In China produzierte Solarpanels für Balkonkraftwerke sorgen für Preissturz.
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Der Markt für Balkonkraftwerke boomt. Immer neue Anbieter springen auf den rasanten Zug und versuchen mit Dumpingpreisen ihr Glück. Nicht immer zum Vorteil der Verbraucher.
Die Nachfrage nach Balkonkraftwerken (BKW) ist ungebremst. Die Daten von Statista zeigen bis August 2023 sage und schreibe 300.000 verkaufte BKW. Für das gesamte Vorjahr waren es knapp 100.000. Sind die chinesischen Dumpingpreise der Grund für den Boom? Sie fallen ins Bodenlose, zum Ärger der etablierten Marktanbieter. Aber wie trennst du seriöse und bewährte Anbieter von den Neulingen auf dem Markt?
Balkonkraftwerk: Dumpingpreise im fachfremden Handel
Alex Heidt, Geschäftsführer von PluginEnergy* in Glatten im Nordschwarzwald, ist sauer. Schaut er, wie die anderen Chefs der Premiumanbieter, auf den Balkonkraftwerke-Markt, sieht er bedenkliche Entwicklungen. "Es gibt einige 'Rookies' (Neulinge), zum Beispiel Mehrzweckanbieter (Lampen, Geschirr, Büromöbel), die Balkonkraftwerke weit unter dem Einkaufspreis anbieten."
Ist ein Angebot weit unter dem üblichen Marktpreis, lohnt es sich für dich als Verbraucher oder Verbraucherin, genauer hinzusehen. Denn oft haben solche Angebote einen Haken: Außer der üblichen gesetzlichen Gewährleistung (Mängelhaftung) von zwei Jahren gibt es oft keine Garantie. Namhafte Händler wie PluginEnergy*, Solakon* oder Priwatt* geben 12 Jahre Produkt- und 25 Jahre Leistungsgarantie oder länger. Der Kölner Händler Yuma* macht derzeit sogar Schlagzeilen mit einer 40-jährigen Produkt- und Leistungsgarantie.
Das Thema Garantie für Solarmodule ist für Alex Heidt ein zentraler Punkt. Mit den Komponenten vom "Rookie" sollte besser nichts passieren. Denn: "Einen technischen Support gibt es meistens nicht. Die Firma oder der Hersteller wird bald verschwinden und keine Balkonkraftwerke mehr anbieten. Der Verkäufer wird auf den Hersteller verweisen. Garantie? Welche Garantie?"
Solarmodule immer günstiger: Der Hintergrund für den Preiskampf
Der deutsche Solarboom hängt offensichtlich am Tropf von China. Denn: Europa importiert den Großteil seiner Solarzellen aus Fernost. Das Land liefert laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg heute weltweit 90 Prozent des Ausgangsstoffes der Solarzellenfertigung: Poly-Silicium. Bei den Solarzellen sind es 91 Prozent und bei den fertigen Modulen rund 80 Prozent. Damit begibt sich Europa nach dem Erdgas gleich in die nächste energiepolitische Abhängigkeit von einem Staat.
In Europas Häfen, vor allem in Rotterdam, stapeln sich gigantische Mengen an Solarmodulen aus China, berichtet Die Zeit. Bis zum Ende des Jahres 2023 sammelten sich dort nach Schätzungen von 40 europäischen Herstellern120 Gigawatt Paneele. Doppelt so viel, wie Europa in einem ganzen Jahr installiert. Ergebnis dieses Überangebots: Preisverfall. "Wenn nichts geschieht, werden viele europäische Hersteller substanzielle Schwierigkeiten bekommen, in manchen Fällen sogar pleitegehen", heißt es in einem Brief der Herstellerfirmen an die EU-Kommission.
Auf dem Modulmarkt gibt es einen veritablen Preiskrieg, der den ökonomischen Sinn neuer Fabriken in Europa infrage stellt. Solarmodule sind innerhalb eines halben Jahres um mehr als 35 Prozent günstiger geworden. Sie kosten im Schnitt derzeit nur noch 15 Cent pro Watt installierter Leistung, schreibt die Frankfurt Rundschau. Das ist unter den Herstellungskosten, sagt das ISE. Aber zurück von der Wirtschaftspolitik zu den Problemen der Verbraucher und Verbraucherinnen.
