thema im Sinne aller Menschen mit Behinderung und im Sinne aller Para-Sportlerinnen und Sportler, die uns aus Paris mit ihren Leistungen beeindruckt und verzaubert haben, weiter aufzuarbeiten."

Heftige Reaktionen auf Para-Sportler-Witz - "fuckt mich ab"

In einem Podcast hatte der 35-Jährige Athletinnen und Athleten der Spiele in Paris, die an diesem Sonntag zu Ende gehen, verhöhnt. "Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken - und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen", hatte Mockridge in dem Podcast "Die Deutschen" unter anderem gesagt. Der Talk wurde bereits Mitte August veröffentlicht.  Nach großer Kritik an seinen Aussagen ruderte er zurück und entschuldigte sich bei den Sportlern. "Selbstverständlich war es nie meine Absicht, Menschen mit Behinderung ins Lächerliche zu ziehen – besonders während dieser großartigen Paralympischen Spiele", schrieb Mockridge bei Instagram.

"Aus meiner eigenen Erfahrung bei der Arbeit mit behinderten Menschen habe ich immer einen scharfen, schwarzen Humor erlebt, den ich gefeiert habe. Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid", schrieb er: "Es fuckt mich auch ab, dass Medien zum Ende dieser Paralympischen Spiele mehr über mich sprechen und nicht über das Turnier."

Die Empörung ist groß: Die nach einem Trainingsunfall im Rollstuhl sitzende zweimalige Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel kommentierte in den sozialen Netzwerken die Aussagen und bezeichnete sie als "unfassbar". Kugelstoß-Weltmeister und Paris-Silbermedaillengewinner Niko Kappel erklärte auf dpa-Anfrage: "Luke Mockridge und seine beiden Mitstreiter haben Pech, dass Menschenverachtung, Ignoranz und Geschmacklosigkeit nicht paralympisch sind. Sonst hätten sie diese tollen Spiele als Athleten erleben können und wären heiße Gold-Kandidaten gewesen."

Goldmedaille für "Menschenverachtung, Ignoranz und Geschmacklosigkeit" - Para-Sportler äußern sich zu Mockridge-Witz

Vor der Entschuldigung hatte der Deutsche Behindertensportverband (DBS) auf die Verspottung mit einer Einladung für Mockridge reagiert. "Wir möchten dazu ermuntern, sich Para-Sport live anzuschauen, um zu erleben, zu welch beeindruckenden Leistungen Menschen mit Behinderungen in der Lage sind - und, um zu verstehen, welche Bereicherung sie für unsere Gesellschaft sind." Der Comedian erklärte, dass er die Einladung "sehr gerne" annehmen wolle. Er freue sich auf den Perspektivwechsel und darauf, aktiv zu lernen.

Der Präsident des Behinderten- und Rehasportverbands Berlin hatte vor Mockridges Stellungnahme eine Entschuldigung gefordert und sprach von einer "Entgleisung sondergleichen. Das kann weder als Comedy noch als bloße Dummheit abgetan werden", sagte Özcan Mutlu der Deutschen Presse-Agentur: "Solche herabwürdigenden Äußerungen sind absolut inakzeptabel und verdienen scharfe Verurteilung." Mockridge solle sich zutiefst schämen.

Ursprungsmeldung: Mockridge verhöhnt Paralympics - mit geklautem "Witz"

"Komiker" und Fernsehmoderator Luke Mockridge hat mit seinen Kommentaren über die Paralympics Entrüstung und Entsetzen ausgelöst. In einem Podcast verhöhnte der 35-Jährige die Athletinnen und Athleten der Spiele in Paris, die an diesem Sonntag (7. September 2024) zu Ende gehen. "Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken - und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen", hatte Mockridge in dem Podcast "Die Deutschen" unter anderem gesagt. 

Der Podcast wurde bereits Mitte August veröffentlicht. Dass die Aussagen nun so in die Öffentlichkeit geraten sind, dürfte am Posting von Kristina Vogel, zweimalige Olympiasiegerin im Bahnrad, bei Instagram liegen. "Für die Frage, warum Menschen sich den Mund fusselig reden, weil es immer noch welche gibt, die eine so menschenverachtende Sch** erzählen und behinderte Menschen einfach so niedermachen. Hier einfach ein Beispiel, es ist unfassbar", schrieb sie. Nach einem Trainingsunfall ist die ehemalige Weltklasse-Bahnradsportlerin querschnittgelähmt. Sie teilte in ihrer Instagram-Story auch einen kurzen Ausschnitt mit weiteren Aussagen von Mockridge.

