Philipp Schröder, der CEO des Cleantech-Startups 1Komma5Grad fordert in seiner Stellungnahme, aus der der Nachrichtensender ntv zitiert, eine "ernst gemeinte Qualitätsoffensive" der Politik: "Bevor wir die Einspeisevergütung abschaffen, brauchen wir zuerst eine Systemmodernisierung für mehr Digitalisierung und bessere Prozesse: der flächendeckende Smart-Meter-Rollout, einfache Abstimmungen mit Verteilnetzbetreibern und klare Marktkommunikationsregeln sind dafür grundlegend. Solange Prozesse haken und Daten nicht zuverlässig ausgetauscht werden, gibt es keine verlässliche Basis für die Umstellung der Förderung."
Worum geht es eigentlich bei der garantierten Vergütung?
Wer mit einer eigenen PV-Anlage Strom produziert, bekommt bisher eine gesetzlich garantierte Vergütung für jede Kilowattstunde Strom, die er ins Netz einspeist. Für PV-Besitzer, die einen Teil des produzierten Stroms selbst verwenden, sind das aktuell 7,86 Cent/kWh (Teileinspeisung) bei einer maximalen Anlagenleistung von Zehn-Kilowatt-Peak. Ziel der Förderung: Den Zubau erneuerbarer Energien durch private Haushalte beschleunigen.
1Komma5Grad hat nachgerechnet, wie viel Euro dem Neukunden durch den Vorschlag-Reiche entgehen würden, und das Ergebnis in einer Pressemitteilung mitgeteilt. Eine gewöhnliche Zehn-Kilowatt-Peak-Solaranlage produziert etwa 10.000 kWh Strom im Jahr. Ohne zusätzliche Komponenten wie Batterie oder Steuerung werden in der Regel 70 % bis 80 % davon ins Netz eingespeist. Würde die Einspeisevergütung wegfallen, müssten Kunden auf 550 Euro bis knapp 630 Euro pro Jahr verzichten.
Auf die Mindestlebensdauer einer PV-Anlage von 20 Jahren entspricht das zwischen 11.000 Euro und 12.500 Euro an Einnahmen aus der Stromeinspeisung, die PV-Anlagen-Besitzern bei Wegfall der Förderung verloren gehen.
Gutachten soll das Rollback der Energiewende unterfüttern
Solar-Energieexperten spekulieren darüber, dass Ministerin Reiche die Position der Stromkonzerne wie E.ON und RWE übernimmt (E.ON war der ehemalige Arbeitgeber von Katharina Reiche, bevor sie ins Amt der Ministerin kam). Die beiden mächtigen Konzerne hatten in einem neunseitigen gemeinsamen Positionspapier zum Start der neuen Regierung gefordert, Ökostromerzeugern keine fixe Einspeisevergütung mehr zu zahlen.
Wörtlich heißt es im Positionspapier: "Fixe Einspeisevergütung für alle Neuanlagen im EEG abschaffen und durch eigene Vermarktung ersetzen, keine Vergütung in Stunden mit negativen Strompreisen."
Um die notwendigen Argumente für den Kurswechsel bei der Energiewende zu beschaffen, hat das Energieministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse Ende August 2025 vorliegen sollen.
Will das Energieministerium nur den Stillstand und die Stagnation verwalten?
Dabei geht es um nichts Geringeres als die "Neuausrichtung der Energiepolitik", wie ntv berichtet. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat die Leistungsbeschreibung für das Gutachten aus dem Reiche-Ministerium veröffentlicht und ausgewertet.
DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner beschreibt seinen Eindruck nach der Lektüre so: "Katherina Reiche hat ideologische Scheuklappen auf: Anstatt Innovationen und die Erneuerung des Wirtschaftsstandorts in Schlüsselbereichen voranzubringen, möchte sie offenbar Stillstand und Stagnation verwalten."
Dazu passt, dass das Gutachten vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI) erstellt wird. LobbyControl berichtet in seiner Lobby-Pedia, dass das Institut durch die Energiekonzerne E.ON und RWE gefördert wird. Man darf gespannt sein, was der Bundesministerin Katherina Reiche noch alles einfällt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu unterlaufen.
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