Über Mini-PV-Anlagen für den Balkon entscheidet nur der Vermieter.
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Balkonkraftwerke zur Eigenproduktion von Strom sind sehr beliebt. Sie sind günstig in der Anschaffung. Bei Mietwohnungen ist die Genehmigung durch den Vermieter nur schwer zu erreichen. Gerichte und neue gesetzliche Reglungen sollen jetzt helfen.
Rund ein Drittel aller Versuche von Mietern, die Stromrechnung mit eigenen Modulen am Balkon zu senken, scheitern am Widerstand des Vermieters. Das sagt zumindest die Bundesregierung. Im Gesetzentwurf zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten heißt es: "Es wird geschätzt, dass derzeit zwei Drittel der gestellten Anträge genehmigt und ein Drittel abgelehnt wird." Oft sind es fadenscheinige Begründungen, mit denen das passiert. Wobei es keineswegs nur private Vermieter sind, die mauern.
Selbst Wohnungsgenossenschaften oder -gesellschaften erteilen Mietern, die das Mini-Kraftwerk auf ihrem Balkon installieren wollen, eine Abfuhr. Helfen will jetzt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit einer Musterklage. Aber vielleicht schafft es der Gesetzgeber für mehr Klarheit zur sorgen. Die Beratungen über die Gesetzentwürfe im Bundestag haben begonnen.
Vermieter entscheidet noch allein über Balkonkraftwerk
Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), erklärt im Online-Portal energiewende-tipps.de, dass Mietverträge eindeutige Regelungen treffen. Bauliche Veränderungen sind danach nur mit Zustimmung des Vermieters erlaubt. Balkonkraftwerke fallen unter diesen Passus. Bei den Paneelen auf oder am Balkon gibt es bauliche Veränderungen. Noch liegt es im Ermessen des Vermieters, ob er dem zustimmt oder nicht. Wann und warum kann eine Vermieterin oder Vermieter ein Balkonkraftwerk ablehnen? Ausgangspunkt, für einen möglichen Streit, ist die (noch) unklare Gesetzeslage. Vermieter oder Wohnungseigentümergemeinschaften (im Fall von Eigentumswohnungen) können sich auf unklare Gesetze berufen, um die Installation abzulehnen. Dabei können sie drei Argumente anführen. Wenn die Mini-PV-Anlagen:
die Struktur des Gebäudes,
die Sicherheit oder das
ästhetische Erscheinungsbild
beeinträchtigen, ist der Vermieter berechtigt, die Installation abzulehnen. Die Sicherheit ist ein wichtiger und einsichtiger Aspekt, der gegen die Mini-PV-Anlage sprechen kann. Nicht zuletzt aus diesem Grund gab es bislang eine Begrenzung der Leistung auf 600 Watt. Vermieter können die Installation ablehnen, wenn Sicherheitsstandards nicht erfüllt sind. Stichworte sind Brandgefahren, Statik und Windlasten. Darüber hinaus hat jedes Gebäude eine elektrische Infrastruktur und eine maximale Auslegung der Stromkapazitäten, die durch die Leitung fließen kann. Wird die Kapazität überschritten, kann der Vermieter das Balkonkraftwerk ablehnen.
Umwelthilfe hofft auf erfolgreiche Musterklage in Köln
Die DUH geht jetzt, parallel zur Gesetzesinitiative der Bundesregierung, mit einer Musterklage gegen die Blockade von Balkon-Solarmodulen vor. In dem Fall handelt es sich um einen Mieter in Berlin, dessen Wohnungsgenossenschaft im ersten Schritt Steckersolargeräte pauschal ablehnte. Nach "intensiver Überzeugungsarbeit" habe die Genossenschaft zwar grundsätzlich zugestimmt, nun aber "absurde Bedingungen" gestellt, zitiert die DUH den Mieter. Zu den Auflagen hätten eine Freigabeerklärung durch die Feuerwehr und die Prüfung der gesamten Elektroinstallation gehört.
Mit solchen, aus Sicht der DUH, "unangemessenen Hürden" sei noch immer vielen Mietern die Möglichkeit verbaut, eigenen Solarstrom vom Balkon zu nutzen, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH. Der Verband verweist darauf, dass er häufig Mails erhalte, in denen Bürgerinnen und Bürger über Blockaden klagen. Brandschutz, Elektrik und Statik seien die typischen Einwände, so die Erfahrung von Barbara Metz.
