Auch nach 40 Jahren Arbeit droht Millionen Deutschen eine kleine Rente. Die Rufe nach einer umfassenden Reform werden dadurch nicht leiser.
Die Rente bleibt das heiße Eisen in der öffentlichen Debatte um Sparmaßnahmen und Reformen. Experten und Sozialverbände kritisieren das Rentenpaket 2 - sie sehen durchaus größere Probleme. Auch geht der Blick immer wieder zu unseren Nachbarn. Machen es Österreich, Schweiz und Schweden mit ihren Systemen besser?
Jetzt hat die Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht ihrem Ärger Luft gemacht. Nach einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des neuen Bündnis Sahra Wagenknecht stehen durchaus alarmierende Renten-Zahlen im Raum.
Droht Deutschland eine "Rentenkatastrophe"?
Demnach droht fast jedem dritten Beschäftigten trotz eines langen Arbeitslebens von 40 Jahren eine Rente von unter 1100 Euro. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen erklärte Wagenknecht dazu: "Die Rente ist das wahrscheinlich größte soziale Problem unserer Zeit."
Das ist gesellschaftlicher Sprengstoff
Sahra Wagenknecht, Bündnis Sahra Wagenknecht
Für Wagenknecht ist es ein sozialpolitischer Skandal: "Deutschland steuert auf eine Rentenkatastrophe zu. Das ist gesellschaftlicher Sprengstoff." Die Politikerin möchte die Rente daher zu einem zentralen Wahlkampfthema machen.
In einem Schreiben zu den Zahlen, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, heißt es: Etwa 10,1 Millionen Menschen in Deutschland erhalten eine gesetzliche Altersrente unterhalb der 1100 Euro pro Monat. Das entspricht einem Anteil von 54,3 Prozent aller Renten.
Mini-Renten und die Angst vor Altersarmut – immer ein Thema
Mini-Renten und die Angst vor der Altersarmut waren und sind in der Gesellschaft ein Thema. Im November 2023 hatte inFranken.de dazu bei der Tafel Deutschland nachgefragt und durchaus interessante Aussagen bekommen. Demnach wurden die bundesweiten Einrichtungen immer häufiger von Rentner aufgesucht.
Ganz anders hatte es das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gesehen. Hier sah man sich, laut der Antwort, gut aufgestellt bei dem Thema und verwies auf zwei umfassende Entlastungspakete sowie steuerliche Maßnahmen und Direktzahlungen.
Für Wagenknecht bleibt das deutsche Rentensystem eines der schlechtesten Rentensysteme in Europa.
Sozialverband VdK Deutschland ordnet die vorliegende Zahlen ein
Auf Nachfrage von inFranken.de hat sich der Sozialverband VdK Deutschland jetzt auch zu den vorgelegten Zahlen der Bundesregierung, geäußert. Dazu heißt es: "Das zeigt, dass auch in Vollzeitbeschäftigung oft zu niedrige Löhne bezahlt werden. Der wirksamste Schutz davor ist der gesetzliche Mindestlohn. Der muss auf 14 Euro angehoben werden. Außerdem spricht sich der VdK für eine Reform der Grundrente aus."
Nur so, ist sich der Verband sicher, kann die Rente von Beschäftigten, die lange im Niedriglohnsektor gearbeitet haben, aufgebessert werden. Weiter wird dazu erklärt: "Der Grundrentenzuschlag kann für Menschen, die mehr als 33 Jahre gearbeitet und wenig Geld verdient haben, eine Verbesserung sein. Doch die Zugangshürden sind insgesamt zu hoch, der Schutz vor Altersarmut ist zu gering und die Einkommensprüfung ungerecht, kritisiert der Sozialverband VdK. Es gibt Instrumente, doch diese müssen nachgebessert werden."
Kann das Rentenpaket 2 etwas verändern? Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat seine Pläne zur Umgestaltung bei der Rente vorgelegt. Nach der Verabschiedung des Haushalts 2024 soll es umgesetzt werden.
Die Deutsche Rentenversicherung hat in dem Zuge gegenüber unsere Redaktion eine erste vorsichtige Einschätzung dazu abgegeben und von einer Chance für "mehr Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung" gesprochen.