Millionen teure "WM-Gala" erfunden? Schwere Vorwürfe gegen DFB-Funktionäre

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Fast 18 Jahre nach der Fußball-WM in Deutschland wird vor Gericht gegen drei frühere Topfunktionäre des DFB wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung verhandelt.

Im Sommermärchen-Prozess müssen sich drei ehemalige Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes ab diesem Montag (4. März 2024, 10 Uhr) vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2006 in Deutschland Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall vor. 

Laut dem Landgericht Frankfurt/Main habe das Trio Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuern sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von über 13,7 Millionen Euro "zugunsten des DFB verkürzt"

Im Hintergrund steht der Vorwurf der Bestechung - Beckenbauer im Fokus

So hätten die Funktionäre eine 2005 getätigte Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband FIFA in der Steuererklärung des Verbandes für das Jahr 2006 unrechtmäßig als Betriebsausgabe deklariert.

Demnach wäre das Geld für eine "WM-Gala" geflossen, die aber so nie stattgefunden hatte. Wofür das Geld tatsächlich verwendet worden war, ist weiterhin unklar. Über Bestechungen im Zusammenhang mit der WM-Vergabe wurde seit vielen Jahren spekuliert. Im Fokus stand dabei der mittlerweile verstorbene Vorsitzende des Organisationskomitees Franz Beckenbauer. Aufgeklärt wurde der Fall nie. 

Alle drei aktuell Beschuldigten hatten den Vorwurf der Steuerhinterziehung stets zurückgewiesen. Für die Hauptverhandlung vor der Wirtschaftsstrafkammer sind zunächst 24 konkrete Sitzungstermine vorgesehen. Der Prozess wird sich demnach wohl noch über Monate hinziehen. Die Hintergründe im Überblick:

Wer sind die Beschuldigten?

Angeklagt sind die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger (2004 bis 2012) und Wolfgang Niersbach (2012 bis 2015) sowie der frühere Generalsekretär Horst R. Schmidt. Das Trio gehörte wie der unlängst gestorbene Franz Beckenbauer zum Organisationskomitee der Fußball-WM 2006 in Deutschland. 

Was sagen die Angeklagten?

Alle drei haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen. So sagte Zwanziger vor dem Prozess-Auftakt: "Ich freue mich, dass in einer öffentlichen Hauptverhandlung dieser Fall für jedermann sichtbar aufgeklärt wird. Dann kommt endlich die Wahrheit auf den Tisch, und die muss ich nicht fürchten." Niersbachs Anwälte teilten mit: "Die Hauptverhandlung wird ergeben, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in der Sache unzutreffend sowie rechtlich haltlos sind. Am Ende dieses mehr als acht Jahre andauernden Strafverfahrens kann daher nur ein Freispruch unseres Mandanten stehen."

Sind neue Erkenntnisse über den Zweck der dubiosen 6,7 Millionen Euro zu erwarten?

Nein. In dem Prozess geht es ausschließlich um die Frage, ob diese Summe vom DFB in der Steuererklärung falsch verbucht worden ist. Eine Aufklärung der Affäre wird es ohnehin kaum noch geben können, nachdem die wichtigsten Zeugen wie Beckenbauer mittlerweile tot sind. Klar ist lediglich, dass Beckenbauer das Geld 2002 als Privatdarlehen vom französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus, der mittlerweile ebenfalls gestorben ist, erhalten hatte. Wofür die Millionen letztlich verwendet wurden, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. 

Hat das Urteil in dem Prozess Auswirkungen auf den DFB?

Ja, denn dem Verband wurde 2017 von den Finanzbehörden im Zuge der Affäre rückwirkend die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt. Der DFB musste deshalb rund 22,5 Millionen Euro Steuern nachzahlen. Eine Klage des Verbandes gegen diesen Bescheid ist beim Finanzgericht in Kassel bis zum Abschluss des Sommermärchen-Prozesses ausgesetzt - und dürfte nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn Zwanziger, Niersbach und Schmidt freigesprochen werden. rowa/mit dpa

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