Im konkreten Fall, sei "die Ermessensgrenze überschritten", sagte der Hamburger Rechtsanwalt Dirk Legler, der die Klage der DUH vor dem Amtsgericht Berlin-Köpenick führt. Die DUH erhofft sich von der Klage mehr Klarheit darüber, welche sachlichen Gründe ein Wohnungseigentümer gegenüber einem Mieter geltend machen darf, und welche nicht. Die DUH fordert die Bundesregierung zugleich auf, einen Kriterienkatalog zu definieren, welche Anforderungen Vermieter stellen dürfen.
Erste Musterklage in Kiel kam nicht zustande
In einem ersten Fall aus dem Sommer 2023 hatten eine Kieler Vermieterin und ihre Hausverwaltung nach Lektüre der Klageschrift eingelenkt. Im konkreten Fall handelt es sich um ein Paar, das Module mit zusammen 600 Watt am heimischen Balkon anbringen wollte. Laut DUH hatte die Hausverwaltung das Projekt zunächst aus optischen Gründen untersagt, dann verlangte sie nach zwei weiteren Anläufen vom Mieter ein Gutachten zur Statik des Balkons, ein Brandschutz-Gutachten und die Prüfung der gesamten Hauselektrik.
"Durch diese völlig überzogenen Forderungen würde sich das ganze Projekt nicht mehr rentieren", so die DUH. Es bestand "der Verdacht der rechtsmissbräuchlichen Verzögerungstaktik". Der klagende Mieter sagt, er sei "fassungslos" und wolle sich "nicht länger ausbremsen" lassen – weshalb er sich an die DUH wandte. Da der Rechtsstreit nicht mit einem Richterspruch endete, war keine Klarheit zu schaffen, welche Anforderungen die Mieterinnen und Mieter bei der Montage beachten müssen.
Der mit der Klage beauftragte Anwalt Dirk Legler hatte gehofft, mit dem Verfahren "mehr Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen". Es müsse Eindeutigkeit herrschen, welche Anforderungen an Balkonmodule zu stellen sind. Eine sinnvolle Auflage sei zum Beispiel, dass der Betreiber eine Haftpflichtversicherung vorweisen muss. Auch seien alle Vorgaben gemäß der jeweiligen Landesbauordnung einzuhalten. Außerdem könnten die Nutzer der Module verpflichtet werden, diese beim Auszug wieder zu demontieren. Diese Feinheit kam im Prozess aber nicht zur Sprache, weil die Vermieterin einlenkte. Barbara Metz forderte deshalb Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf, "jetzt im Turbo" die Anbringung von Balkonsolarmodulen als "privilegierte Maßnahme" im Sinne des Klimaschutzes in Gesetzesform zu gießen. Dazu später mehr.
Gerichte urteilen bisher uneinheitlich
Bislang landen Streitigkeiten um die beliebten Balkonkraftwerke immer wieder vor Gericht, weil eine Genehmigung durch den Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verweigert wird. Dabei urteilten die Gerichte in der Vergangenheit unterschiedlich. In Bezug auf bauliche Veränderungen und die Beeinträchtigung der Fassade gab das Amtsgericht (AG) Konstanz im Februar 2023 einer WEG recht, weil die von Eigentümern installierte Mini-Solaranlage auf dem Balkon die Optik der Fassade beeinträchtige. Bauliche Veränderungen bedürfen der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft (AG Konstanz, Urteil v. 2.2.2023, Az.: 4 C 369/22).
Um "Anspruch auf Beseitigung" und "nur aus triftigem Grund" ging es in folgendem Fall: Eine Vermieterin in Stuttgart widersprach der Installation eines Balkonkraftwerks. Als die Mieter eine Anlage in Betrieb nahmen, klagte sie vor dem AG Stuttgart auf Entfernung und verlor. Zwar stehe der Klägerin wegen der fehlenden Zustimmung ein Anspruch auf Beseitigung zu, hierfür sei allerdings ein triftiger Grund notwendig. Da die besagte Anlage baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar, fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert und im Sinne der politisch angestrebten Energiewende sogar vorteilhaft sei, müsse die Vermieterin die Anlage dulden, so das Gericht (AG Stuttgart, Urteil v. 30.3.2021, Az.: 37 C 2283/20).
