Experten rechnen mit möglichen massiven Preissteigerungen im Supermarkt. Die neue Verordnung aus Brüssel löst hitzige Debatten aus.
Die Preise im Supermarkt könnten schon bald wieder steigen – und diesmal ist Brüssel der Grund: Mit der neuen EU-Entwaldungsverordnung will die Europäische Union den Schutz der Wälder weltweit stärken. Ab Ende 2025 dürfen viele Produkte nur noch dann in der EU verkauft werden, wenn für ihren Anbau nach 2020 keine Wälder gerodet wurden. Die Verordnung betrifft dabei nicht nur tropische Regenwälder, sondern auch heimische Wälder in Deutschland.
Was für den Umweltschutz ein wichtiger Schritt ist, könnte für Verbraucher zur Belastungsprobe werden. Denn die neuen Regeln bringen für Hersteller und Händler einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand mit sich – und die Kosten dafür landen am Ende meist beim Kunden an der Kasse. Damit müssen Verbraucher jetzt rechnen.
EU-Entwaldungsverordnung: "Extrem aufwendig und verursacht hohe Kosten"
Doch worum geht es genau in der EU-Entwaldungsverordnung? Im Grunde verpflichtet die Regelung dazu, dass Unternehmen ihre Lieferketten lückenlos dokumentieren und nachzuweisen, dass ihre Produkte entwaldungsfrei sind – sprich kein natürlicher Wald in Landwirtschaftsflächen oder Baumplantagen umgewandelt wurde. Stichtag ist dafür der 30. Dezember 2025. Besonders betroffen sind Rohstoffe wie Kaffee, Kakao, Rindfleisch, Soja, Palmöl und Holz. Zukünftig soll die Liste der betroffenen Rohstoffe übrigens noch erweitert werden.
Für kleine Unternehmen gibt es eine kurze Übergangsfrist, doch spätestens ab Sommer 2026 gelten die strengen Regeln für alle. Der bürokratische Aufwand sei dabei enorm und wird von vielen Experten kritisiert. Ein Edeka-Sprecher warnt im Gespräch mit der Bild, es gehe um "Millionen an Sorgfaltserklärungen für bereits geprüfte Waren oder die aufwendige Erfassung von Geodaten." Auch Martin Schüller, Experte von Fairtrade Deutschland, betont: "Die Umsetzung ist extrem aufwendig und verursacht hohe Kosten."
Kritik kommt auch von Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Er sagt zu Bild: "Bürokratie ist das Hauptproblem für Unternehmen – noch vor hohen Steuern, teurer Energie und schlechter Infrastruktur." Für den Schutz der Wälder sei laut dem Volkswirt kein Bürokratiemonster notwendig. So reiche aus, Importeure und nicht alle folgenden Unternehmen in der Lieferkette zu verpflichten, den Nachweis zu erbringen, dass Agrarprodukte oder Rohstoffe nicht von neu gerodeten Wäldern stammen.
Preisschock oder Transparenz? Die Folgen der EU-Regelung für Supermarkt-Kunden
Der bürokratische Mehraufwand ist gleichbedeutend mit hohen Kosten für die Unternehmen. Schüller gibt zu bedenken, dass diese Kosten schlechtesten Falls an die Kunden weitergereicht und auf sie abgewälzt werden. Für Verbraucher könnten die neuen Regeln vor allem eins bedeuten: steigende Preise bei alltäglichen Produkten wie Kaffee, Schokolade oder Holzartikeln. Branchenvertreter und Händler warnen vor einem möglichen Preisschock im Supermarkt.
Jedoch gibt es dazu auch einige Gegenstimmen. Eine davon ist Dirk Heim, Bereichsleiter Nachhaltigkeit Ware der Rewe-Gruppe. Auch er gab der Bild ein Statement und betont, dass es "sich heute nicht seriös vorhersagen lässt", wie sich die Verordnung auf die Preise im Supermarkt auswirken wird. Trotz alledem wird die neue Regelung Experten zufolge Folgen für Verbraucher haben. Zum Beispiel könnte die Auswahl im Supermarkt geringer werden. Gerade kleinere Hersteller könnten Schwierigkeiten haben, die neuen Nachweispflichten zu erfüllen und ihre Produkte eventuell nicht mehr anbieten. Auch Engpässe bei beliebten Lebensmitteln sind nicht ausgeschlossen, sollte die Umstellung in den Lieferketten stocken.