Mockridge macht sich über Paralympics lustig - mit geklautem Witz?

Im Netz wurde inzwischen die Vermutung aufgestellt, dass der 35-Jährige einen Teil des "Witzes" von einem US-Comedian geklaut hat.  So hatte Mockridge in dem Podcast seine Gedanken über die Entstehung der Paralympics geäußert: "Abgefahren: Der Erste, der ein anderes Land angerufen hat und gesagt hat: 'Ey, Du kennst doch die Olympischen Spiele. Ich habe eine ähnliche Idee. Ihr habt doch auch Behinderte in Eurem Land. Sollen wir mal schauen, wer Schnellere hat?'". Einen ähnlichen Witz machte auch Shane Gillis 2021 bei einem Auftritt in Austin, der auch auf Youtube zu finden ist.

Er sprach jedoch über die Special Olympics, der Sportbewegung für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung oder Mehrfachbeeinträchtigung. Gillis war für die Organisation zeitweise als Coach tätig. "Wir alle stimmen zu, dass die Special Olympics ein gutes Programm sind. Ich glaube aber, dass der Typ, der die Idee dazu hatte, ein echtes Risiko eingegangen ist", sagte Gillis. "Es ist wild, sowas zum ersten Mal vorzuschlagen. Ein Typ in einer Vorstandssitzung sagt: 'Ich hab eine Idee. Die aus der Nachbarstadt sagen, ihren wären schneller. Wir sollten diese 'Motherfuckers' gegeneinander antreten lassen.'" Auch Mockridge bezeichnete die Idee als "wild", dann folgte die "und wer als Letzter ertrinkt, hat gewonnen"-Aussage. Gillis stellte dagegen direkt klar: "Ich mache keine Witze über die Athleten. Das Konzept ist wild." Diesen Part wollte Mockridge scheinbar nicht übernehmen. 

Kugelstoß-Weltmeister und Paris-Silbermedaillengewinner Niko Kappel erklärte auf dpa-Anfrage: "Luke Mockridge und seine beiden Mitstreiter haben Pech, dass Menschenverachtung, Ignoranz und Geschmacklosigkeit nicht paralympisch sind. Sonst hätten sie diese tollen Spiele als Athleten erleben können und wären heiße Gold-Kandidaten gewesen." 

Mockridge entschuldigt sich auf Instagram

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) reagierte in einem Statement mit einer Einladung. "Wir möchten dazu ermuntern, sich Para-Sport live anzuschauen, um zu erleben, zu welch beeindruckenden Leistungen Menschen mit Behinderungen in der Lage sind - und, um zu verstehen, welche Bereicherung sie für unsere Gesellschaft sind", hieß es in der Mitteilung. "Eine größere Aufmerksamkeit möchten wir diesem Beitrag nicht widmen." Wer die letzten Tage der Paralympischen Spiele live mitverfolgen möchte, findet hier eine Übersicht der Live-Streams in der ARD.

Der Präsident des Behinderten- und Rehasportverbands Berlin forderte eine Entschuldigung und sprach von einer "Entgleisung sondergleichen. Das kann weder als Comedy noch als bloße Dummheit abgetan werden", sagte Özcan Mutlu der Deutschen Presse-Agentur: "Solche herabwürdigenden Äußerungen sind absolut inakzeptabel und verdienen scharfe Verurteilung." Mockridge solle sich zutiefst schämen.

Nach großer Kritik an seinen Aussagen rudert er zurück und entschuldigt sich bei den Sportlern. "Selbstverständlich war es nie meine Absicht, Menschen mit Behinderung ins Lächerliche zu ziehen – besonders während dieser großartigen Paralympischen Spiele", schrieb Mockridge bei Instagram. "Aus meiner eigenen Erfahrung bei der Arbeit mit behinderten Menschen habe ich immer einen scharfen, schwarzen Humor erlebt, den ich gefeiert habe. Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid."

Schon in der Vergangenheit hatte Mockridge für Wirbel gesorgt, unter anderem mit einem irritierenden Auftritt im "ZDF-Fernsehgarten". "Die Witze allerdings, die Luke Mockridge heute von sich gegeben hat, trafen weder unseren Humor, noch den des Publikums. Mehr gibt es leider nicht zu sagen, der Auftritt spricht für sich selbst", hatte das ZDF damals mitgeteilt. Der Komiker Mockridge hatte einst zu den Sender-Gesichtern von Sat.1 gezählt. Im August 2021 hatte er eine Auszeit angekündigt und war seither im Fernsehen kaum mehr in Erscheinung getreten. lm/mit dpa

Vorschaubild: © Rolf Vennenbernd (dpa)