Die Frührente wird in Deutschland immer beliebter. Es gibt allerdings auch ein Konzept, das den Renteneintritt angeblich schon mit 40 Jahren ermöglichen soll.
Viele Menschen wünschen sich einen vorzeitigen Renteneintritt. Ihren Arbeitsalltag erst mit 67 Jahren hinter sich zu lassen, scheint zunehmend unattraktiver. Das zeigt auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Autozulieferers Continental: Demnach will mehr als jeder Vierte (27 Prozent) vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden - und nicht bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten.
Eine Möglichkeit ist, nach 45 Versicherungsjahren schon mit 63 abschlagsfrei in Rente zu gehen - oder aber Abzüge in Kauf zu nehmen. Manchen ist das dennoch zu spät, sie träumen von der Rente mit 40. Das Konzept nennt sich "Frugalismus", der Gedanke dahinter ist schnell erklärt: Durch konsequentes Sparen und Investieren wollen Frugalisten schon früh eine finanzielle Unabhängigkeit erreichen, sodass sie von passiven Einnahmen und ihrem Ersparten leben können. Aber ist das realistisch?
Was ist Frugalismus und was bedeutet das genau?
Der Begriff Frugalismus stammt dem Lateinischen (frugale, frugalis) und bedeutet soviel wie "sparsam". Weltweit findet das Lebenskonzept mehr und mehr Nachahmer. Dabei ist die Idee recht simpel: Du lebst in jungen Jahren verhältnismäßig bescheiden und legst das Ersparte an: zum Beispiel an der Börse oder du investiert in Immobilien. Das machst du dann so lange, bis du genügend Vermögen angehäuft hast, um davon leben zu können, ohne auf weitere regelmäßige Einkünfte angewiesen zu sein. Frugalisten versuchen dieses Ziel möglichst mit 40 zu erreichen, um ihren Lebensunterhalt nicht mehr durch Arbeit finanzieren zu müssen. Oft sparen Frugalisten je nach Lebensstil und Möglichkeiten zwischen 50 und 70 Prozent ihres Einkommens.
Hinter Frugalisten verstecken sich aber nicht nur emsige Sparfüchse. Eher hinterfragen sie bereits in frühen Jahren, was sie wirklich zum Leben brauchen und was nicht. Zudem müssen sie sich schon früh die Frage stellen, wie viel Geld sie brauchen, um damit schon mit 40 in Rente gehen und von dem Vermögen leben zu können. Berechnen lässt sich das mit der 4-Prozent-Regel aus der sogenannten Trinity Study. Im Rahmen der Studie haben Professoren der Trinity-Universität in Texas (USA) 1998 die Frage gestellt, wie viel Geld jedes Jahr von einem vorhandenen Vermögen abgehoben werden kann, ohne das Risiko einer Insolvenz befürchten zu müssen.
Ratgeber: 'Rente mit 40: Finanzielle Freiheit und Glück durch Frugalismus' jetzt ansehen
Dazu wurde über einen Zeitraum von 30 Jahren in fiktive Vermögen (Aktien und Anleihen) investiert. Das Ergebnis der Studie: Wenn man jährlich lediglich 4 Prozent seiner Ersparnisse aufbraucht, hat man nach 30 Jahren immer noch genügend Geld auf dem Konto. Ein Beispiel: Kommst du im Jahr mit 40.000 € aus, musst du mit 40 Jahren ein Vermögen von einer Million Euro angespart haben, um davon 30 Jahre leben zu können. Entsprechend bräuchtest du schon zwei Millionen Euro, wenn du 80.000 Euro im Jahr ausgeben willst. Somit wird deutlich: Je weniger Geld du zum Leben benötigst, desto weniger musst du vorher sparen bzw. desto früher kannst du in Rente gehen.
Wie realistisch ist das Modell "Frugalismus"?
Ob das Konzept tatsächlich funktionieren kann, ist stark umstritten - immerhin lassen sich zahlreiche Faktoren wie Inflation, mögliche Krisen, Kursschwankungen oder Börsencrashs oft nicht vorhersehen. Mittlerweile gibt es jedoch schon einige Frugalisten, die seit mehreren Jahren nach dem Modell des Frugalismus leben und ihre Erfahrungen dazu im Netz teilen. Der bekannteste Frugalist mag der US-Blogger "Mr. Money Mustache" sein. Er ging bereits mit 30 Jahren in Rente - dank ausreichend Erspartem. Mit seinem erfolgreichen Ausstieg inspirierte er auch in Deutschland zahlreiche Menschen zum Frugalismus.
Auch für Manuel Streifeneder aus Niederbayern hat das Konzept funktioniert. Auf seinem Blog "Der Finanznomade" berichtet er: "Mittlerweile habe ich die finanzielle Unabhängigkeit erreicht. Dadurch kann ich meine aktuellen Lebenshaltungskosten aus Kapitalerträgen finanzieren." Obwohl das für viele nach einem wahr gewordenen Traum klingen mag, habe das Konzept auch seine Tücken: "Die Umstellung vom festen monatlichen Gehalt zu einem schwankenden Einkommen aus der Börse ist mental nicht so einfach zu verarbeiten, wie es vielleicht für Außenstehende scheint", berichtet Streifeneder.