Studie: Immer mehr Menschen in Deutschland ohne Ausbildung oder Arbeit - so dramatisch ist die Lage

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Immer mehr Menschen in Deutschland sind ohne Ausbildung oder Arbeit - liegt es an unserem Bildungssystem, dass so viele Menschen arbeitslos sind?
Immer mehr Menschen in Deutschland sind ohne Ausbildung oder Arbeit - liegt es an unserem Bildungssystem, dass so viele Menschen arbeitslos sind? Eine Studie liefert nun Zahlen.
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Immer mehr Menschen in Deutschland sind ohne Ausbildung oder Arbeit. Wie dramatisch sieht es auf dem Arbeitsmarkt wirklich aus und was wird dagegen getan?

Auf dem Arbeitsmark besteht ein Bedarf an qualifizierten Fachkräften. Für viele Stellen ist es dabei notwendig, dass der Nachwuchs eine entsprechende Ausbildung besitzt. Aktuelle Zahlen zeigen hingegen, dass die Anzahl der jungen Männer und Frauen ohne Ausbildung auf einem Hochpunkt ist. Wie wird gegen das Problem vorgegangen? Bei dem Artikel beziehen wir uns auf die Zahlen und Fakten der OECD-Bildungsstudie 2022.

Die OECD-Studie zeigt: Immer mehr Menschen sind arbeitslos

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) legte Ende letzten Jahres den jährlichen Bericht "Bildung auf einen Blick" vor. In der Studie wird der Bildungsbereich in 45 Ländern genauer untersucht, darunter Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und Spanien. In dem umfangreichen Bericht lässt sich eine Schattenseite des deutschen Bildungsbereichs erkennen: Der Anteil derjenigen, die ohne Ausbildung und ohne Arbeit dastehen, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten laut der OECD deutlich erhöht.

Dem Bericht zufolge geht fast jeder zehnte junge Mensch in Deutschland weder einer Ausbildung noch einer Arbeit nach. Insgesamt sind rund 9,7 % der 18- bis 24-Jährigen betroffen. Im Vergleich dazu: Vor Beginn der Corona-Pandemie waren nur 8,2 % der Menschen in der Altersgruppe betroffen. Karin Prien, die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), liefert als eine Erklärungsmöglichkeit die Zuwanderung der vergangen Jahre.

Prien weist weiter darauf hin, dass die Entwicklung zwar erklärbar ist, jedoch nicht einfach unbeachtet bleiben darf. So sei es notwendig, sich den Jugendlichen sowie den jungen Menschen intensiver zuzuwenden. Ein Schritt gegen die Bildungsungleichheit der Regierung ist beispielsweise das Startchancen-Programm. Das Programm möchte Schulen in benachteiligten Quartieren und Regionen gezielt unterstützen. Dadurch soll eine höhere Bildungsgerechtigkeit erreicht werden. Aktuell befindet sich das Programm noch in der Konzeptionsphase.

Ein Blick auf das Bildungssystem in Deutschland

Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern sind die Bildungsausgaben in Deutschland relativ hoch. In dem Zeitraum von der Grundschule bis hin zur Universität gibt Deutschland für jede*n Bildungsteilnehmer*in mehr aus als der OECD-Durchschnitt. Dieser lag bei 11.990 Dollar. Deutschland hingegen gab pro Bildungsteilnehmer*in umgerechnet 14.632 US-Dollar aus. Insgesamt wurden 2021 in Deutschland rund 351,3 Milliarden Euro für Bildung, Forschung und Wissenschaft investiert. Wie viel Geld grundsätzlich für eine gesicherte Bildung notwendig ist, bleibt in dem Zuge unbeantwortet.

In Deutschland besteht ein Mangel an Lehrkräften. Zwar gehören die Durchschnittsgehälter von Lehrer*innen in Deutschland im OECD-Vergleich zu den höchsten und dem Bericht zufolge haben Lehrer*innen in Deutschland ein geringeres Unterrichtspensum als viele andere im OECD-Raum. Dass dennoch ein Lehrer*innenmangel vorherrscht, kann unter anderem auf fehlende Karrierechancen zurückgeführt werden. Zudem ist ein vergleichsweise höheres Gehalt nicht gleichzeitig eines, das auch angemessen und hoch genug ist. Um dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, ist es also notwendig, mehr junge Menschen für den Job zu begeistern. Dies könnte beispielsweise durch attraktive Karrierechancen oder die Möglichkeit, professionell im Team zu arbeiten, gelingen. 

Es wird positiv hervorgehoben, dass in Deutschland rund 39 % der unter Dreijährigen bereits an frühkindlicher Bildung teilnehmen. Dies meint, dass sie eine Kita oder eine andere Tageseinrichtung besuchen. Bei den 3- bis 5-Jährigen liegt die Quote mit 94 % ebenfalls deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Dennoch dürfe die frühkindliche Bildung laut Prien nicht aus dem Blick gelassen werden. Hier müsse zukünftig noch mehr auf Qualität anstelle von Quantität geachtet werden.

Die positiven Entwicklungen

Wo es Schatten gibt, gibt es auch Licht. So konnte der OECD-Bericht aufzeigen, dass der Anteil jüngerer Menschen mit einem hohen Bildungsabschluss deutlich angestiegen ist. Im Jahr 2021 hatten dem Bericht zufolge 36 % der 25- bis 34-Jährigen einen sogenannten Abschluss im Tertiärbereich.

In den tertiären Bildungsbereich fallen beispielsweise Abschlüsse an einer Universität, einer Fachhochschule oder ein Meister im Handwerk. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2000 nur rund 22 %, die einen solchen Abschluss hatten. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeiter*innen ansteigt. Zudem bietet ein Tertiärabschluss häufig bessere Verdienstmöglichkeiten.

Dieser Aspekt konnte in einem Durchschnitt der OECD-Länder bestätigt werden: Vollzeitbeschäftigte, die einen Tertiärabschluss hatten, verdienten rund 50 % mehr als Arbeitskräfte mit Berufsausbildung oder Abitur. Der Kontrast zu Arbeitskräften mit mittlerem Schulabschluss oder ohne berufliche Ausbildung war noch größer. Im Durchschnitt verdiente die Gruppe an Vollzeitbeschäftigten mit Hochschulabschluss oder Meister doppelt so viel wie diese. Eine höhere Bildung geht also eindeutig mit einem Einkommensbonus einher. Auch die Arbeitslosenquote war bei Menschen mit einem hohen Bildungsabschluss sehr gering. 2021 lag sie gerade einmal bei 2 %.

Fazit

Insgesamt geht der OECD-Bildungsstudie zufolge fast jeder zehnte Mensch in Deutschland weder einer Ausbildung noch einer Arbeit nach. Die Anzahl derer, die dies betrifft, ist von 8,2 % vor Beginn der Corona-Pandemie auf 9,7 % im Jahr 2021 angestiegen. Eine mögliche Erklärung für diese Entwicklung ist die Zuwanderung.

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Auf der anderen Seite ist jedoch eine positive Entwicklung zu beobachten. Immer mehr Menschen haben höhere Abschlüsse, wodurch sie auch einen Einkommensbonus erwarten können. Die Behauptung, Deutschland würde verdummen, kann so nicht bestätigt werden. Die Regierung bemüht sich, der Bildungsungerechtigkeit entgegenzuwirken. Wann genau das Startchancen-Programm in die Umsetzung geht, ist bislang noch unklar. Was dagegen eindeutig ist: Eine höhere Bildung verspricht bessere Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

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