Diese Aktivrente ist ein "schwerer politischer Fehler" – Ärger über die Reform

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Das Rentenpaket ist beschlossen. Die Aktivrente sorgt aber weiter für Ärger – "verfassungsrechtlich problematisch".

Das Rentenpaket ist im Bundestag beschlossen worden. Nach reichlich Unstimmigkeiten im Vorfeld soll es jetzt damit weitergehen. Glücklich sind damit aber nicht alle. Ein Teil der Rentenreform sorgt beim Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschlands e.V. (VGSD) für Ärger.

Schon im Oktober und November hatte sich der Verband kritisch zu den Plänen geäußert. Gegenüber inFranken.de hatte der VGSD damals auf eine Statement auf der eigenen Internetseite verwiesen. Dort war zu lesen: "Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Selbstständigen." Und jetzt wird die Aktivrente wie angekündigt unter Ausschluss der Selbstständigen umgesetzt. Die Reaktion fällt deutlich aus.

Aktivrente ist ein "schwerer politischer Fehler"

Auf Nachfrage heißt es in einem offiziellen Statement durch den VGSD-Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Lutz: "Dass der Bundestag das Aktivrentengesetz in seiner jetzigen Form beschlossen hat, ist ein schwerer politischer Fehler." 

Die Regierung ignoriere laut Lutz damit nicht nur "die Einschätzung vieler Experten, die die wirtschaftspolitische Wirkung dieses Anreizinstruments anzweifeln", sondern würde sich damit auch über die verfassungsrechtlichen Bedenken hinweg setzen, "die eine solche Ungleichbehandlung von Angestellten und Selbstständigen aufwirft". 

Schon in der Kritik vor einem Monat erklärte der VGSD-Chef: "Es ist verfassungsrechtlich bereits problematisch, wenn Menschen über der gesetzlichen Altersgrenze steuerlich anders behandelt werden sollen als Jüngere. Wenn Menschen gleichen Alters jedoch aufgrund ihrer Entscheidung für eine Selbstständigkeit im Alter so unterschiedlich besteuert werden, ist dies für mich eine klare Form der Diskriminierung und Einschränkung der freien Berufswahl."

Hat die Bundesregierung bewusst eine Frist verkürzt?

Der Verband der Gründer und Selbstständigen wirft der Bundesregierung zudem vor, die Aktivrente nicht über den üblichen Weg umgesetzt zu haben. Dazu heißt es in der Erklärung: "Zum Beispiel wurde dem VGSD genau wie Arbeitgebern, Gewerkschaften und anderen Verbänden nur eine extrem kurze Frist von rund 24 Stunden eingeräumt, um den offiziellen Gesetzesentwurf vom 9.10.25 zu lesen, zu bewerten – und bis zum 10.10.25 eine Stellungnahme dazu abzugeben."

Veröffentlicht hat das Bundesfinanzministerium die Stellungnahmen dem zufolge bis heute nicht. Und der VGSD hatte der Regierung eine Petition vorgelegt. Eine gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) erarbeitete Aktion, die eine faire Aktivrente auch für Selbstständige fordert.

Mehr als 100.000 Menschen haben demnach die Petition unterschrieben, mehr als 38.000 sie kommentiert, 44 Verbände schlossen sich der Forderung an. Die Petition richtet sich an Bundeskanzler Friedrich Merz, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas und Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche. Eine Reaktion hat es nicht gegeben.

Wer sieht das Rentenpaket positiv?

Beim Sozialverband VdK dagegen steht man dem Rentenpaket in seiner Gesamtheit durchaus positiv gegenüber. Für VdK-Präsidentin Verena Bentele ist es ein Schritt in die richtige Richtung: "Die Verabschiedung des Rentenpakets ist ein gutes Signal für die Demokratie. Die heutige Entscheidung öffnet den Raum für eine sachliche Debatte über die Zukunft der gesetzlichen Rente und schützt die Rentnerinnen und Rentner in den kommenden Jahren vor Kaufkraftverlusten."

Auch beim Sozialverband Deutschland SoVD blickt man auf das gesamte Paket für die Rente und sieht einen guten Weg. SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier: "Es ist gut, dass die Bundesregierung sich geeinigt und eine Stärkung der gesetzlichen Rente beschlossen hat. Mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner, sowie alle zukünftigen Rentner-Generationen brauchen Verlässlichkeit."

Die Aktivrente ist in der Stellungnahme dazu lediglich eine Randnotiz. Die neue Mütterrente ist der SoVD-Chefin zumindest einen Kommentar wert: "Dass mit der Mütterrente eine langjährige Benachteiligung endlich ausgeglichen wird, ist ebenfalls ausdrücklich zu begrüßen."

Aktivrente ohne Selbstständige: Will die Regierung nicht auf ihre Steuern verzichten?

Ebenso wenig begeistert von der Gestaltung der Aktivrente, wie der VGSD, zeigt man sich unterdessen beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR) erklärte dazu IW-Rentenexpertin Ruth Marie Schüler: "Die Frage ist, wie man das rechtfertigt, dass eine Art von Einkommen die Steuerfreiheit bekommt und andere Einkommen nicht darunterfallen."

Die bewusste Entscheidung der Bundesregierung gegen Selbstständige in der Aktivrente, könnte laut Schüler mit der Angst vor Steuereinbußen zu tun haben. Laut der Expertin würden Freiberufler und Selbstständige häufiger im Alter weiter als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte arbeiten.

Würden auch sie in Zukunft eben auch 2.000 Euro pro Monat steuerfrei verdienen, wäre das demnach ein deutlich größeres Minus für die Staatskasse.

Wird die Aktivrente im Bundesrat noch gestoppt?

Beim Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschlands e.V. (VGSD) setzt man jetzt die letzte Hoffnung auf den Bundesrat. Das Aktivrentengesetz ist zustimmungspflichtig. Eine entsprechende Sitzung dafür wurde auf Freitag, 19. Dezember angesetzt.

Der VGSD-Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Lutz: "Wir appellieren an den Bundesrat: Stimmen Sie dem Aktivrentengesetz nicht zu! Stoppen Sie die Aktivrente in ihrer jetzt geplanten Form, die Selbstständige ausschließt, und verweisen Sie das Gesetz an den Vermittlungsausschuss."

Man werde weiter "rechtlich und politisch für eine faire Lösung kämpfen, die auch Selbstständige mit einbezieht".

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