In seiner Entscheidung fasst das AG Köln den Stand in der Rechtsprechung zusammen. Demnach ist nach derzeitiger Rechtslage die Ablehnung des Balkonkraftwerks durch den Vermieter nicht rechtsmissbräuchlich. Grundsätzlich hat der Mieter keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm gestattet, selbst bauliche Veränderungen an der Wohnung mit dem Ziel einer Modernisierung vorzunehmen (AG Köln, Urteil vom 26.09.2023 – 222 C 150/23). Trotzdem hat das AG den Bau genehmigt. Und zwar nach Zahlung einer weiteren Sicherheit in Höhe von 200 Euro. Außerdem müsse eine fachmännische Installation einer baurechtlich zulässigen PV-Anlage sichergestellt sein. Entscheidend war für den Richter, dass das Balkonkraftwerk leicht rückbaubar ist und keine Substanzbeeinträchtigung der Mietsache nach sich zieht.
Privilegierung von Steckersolargeräten vorgesehen
Die Bundesregierung will die Mieterrechte bei der Errichtung eines Balkonkraftwerks stärken. Der Gesetzentwurf liegt dem Bundestag vor und wird beraten. Konkret geht es darum, die Mini-PV-Anlagen in den Katalog der "privilegierten Maßnahmen" aufzunehmen. Damit wäre es möglich, die Anlage zu installieren, ohne dass der Vermieter oder die Miteigentümer zustimmen. Das bisherige Mitspracherecht wäre damit faktisch abgeschafft.
Der Einführung einer neuen privilegierten Maßnahme für Steckersolargeräte verschließe sich die Vermietervereinigung Haus & Grund nicht, sagt Präsident Kai Warnecke. Er fordert aber, dass der Vermieter auf die Art und Weise des Einbaus sowie die Auswahl von bestimmten Technologien Einfluss nehmen kann. Schließlich dürfe der Vermieter nicht die Hoheit über das äußere Erscheinungsbild der Immobilie verlieren. Zudem müsse sichergestellt sein, dass eine Fachkraft die Montage vornehme.
Der Deutsche Mieterbund begrüßt, dass Mieterinnen und Mieter einen gesetzlich geregelten Anspruch auf Erlaubnis zur Installation von Steckersolargeräten erhalten sollen, sagt Mieterbund-Vertreterin Sabine Schuhrmann. Kritisch beurteilt sie, dass der Anspruch ausgeschlossen sei, wenn die Maßnahme den Vermietern nicht zumutbar ist. Wann dies der Fall sei und welche Vorgaben der Vermieter machen dürfe, bleibe allerdings offen. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass der Anspruch durch einschränkende Vorgaben der Vermieter entwertet und sich dadurch die Energiewende verzögere. Ausdrücklich begrüßt wurde die Privilegierung von Steckersolargeräten durch Simone Herpich, Vorsitzende des Vereins Balkon.Solar. Die Balkonkraftwerke seien sicher und sparten Strom, sagt sie. Bei den 1,6 Millionen eingebauten Anlagen sei bislang nichts passiert, macht sie deutlich. Bis zu 30 % Energieeinsparungen in den Haushalten seien dadurch möglich. "Balkonsolar führt uns in die Energiezukunft Deutschlands", sagt sie. Schließlich akzeptierten die Menschen die Energiewende eher, wenn sie dabei mitmachen könnten.
Die Zukunft der Balkonkraftwerke ist rosig. Verkaufszahlen steigen noch stärker, wenn private Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften den Drang nicht stoppen. Dass bislang ein Drittel den Ausbau versagt, ist erschreckend. Gerichte und der Gesetzgeber sollen jetzt diese Hürden aus dem Weg räumen. Dafür gibt es viel Zustimmung. Die Mini-PV-Anlagen sind ein wichtiger Beitrag zur Energiewende. Deshalb müssen jetzt letzte Hemmnisse verschwinden.
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