"Die Rahmenbedingungen haben sich grundlegend geändert. Wir haben einen Bewerbermarkt, auf dem die Jugendlichen aus einer Vielzahl an Alternativen schöpfen können", sagt Thomas Hager, Teamleiter Berufsberatung bei der Arbeitsagentur Bayreuth-Hof. Der Trend gehe grundsätzlich "zum höchst möglichen Schulabschluss". Daran schließe sich dann eventuell noch ein Studium an.
Vor fünfzehn Jahren hätte man sich die Auszubildenden noch aus mehreren Bewerbern aussuchen können, berichtet auch Hahn. Davon sei heute "nur noch ein Bruchteil" übrig. Gleiches gelte für ausgelernte Fachkräfte. In Zukunft werde die Situation "definitiv nicht einfacher werden".
Als kleiner, familiengeführter Betrieb habe man nicht die Kapazitäten, durch außergewöhnliche Angebote oder Aktionen Bewerber anzulocken. Manche wüssten aber auch die Vorteile eines kleinen Betriebs gegenüber einer großen Firma, in der man nur Mitarbeiter X oder Y sei, zu schätzen.
Offene Kommunikation
Hager rät Betrieben, offen und ehrlich zu kommunizieren - zum Beispiel was eine mögliche Übernahme nach dem Ende der Ausbildung oder das anschließende Gehalt betrifft. Und: "Jede Firma muss sich des Wettbewerbs um die besten Köpfe bewusst sein. Der Betrieb muss realistisch einschätzen, was er bieten kann und welches Bewerberpotenzial er damit erreichen und überzeugen kann."
Noten nicht immer entscheidend
Betriebe sollten sich auch überlegen, Schülern mit einem etwas schlechteren Notenspiegel, die aber handwerkliches Geschick und Motivation zeigen, eine Chance zu geben. Das sieht Hahn ähnlich. Sie erklärt, dass sie nicht in erster Linie nach dem Abschlusszeugnis entscheide. Das Interesse und der Spaß an der Arbeit seien die entscheidenden Faktoren. "Damit geht vieles leichter, auch in der Berufsschule." Ebenso könne jemand, der vielleicht nur einen Dreier-Gesellenbrief habe, ein toller Praktiker sein.
Gleichzeitig würden in vielen Ausbildungsberufen jedoch hohe Anforderungen an die Lehrlinge gestellt, berichtet Hager. Die im Handwerk benötigten Qualifikationen würden oft eher unterschätzt, sagt Hahn. Mittlerweile laufe zum Beispiel sehr viel über Elektronik, etwa bei der Diagnose. "Das wissen viele gar nicht."
290 Ausbildungsstellen sind im Landkreis aktuell noch als unbesetzt gemeldet, wie aus der Juli-Statistik der Arbeitsagentur hervorgeht. Insgesamt 88 Bewerber haben zum Stichtag 30. September noch keine Stelle in Aussicht. Eine seriöse Schätzung, wie viele Betriebe und Bewerber hier noch zueinanderfinden sei kaum möglich, so Hager. "Zuerst einmal müssen die Wünsche der Bewerber und die Anforderungen der Betriebe zueinander passen."
Der Start einer Ausbildung sei noch bis Oktober möglich. "Junge Menschen, die bisher noch keinen Ausbildungsplatz haben, sollten daher noch nicht aufgeben."