Bestes Beispiel ist der Netflix-Erfolg «Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer» vom vergangenen Jahr. Die Hinterbliebenen der Opfer des US-Serienmörders kritisierten, sie seien durch die Serie retraumatisiert worden. Solche Sendungen seien vor allem «eine Bühne für Täter», findet Salesch.
Salesch: Bin keine Krawalltante
Die 73-Jährige mit den auffälligen, rot gefärbten Haaren hat während der 60-minütigen TV-Gerichtsverhandlung oft einen kessen Spruch auf den Lippen - doch im Gegensatz zu Reality-Shows wie «Das Sommerhaus der Stars» und Formaten mit Dieter Bohlen geht es beim RTL-Strafgericht äußerst gesittet zu.
«Fernsehen muss zwar abwechslungsreich und unterhaltsam sein. Ich bin aber keine Krawalltante, sondern Richterin. Eine Richterin tanzt nicht auf den Tischen, sondern hört im Wesentlichen zu. Das ist eh das Entscheidende.»
Außerdem widersetzt sich die routinierte Richterin, die das Strafmaß je nach Ablauf der Verhandlung spontan festsetzt, dem allgegenwärtigen Jugendwahn, den vor allem Schauspielerinnen beim Fernsehen beklagen. RTL hätte schließlich auch eine 30-jährige Juristin für das Gerichtsshow-Revival präsentieren können.
«Die Leute wollen mich sehen»
«Das hätten sie machen können. Aber ich glaube, die Sendung wäre im Keller», entgegnet die in Karlsruhe geborene TV-Richterin selbstbewusst. «Die Leute wollen mich sehen, das haben alle Untersuchungen ergeben.»
Darin sieht auch die Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher den Hauptgrund für den Erfolg der Sendung. «Aus meiner Sicht hängt vieles von der Person Barbara Salesch ab. Sie wirkt authentisch, ist humorvoll und vertritt klare moralische Positionen.»
Geht es nach der Hobby-Malerin Salesch, die in Ostwestfalen auf einem Bauernhof lebt und ein Atelier besitzt, wird sich daran so schnell nichts ändern. Aber: «Wenn ich eines Tages nicht mehr so viel schaffe, bitte ich vielleicht für einen Tag in der Woche um eine Stellvertreterin. Aber bitte mit glaubhafter Lebenserfahrung. Aber noch schaff ich es.»