Kinder aus Arbeiterfamilien haben Nachteile im Bildungssystem und auf der Uni. Sie sind die Verlierer auf der Uni, im Vergleich zu den Kindern aus Familien mit einem akademischen Hintergrund. Die Organisation ArbeiterKind.de will das ändern.
Wer aus einer Arbeiterfamilie kommt, schafft es seltener in ein Studium an einer Hochschule durchzustarten. Noch seltener als Arbeiterkinder schaffen es nur noch körperlich Behinderte an die Uni. Ein niedriger ökonomischer Status der Eltern ist ein erheblicher Nachteil.
Mehr Anstrengungen für Chancengleichheit fordern unisono Forscher und Bildungspolitiker. Mit bescheidenem Erfolg. 6.000 Ehrenamtliche, die sich bei der Initiative ArbeiterKind.de engagieren, haben einen anderen, eher praktischen Zugang zum Problem gewählt.
Nichtakademiker-Kinder haben Nachteile im Bildungssystem
Kinder aus Familien mit fehlender akademischer Tradition haben mit vielen Nachteilen im Bildungssystem zu kämpfen. Das belegen die Zahlen, die das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zusammengetragen hat: Demnach nehmen von 100 Kindern, deren Eltern studiert haben, 79 ein Studium auf. Von 100 Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, sind es lediglich 27, die den Sprung an eine Hochschule schaffen. Die Chancen von Akademikerkindern für ein Studium stehen dreimal so gut wie die von Arbeiterkindern.
Warum ist das so? Ein wichtiger Grund ist der finanzielle Hintergrund der Familie. Haben Vater oder Mutter eine Hochschule besucht, dann gehen die Kinder mit einer "beträchtlich besseren Grundlage" ins Studium, so Holger Bargel und Tino Bargel in ihrer Studie "Arbeiterkinder an der Uni: Hürdenlauf zum Akademiker." Zwei Drittel der Studierenden aus Akademikerfamilien können sich bei der Finanzierung des Studiums auf die Eltern verlassen.
Anders sieht das bei den Studierenden aus Arbeiterfamilien aus: Unter den Kindern ungelernter Arbeiter*innen sind gerade mal 15 Prozent in dieser Situation. Hinzu kommt: Die Hilfe der Eltern lässt oft im Zeitverlauf des Studiums nach, deshalb tauchen Geldprobleme verstärkt in der Spätphase auf. "Familien mit geringerem Bildungshintergrund tendieren häufig dazu, die Kosten für höhere Bildung zu überschätzen und Bildungserträge zu unterschätzen, ungeachtet des vielleicht hohen Bildungspotentials ihres Kindes", erläutert Dr. Nancy Kracke, eine der Autorinnen der DZHW-Untersuchung, eine der Ursachen für die Chancenungleichheit.
Akademiker-Vorbilder fehlen in der Familie
Ein zweiter Punkt, der Arbeiterkinder vom Studium abhält, sind Ängste und Unsicherheiten, die sich aus der Herkunft ergeben. Und spätestens an diesem Punkt kommt Katja Urbatsch, Gründerin der Organisation ArbeiterKind.de, ins Spiel. "Wenn in der eigenen Familie noch niemand studiert hat, muss man erst einmal auf die Idee kommen, an die Uni zu gehen. Es gibt ja zu Hause niemanden, der ein Vorbild wäre und den man fragen könnte. Im Gegenteil: Manche Eltern reagieren auf einen Studienwunsch mit Unverständnis oder sogar Ablehnung", erläutert Urbatsch gegenüber inFranken.de.
Die Vision von ArbeiterKind.de ist, dass in Deutschland jedes Kind aus einer nichtakademischen Familie mit geeigneter Qualifikation die Chance auf einen Bildungsaufstieg erhält. Deshalb ermutigt die Organisation Schüler*innen aus nichtakademischen Elternhäusern zum Studium und unterstützen sie auf dem Weg bis zum Studienabschluss und in ihren Berufseinstieg.