Balkonkraftwerk kaufen: Wichtige Tipps zu Solarmodulen
Herzstücke eines jeden Balkonkraftwerks sind die Solarzellen in den Paneelen. Es gibt drei verschiedene Arten: monokristalline Silizium-Zellen, polykristalline Silizium-Zellen und Dünnschichtzellen. Die meisten Solarmodule, die verbaut sind, bestehen aus polykristallinen Zellen. Du erkennst sie sofort durch die bläuliche Färbung. Ihre Beliebtheit kommt vor allem daher, weil sie preiswert sind und eine gute Umweltbilanz aufweisen. Sie haben aber nur einen Wirkungsgrad von circa 15 Prozent.
Besser sind monokristalline Solarmodule. Sie sind zwar teurer, aber auch effizienter und haben einen höheren Wirkungsgrad von bis zu 20 Prozent. Dadurch lohnt sich der Einsatz bei Balkonkraftwerken. Laut Solaranbieter Solarwatt haben Solarzellen der Firmen Luxor mit 23,38 Prozent, SunPower mit 23 Prozent, Jinko Solar mit 22,52 Prozent und Astronergy mit 22,3 Prozent die höchsten Wirkungsgrade. Gute Solarzellen sind nach Einschätzung des Online-Fachmagazins efahrer.com: Solarwatt Vision Style, Meyer Burger Glass, Viessmann Vitovolt, JA Solar JAM60S21, LONGi Hi-MO 4, QCells Q.ANTUM G5 und Jinko Tiger Neo/Pro. Da die Komplettanbieter über die Zusammensetzung der einzelnen Komponenten der Balkonkraftwerk-Sets entscheiden, hast du als Endverbraucher oder -verbraucherin kaum die Möglichkeit zwischen den Herstellern der Solarmodule frei auszuwählen.
Neu auf dem Markt - und bereits besonders beliebt - sind bifaziale Module. Sie nutzen sowohl die Vorder- als auch die Rückseite für die Stromerzeugung und steigern deshalb den Stromertrag um ca. 30 Prozent. Bifaziale Module sind aber teurer (um circa 15 Prozent) als herkömmliche Solarzellen. Der Mehrertrag ist zudem stark vom Untergrund abhängig. Ob sie auf dem Balkon soviel mehr bringen, musst du selbst entscheiden.
Tipps für den Balkonkraftwerk-Kauf: Darauf kommt es bei Wechselrichter und Speicher an
Der Wechselrichter wandelt den Gleichstrom, den die Solarzellen bei Sonnenschein erzeugen, in Wechselstrom. Die Bundesnetzagentur hat im Juni 2023 vor dem Kauf von mangelhaften Geräten gewarnt und prüft nach Angaben von Computer Bild40 unterschiedliche Geräte. Es geht um mögliche Gefahren, die bei unzulässigen Wechselrichtern für Balkonkraftwerke auftauchen. Die Netzagentur hat Wechselrichter geprüft und zahlreiche Mängel festgestellt. So ist es in Deutschland ausschließlich erlaubt, Produkte zu vertreiben und zu nutzen, die über ein CE-Kennzeichen, eine deutsche Bedienungsanleitung oder einen europäischen Ansprechpartner verfügen.
Da du technische Faktoren selbst schwer abschätzen kannst, solltest du die folgenden Punkte beim Kauf deines Balkonkraftwerks beachten:
Bestelle online nur bei seriösen und bekannten Quellen.
Prüfe, ob die Adresse in der EU angegeben und erreichbar ist.
Vergewissere dich, dass Angaben zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie Widerrufs- und Rückgabebelehrungen vorhanden sind.
Der Preis sollte im Vergleich zu Mitbewerbern plausibel sein.
Achte darauf, dass der Steckertyp in Deutschland verwendbar ist.
Wenn du unsicher bist, stelle dem Verkäufer Fragen zum Produkt. Seriöse Verkäufer beantworten Fragen zügig und gern.
