Ein Advent ohne Schokolade ist wie ein Topf ohne Deckel. Damit das Genussvergnügen ungetrübt ist, gibt es eine Reihe von Geheimnissen. Eine preisgekrönte Schokoladen-Expertin erklärt.
Die Schokolade-Weihnachtsmänner stehen im Supermarktregal schon Schlange, der Duft beim Öffnen einer feinen Tafel und der Anblick von schokoladigem Konfekt können jeden trüben oder kalten Adventsnachmittag zum Gourmet-Erlebnis machen. Was das Geheimnis guter Schokolade ausmacht:
Conchieren
Die Schokolade, die Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals nach Europa kam, war zwar heiß begehrt, etwa zur Steigerung der Liebeslust. Sie wurde aber getrunken, denn die Stücke waren trocken und bröcklig. Der Schweizer Schokoladenfabrikant Rodolphe Lindt wollte zarte Schokolade herstellen. Er probierte 1879 viel aus, rührte die Schokoladenmasse, aber nichts wirkte. Eines Freitagsabends verließ er frustriert die Fabrik, ließ aber die Rührmaschine an. Als er am Montag zurückkam, staunte er: er fand eine cremige, glänzende Schokoladenmasse vor, die auf der Zunge zart schmolz. Damit war das Conchieren erfunden. Bis heute wird Schokoladenmasse mehrere Stunden bei verschiedenen Temperaturen gerührt. So verflüchtigen sich eher saure Aromen und Kakao-Partikel und -butter verbinden sich perfekt.
Schmelzen
Für eigene Schokoladenkreationen muss Schokolade über dem Wasserbad geschmolzen werden. Ob helle, dunkle oder Blockschokolade macht qualitativ keinen Unterschied, sagt Géraldine Müller Maras, von Beruf Chocolatière. Sie schaffte es 2015 beim Wettbewerb «World Chocolate Masters» als einzige Frau unter die zehn besten der Welt. Müller Maras arbeitet bei Maison Cailler, der ältesten noch aktiven Schokoladenmarke der Schweiz, gegründet 1819 von François-Louis Cailler. Sie ist heute Teil des Nestlé-Konzerns. Beim Wasserbad wichtig: Die Platte ausstellen, wenn das Wasser kocht. Die Schüssel darf das Wasser nicht berühren, damit die Schokolade nicht anbrennt. Bei etwa 45 Grad ist die Schokolade ideal geschmeidig-flüssig.
Temperieren
Damit die Schokolade flüssig genug zum Einfüllen in Förmchen ist, aber trotzdem später richtig fest wird, ist das Temperieren unabdingbar: «Die Masse braucht stabile und instabile Kristalle», sagt Müller Maras. Deshalb streicht sie zwei Drittel der aufgelösten Masse auf eine kalte Marmorplatte. Sie schiebt sie mit einem Spachtel immer wieder zusammen und streicht sie aus, damit sie abkühlt, auf etwa 27 Grad. Langsam wird die Masse fester, ehe Müller Maras sie zurück zu dem flüssigen Drittel gibt und das Ganze wieder gut verrührt. Präzision ist der Schlüssel zum Erfolg: Die Verarbeitungstemperatur für dunkle Schokolade liegt bei 30 bis 32 Grad, die bei Milch- und weißer Schokolade bei 28 bis 30 Grad.
Gefahr Flüssigkeit
Beim Wasserbad darf niemals Wasser in die Schokoladenschüssel geraten. «Es klumpt sofort, man kann das nicht mehr schmelzen», sagt Müller Maras. Leider habe auch Cognac oder jeder andere Alkohol den Effekt: «Flüssige Schokolade und Flüssigkeit geht gar nicht», sagt sie. Möglich sind Pralinen: Da kann die Alkoholfüllung in eine vorher gegossene und gefestigte Schokoladenform gegossen werden.
Kakaobutter
Die Kakaobohnen, also die Samen des Kakaobaums, bestehen zu 50 Prozent aus Kakaobutter. Sie werden leicht fermentiert und geröstet, damit sich die Aromen entwickeln können und die Schale abgeht, dann gemahlen, bis die Kakaomasse entsteht, die dann mit Zucker und anderen Zutaten verfeinert wird. Ein hoher Fettgehalt macht Schokolade dünnflüssiger, wie Kuvertüre etwa. Sie eignet sich, um etwas mit einer dünnen Schokoladenschicht zu überziehen. Man kann Kakaobutter auch durch andere Fette ersetzen, dann wird es billiger, aber Müller Maras erkennt gute Schokolade daran, dass keine anderen Fette verwendet werden.
Weiße Schokolade enthält neben Milch und Zucker übrigens nur Kakaobutter. Dunkle Schokolade hat mehr Kakaomasse als helle, ein Qualitätsunterschied sei das aber nicht, sagt Müller Maras: «Das ist reine Geschmackssache.» Wer auf seine Ernährung achtet: Generell gilt «je mehr Kakaomasse, desto weniger Zucker».