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Mindestlohn 2022: Wann kommt die nächste Erhöhung?

In diesem Jahr steigt der Mindestlohn gleich dreimal an. Nach einer ersten Erhöhung Anfang 2022 soll er im Juli weiter steigen, um im Oktober die versprochenen 12 Euro zu erreichen. Das müsst ihr dazu wissen.
Der Mindestlohn 2022 steigt
Der Mindestlohn wird 2022 steigen. 22 Cent seit Januar, ab Juli sogar 63 Cent mehr werden einige Arbeitnehmende dann in der Stunde bekommen. Eventuell steigt der Mindestlohn sogar noch weiter an. Foto: nattanan23/pixabay.com
  • Mindestlohn steigt gleich dreimal im Jahr 2022
  • Vonseiten der Arbeitgeber gibt es Kritik zur geplanten Erhöhung auf 12 Euro
  • Gewerkschaften wollten zügige Erhöhung

Neues Jahr, neue Regeln: Das Jahr 2022 bringt mehrere Änderungen in den verschiedensten Lebensbereichen mit sich. Die Änderungen betreffen auch das Einkommen – genauer gesagt: den gesetzlichen Mindestlohn. Das betrifft einige Menschen, denn Deutschland hat einen riesigen Niedriglohnsektor.

Mindestlohn-Erhöhung: Gleich dreimal steigt er im Jahr 2022: Januar, Juli und Oktober

Ein Problem: Wenn die Firmen keinen ausreichenden Mindestlohn zahlen müssen, erreichen viele mit diesem Einkommen nicht mehr das Existenzminimum und müssen auf Kosten der Steuerzahler*innen aufstocken. Andere bekommen später keine ausreichende Rente und sind auch hier auf die Gesellschaft angewiesen. 

Der Mindestlohn lag bis Ende des Jahres 2021 bei 9,60 Euro pro Stunde. Zu Beginn des Januars 2022 stieg er auf 9,82 Euro, am 1. Juli soll er auf 10,45 Euro steigen. Bei der Erhöhung von Januar ist zu beachten, dass diese Erhöhung des Mindestlohns, wie es jährlich passiert, nur die Inflation ausgleicht.

Mit der starken Inflation in den vergangenen Monaten in Deutschland ist die derzeitige Anpassung kaum spürbar. Daher können Mindestlohn-Bezieher*innen sich freuen: Der Stundenlohn soll in diesem Jahr ein drittes Mal steigen.  Die Erhöhung ist für den 1. Oktober geplant. 6,2 Millionen Beschäftigte sollen davon profitieren. 

Gesetzentwurf vorgelegt - "eine Frage der Leistungsgerechtigkeit und des Respekts"

"Olaf Scholz hat als Kanzlerkandidat gesagt, dass wir den Mindestlohn innerhalb eines Jahres auf 12 Euro erhöhen. Und wir werden ihn 2022 erhöhen, weil es notwendig ist", sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur Anfang Januar. "Die Erhöhung auf 12 Euro wird und muss kommen. Das ist eine Frage der Leistungsgerechtigkeit und des Respekts vor ordentlicher Arbeit."

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Für eine Rente über der Grundsicherung bräuchte es jedoch nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 12,63 Euro, wie es aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linken hervorgeht – und das war noch 2018. 

Wie Sozialminister Hubertus Heil bereits ankündigte, hat er Mitte Januar einen Gesetzesentwurf zur Erhöhung auf 12 Euro vorgelegt: Der Entwurf stellt nach Berichten des Tagesspiegels jedoch klar: "Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die Mindestlohnkommission."

Erhöhung noch wackelig? Von Arbeitgeberseite kommt Kritik

Denn normalerweise folgen die Erhöhungsschritte den Vorgaben der sogenannten Mindestlohnkommission, die mit Vertreter*innen von Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzt ist. Vor allem die Arbeitgeberseite übt am Vorhaben, den Mindestlohn per Gesetz anzuheben, deutliche Kritik.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hatte die 12-Euro-Pläne der Regierung als "grobe Verletzung der Tarifautonomie" kritisiert. "Ob, wann und wie wir das Vorgehen der Bundesregierung qualifiziert juristisch überprüfen lassen, kommt ganz darauf an, wann dieser politische Mindestlohn durchgesetzt werden soll", sagte Dulger der dpa. "Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich geschützt." 