Mit einem Speicher für dein Balkonkraftwerk hast du die Möglichkeit, noch mehr Strom aus dem öffentlichen Netz einzusparen. Denn nutzen kannst du den mit deinem Balkonkraftwerk erzeugten Solarstrom nur in dem Moment, in dem er erzeugt wird. Am Abend oder bei bewölktem Wetter geht der Ertrag entsprechend gegen Null. Die aktuell am Markt verfügbaren Speicherlösungen sind noch umstritten: Zwar sinken aktuell auch hier die Preise, doch die Frage der Wirtschaftlichkeit bleibt weiterhin bestehen. Der Händler Green Solar geht hier mit einem 2,2 kWh-Speicher für 899 Euro* ins Rennen. Mehr zum Thema Speicher für Balkonkraftwerke erfährst du in diesem Artikel.
Checkliste: Das solltest du beim Balkonkraftwerk-Kauf beachten
Bei deinem Vergleich der angebotenen Komplett-Sets für Balkonkraftwerke sind folgende Punkte zu beachten:
Was gehört zum Leistungsumfang (üblicherweise zwei Paneele, Wechselrichter und kompatibles Zubehör für die Montage)?
Ist die Anlage updatefähig (aufgrund der geplanten Erhöhung der Leistungsgrenze auf 800W)?
Stimmt die Qualität der Komponenten: Paneele und Wechselrichter?
Ist der Einbau vom Laien zu bewerkstelligen oder brauchst du eine Montagehilfe (zusätzliche Kosten)?
Gibt es einen Kundenservice in Deutschland, ist eine Beratung vor dem Kauf möglich?
Wer ist der Ansprechpartner bei Reklamationen, Gewährleistungs- oder Garantiefällen?
Welche Garantiezeiten gibt es jenseits der gesetzlichen zweijährigen Gewährleistung?
Gibt es die Gebrauchs- und Montageanleitung in deutscher Sprache?
Alex Heidt hat Verständnis, dass der Preis beim fachfremden Discounter verlockend ist. "Ein Kauf beim Fachhandel ist bestimmt etwas teurer. Aber man hat eben auch qualitativ hochwertige Komponenten, die aufeinander abgestimmt sind. Einen Service, der einem im Problemfall hilft und auch die Hoffnung, dass es den Anbieter in fünf Jahren noch gibt, um seine Garantie-Ansprüche geltend zu machen zu (falls mal etwas passiert)." Ob du günstiger beim Kauf eines BKW wegkommst, wenn du selbst die einzelnen Komponenten zusammenstellst, ist mehr als fraglich. Aber es kommt natürlich auf einen Versuch an. Schon mit den Preisen für die Hauptkomponenten, den zwei Paneelen und dem Wechselrichter, kannst du abschätzen, wo du preislich landest. In der Regel ist es kostengünstiger, ein Komplettangebot aus dem Fachhandel zu kaufen.
Fazit: Kritische Lage durch Abhängigkeit von China
Dass die Lage der Solarhersteller in Europa kritisch ist, unterstreicht Dr. Jochen Rentsch, Experte beim ISE, in der Berliner Morgenpost. Laut den Berechnungen seines Instituts liegen chinesische Hersteller mit Preisen von 15 Cent pro Watt unter den Selbstkosten und betreiben einen ruinösen Preiskampf. "Der Vorwurf des unfairen Wettbewerbs scheint daher gerechtfertigt", sagt Rentsch. Das heißt: Chinesische Anbieter versuchen, ihre zentrale Marktstellung mit aller Macht durch Dumpingpreise zu verteidigen.
Sind also Zölle der richtige Weg, um die europäischen Hersteller zu schützen? Oder eine höhere Einspeisevergütung für Solarstrom aus europäischen Anlagen? Antworten auf diese Fragen sind schwierig. Eins steht jedenfalls fest: Der Preisverfall fördert den gewollten und sinnvollen Solarboom, doch gleichzeitig zementiert sich die Abhängigkeit von China. Das ist ein schwer lösbares Dilemma.
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