Lohnabrechnung im Juli 2023: Warum fast jeder weniger Gehalt bekommt

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Mit der Gehaltsabrechnung im Juli bekommen viele Arbeitnehmer weniger Netto von ihrem Bruttogehalt. Ausschlaggebend ist ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Pflegeversicherung.

Seit fast 30 Jahren existiert die Pflegeversicherung als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung. Dabei handelt es sich um eine Pflichtversicherung, deren Beiträge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch entrichtet werden. Aktuell sind etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Die Tendenz ist steigend, da mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit, zum Pflegefall zu werden, steigt. Jetzt wird die Pflegeversicherung teurer, vor allem eine Bevölkerungsgruppe leidet darunter.

Während gesetzlich Versicherte automatisch in die Pflegeversicherung einzahlen, müssen Privatversicherte eine eigene, private Versicherung abschließen. Der Beitragssatz von 3,05 Prozent ist dabei ein vergleichsweise geringer Anteil an den monatlich abgeführten Beträgen für Versicherte mit Kindern. Kinderlose Versicherte bezahlen aktuell 3,4 Prozent. Dies hat sich im Juli 2023 geändert.

Pflegeversicherungsbeitrag 2023: Mit diesen Kosten musst du rechnen

Mit der Erhöhung sollen Mehreinnahmen von 6,6 Milliarden Euro pro Jahr erzielt werden. Ebenfalls zum 1. Juli 2023 wurde der Beitragssatz zur Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 nach der Kinderzahl differenziert. Geplant ist ein Beitragssatz in Höhe von 4 Prozent für kinderlose Versicherte und ein Beitragssatz von 3,4 Prozent für Versicherte mit einem Kind. Wie bisher übernehmen Arbeitgeber die Hälfte der Kosten. Für Versicherte mit einem Kind bedeutet dies, dass der Arbeitgeber künftig 1,7 Prozent übernimmt. Den Rest müssen die Arbeitnehmer bezahlen. Ab zwei Kindern wird der Beitrag während der Erziehungsphase bis zum 25. Lebensjahr um 0,25 Beitragssatzpunkte je Kind bis zum fünften Kind weiter abgesenkt. Nach der jeweiligen Erziehungsphase entfällt der Abschlag wieder, teilte das Bundesministerium für Gesundheit mit. Daraus ergeben sich folgende Beitragssätze ab Juli:

Versicherte ohne Kinder 4,00% (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3%)
Versicherte mit einem Kind 3,40% (lebenslang) (Arbeitnehmer-Anteil: 1,7%)
Versicherte mit zwei Kindern 3,15% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45%)
Versicherte mit drei Kindern 2,90% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2%)
Versicherte mit vier Kindern 2,65% (Arbeitnehmer-Anteil 0,95%)
Versicherte mit fünf Kindern 2,40% (Arbeitnehmer-Anteil 0,7%)

Nach Berechnungen von chip.de bezahlen Kinderlose bei einem Gehalt von 3000 Euro brutto demnach ab Juli 81 Euro für die Pflegeversicherung und damit 25 Euro mehr pro Monat. Auch Versicherte mit einem Kind müssen mit 1,7 Prozent zukünftig einen größeren Eigenanteil übernehmen. Günstiger wird es erst ab zwei oder mehr Kindern. Für jedes Kind unter 25 Jahre wird der Beitrag um 0,25 Prozent abgesenkt. Schluss ist dann aber bei fünf Kindern. Der Beitrag beträgt in diesem Fall 0,7 Prozent.

Mit einer Anhebung des Beitragssatzes will das Bundesministerium für Gesundheit die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung sichern und geplante Leistungsanpassungen ermöglichen. Dabei sind die Leistungen, welche die Betroffenen von der Pflegeversicherung erhalten, abhängig von ihrer Pflegegradstufe. Die Pflegegrade werden durch Gutachter bestimmt und dienen einer Einstufung. Die Bewertung von sechs Kriterien wie beispielsweise kognitive und kommunikative Fähigkeiten teilen die Bedürftigen in fünf Pflegegradstufen. Stufe eins bedeutet, dass die Selbstständigkeit nur geringfügig beeinträchtigt ist, Stufe fünf sieht eine notwendige Betreuung rund um die Uhr vor. 

Kosten für Pflegeversicherung: Eigenanteil erst ab zwei Kindern geringer

Anhand dieser Pflegestufen werden die Leistungen bestimmt, welche aus der Pflegekasse ausgezahlt werden. Das Pflegegeld erhalten die pflegenden Angehörigen. Unterschieden wird dabei im Fall einer häuslichen Pflege zwischen Pflegesachleistungen und Pflegegeld. Die monatlichen Leistungen steigen dabei mit zunehmendem Pflegegrad. Anders sieht es bei einer vollstationären Pflege aus. Bei einer Unterbringung in einem Heim zahlt die Pflegeversicherung monatlich maximal 2005 Euro bei der Pflegegradstufe fünf. Den Rest müssen Pflegebedürftige selbst zahlen.

Da es sich bei der Pflegeversicherung um eine Teilkostenversicherung handelt, bleibt immer ein Eigenanteil zurück. Dieser muss von den Betroffenen gezahlt werden. Dieser Eigenanteil steigt seit September 2022, da Pflegekräfte nach Tarif bezahlt werden müssen. Auf diese Weise soll der Pflegeberuf attraktiver werden. Hinzu kommen die gestiegenen Preise und Energiekosten in den Heimen.

Das macht es für viele Betroffene unmöglich, den Eigenanteil aus ihrer Rente zu finanzieren. Eine Decklung gibt es nicht. Stattdessen entschied sich die Koalition 2021 für einen Zuschuss zum Eigenanteil. 

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