Arbeitsminister Heil wollte sich davon nicht beirren lassen. "Wenn die Arbeitgeberverbände nicht wollen, dass der Staat eingreift, dann können und müssen sie bei der Tarifbindung ihre Hausaufgaben machen. Nur noch 48 Prozent der Beschäftigten sind tarifgebunden", sagte er. Viele Menschen im Land würden "im viel zu großen Niedriglohnsektor" arbeiten und kämen "trotz Vollzeitarbeit kaum über die Runden", sagte Heil.

Im "üblichen Verfahren" erst Ende des Jahrzehnts bei 12 Euro

Von der Erhöhung würden "Millionen Menschen in Deutschland profitieren – darunter vor allem viele Frauen und viele Menschen in Ostdeutschland, wo der Niedriglohnbereich wegen mangelnder Tarifbindung besonders groß ist", so Heil. Die Mindestlohnkommission werde auch künftig ihre "bisherige Funktion als unabhängige Kommission" behalten und der Bundesregierung weiterhin Empfehlungen geben.

Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Stefan Körzell, forderte zum Jahreswechsel: "Die Koalition muss die 12 Euro zügig in 2022 auf den Weg bringen, denn im üblichen Verfahren der Mindestlohnkommission würden wir erst zum Ende des Jahrzehnts auf diesen Betrag kommen."

Deutschlands Arbeitgeber haben hingegen angekündigt, eine Klage gegen eine gesetzliche Anhebung des Mindestlohns prüfen zu wollen. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt, 12 Euro schon 2022 würde zahlreiche Tarifverträge obsolet machen. Der einzige Weg aus diesem Dilemma sei es, sich die 12 Euro als Zielsetzung vorzunehmen - "aber nicht schon für das Jahr 2022".

Gesetzliche Lohnuntergrenze (Mindestlohn) gibt es seit 2015

Eine generelle gesetzliche Lohnuntergrenze gibt es in Deutschland seit 2015. Eingeführt wurde sie auf einem Niveau von 8,50 Euro. Die Gewerkschaften argumentieren, dass dies damals schon zu niedrig gewesen sei und deshalb eine einmalige Erhöhung per Gesetz angezeigt sei.

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Die Mindestlohnkommission entscheidet über die regelmäßigen Erhöhungsschritte auf der Basis der vorangegangenen Tarifentwicklung, die vom Statistischen Bundesamt im Tarifindex ermittelt wird. Körzell sagte: "Ein armutsfester Mindestlohn ist überfällig."

Dafür gälten 60 Prozent des mittleren Einkommens bei Vollbeschäftigung als Maßstab. Das wird in Deutschland laut Körzell mit "mindestens 12 Euro" erreicht. "Mindestens 8,5 Millionen Menschen, meist sind dies Frauen, würden davon profitieren", sagte er.

Deutliche Lohnerhöhungen im Jahr 2022 möglich

Allgemein können viele Arbeitnehmer*innen 2022 mit deutlichen Lohnerhöhungen rechnen. Laut Unternehmensumfrage des Ifo-Instituts gehen von 630 befragten Personalchef*innen 78 Prozent davon aus, "dass in ihrer Belegschaft insgesamt die Löhne um durchschnittlich 4,7 Prozent steigen werden". Im Dienstleistungsbereich werde der Lohnanstieg mit durchschnittlich 5,8 Prozent voraussichtlich am höchsten ausfallen, heißt es in der Studie, die der dpa vorliegt und über die der Spiegel zuvor berichtet hat.

Mindestvorgabe für Bezahlung von Auszubildenden steigt ebenfalls

Auch für die Auszubildenden steigt die vorgeschriebene Mindestvergütung: Alle Azubis, die im Jahr 2022 ihre Ausbildung beginnen, erwartet mindestens die gesetzlich festgeschriebene Mindestausbildungsvergütung. Die lag bislang bei 550 Euro und steigt im kommenden Jahr auf 585 Euro. Je nach Ausbildungsjahr erhöht sich der Betrag. Im 2. Ausbildungsjahr sollen die Auszubildenden 18 Prozent mehr Geld verdienen, im 3. Ausbildungsjahr 35 Prozent mehr und im 4. Jahr der Ausbildung 40 Prozent mehr. 

mit Material von dpa

Überblick über die Änderungen 2022: 

 

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