Für den Arbeitgeber besteht bei Insolvenz eine Informationspflicht: Er ist verpflichtet, dich als Mitarbeitende*n unverzüglich über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu informieren, sobald ihm der Beschluss des Insolvenzgerichts vorliegt. Hierzu muss er entweder sämtliche Arbeitnehmenden oder den Betriebsrat über den Beschluss informieren.
Bis das Amtsgericht als Insolvenzgericht über den Insolvenzantrag entschieden hat, bestellt es für die jeweilige Firma einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Für die Beschäftigten ändert sich bis zum Eröffnungsbeschluss nichts. Wird ein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet und ein sogenannter "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, gehen die Befugnisse des Arbeitgebers vollständig auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens übernimmt der Insolvenzverwalter die Geschäftsführung. Er tritt mit allen Rechten und Pflichten in die Rolle des Arbeitgebers.
Wie lange fließt das Insolvenzgeld?
Wichtig zu wissen: Der Insolvenzantrag verändert nichts am Arbeitsverhältnis. Der Arbeitsvertrag ist weiter gültig, es besteht weiterhin die Pflicht, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Arbeitsanwälte empfehlen den Betroffenen, sich eine Aufstellung zu machen über alle geldwerten Ansprüche, die bis zum Insolvenzantrag ausgelaufen sind.
Wenn der Betrieb nicht mehr zahlt, hilft das Insolvenzgeld von der Arbeitsagentur,maximal aber nur für drei Monate. Für die Beantragung von Insolvenzgeld gibt es entsprechende Formulare auf der Website der Bundesagentur für Arbeit. Den Antrag können Betroffene dort schriftlich oder elektronisch innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach der Insolvenzeröffnung einreichen. Üblicherweise sorgt der Insolvenzverwalter für eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes, sodass die Betroffenen nicht lange warten müssen.
In der Regel erhältst du das Insolvenzgeld in der Höhe des Nettoverdienstes. Es umfasst Festgehalt und unter bestimmten Voraussetzungen auch Gehalts- oder Lohnanteile (zum Beispiel Provisionen, Überstundenvergütung oder Weihnachtsgeld). Gut zu wissen: Das Insolvenzgeld ist steuerfrei. Gib den Betrag unbedingt in deiner Steuererklärung an. Zahlt dein Arbeitgeber aufgrund der Insolvenz keine Beiträge zur Sozialversicherung, übernimmt dies die Agentur für Arbeit. Deine Krankenkasse muss dafür einen Antrag bei der Agentur für Arbeit stellen.
Muss du trotz Insolvenz weiter zur Arbeit kommen?
Musst du nach einer Insolvenz automatisch mit einer Kündigung rechnen? Nein, es gibt kein spezielles Kündigungsrecht. Zeigt sich aber, dass das Unternehmen entweder gar nicht oder nur in einer geschrumpften Form nach einer Umstrukturierung fortzuführen ist, fallen Arbeitsplätze weg - das kann zu Kündigungen führen. Deshalb solltest du dich umschauen, wo es andere Jobs gibt. Zudem haben Gehälter mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Vorrang vor allen Forderungen. Lediglich die Kosten für das Insolvenzverfahren gehen vor. Das gibt Mitarbeitenden etwas mehr Sicherheit.
Besteht ein Betriebsrat, ist die Umstrukturierung mit diesem zu verhandeln, auch in der Insolvenz. Zudem ist ein Sozialplan nach den Regeln der Insolvenzordnung abzuschließen. Das kann dir finanzielle Vorteile verschaffen. Erst dann kann es zu Kündigungen kommen.
Kannst du das Arbeitsverhältnis früher als vorgesehen kündigen? Beschäftigte können unter bestimmten Umständen das Arbeitsverhältnis in der Insolvenz durch eine außerordentliche fristlose Kündigung vorzeitig beenden. In jedem Fall benötigten Arbeitnehmer hierfür einen wichtigen Grund. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) akzeptiert eine Kündigung, wenn beispielsweise der Lohn in nicht unerheblicher Höhe aussteht. Gleiches gelte, wenn sich die Lohnzahlung erheblich verzögert und der Beschäftigte den Arbeitgebenden zur Lohnzahlung gemahnt hat. Im Klartext: Beschäftigte, die zwei Monate kein Geld bekommen, könnten fristlos kündigen.
Sieben Merkposten bei der Insolvenz
Sieben Merkposten zum Thema Insolvenz gibt es:
- Der Arbeitgeber muss spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Beschäftigten und den Betriebsrat informieren.
- Beim Ausbleiben des monatlichen Entgelts solltest du den Arbeitgeber schriftlich zur Zahlung auffordern. Arbeitsverweigerung ist erstmal keine gute Idee, die kommt erst bei mehrmonatigem Zahlungsrückstand in Betracht.
- Als Ersatz für den Verdienstausfall erhalten Arbeitnehmer auf Antrag von der Arbeitsagentur ein Insolvenzgeld in Höhe des Nettolohns, einschließlich Sonderzahlungen.
- Für eine Kündigung in der Insolvenz gelten die üblichen gesetzlichen Kündigungsvorschriften. Ausnahme ist die spezielle Kündigungsfrist von drei Monaten, die ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens für alle Arbeitsverhältnisse als Höchstgrenze gilt.
- Abfindungen, die nach Insolvenzeröffnung entstehen, sind Verbindlichkeiten des Betriebs und sind von der Insolvenzmasse auszugleichen.
- Bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz gehen die Arbeitsverhältnisse auf den Käufer/Erwerber über.
- Betriebsrat und Insolvenzverwalter sind Ansprechpartner zu allen Abläufen und offenen Forderungen gegen den Arbeitgeber.
Fazit
Der Strukturwandel in der Automobilindustrie trifft bislang vor allem die Zulieferer. Aber auch bei den Herstellern wackelt einiges. Im Handel - Stichwort Galeria Karstadt - sieht es nicht viel besser aus. Die Zahl an Insolvenzen ist gestiegen. Arbeitnehmer können sich schützen, wenn sie flexibel sind. Bei einer Insolvenz muss niemand sofort kündigen, aber umsehen sollten sich Arbeitnehmende in jedem Fall.