Wenn ein Mensch stirbt, ist das für Angehörige und Freund*innen immer schlimm. Die Wissenschaftler*innen betrachten die Situation aber nüchtern. Tränen bei einer Todesnachricht ordnen sie demnach der Kategorie "Machtlosigkeit" zu. Der Mensch hat keine Macht über Leben und Tod. Als weiteres Beispiel nennen die Autor*innen Tränen aufgrund von "Überforderung". In diesem Fall fließen sie, weil man frustriert ist über die eigene fehlende "Kompetenz".
Fremde Tränen: Emotionen durch Medienkonsum
Eine Besonderheit stellt in der Studie die Kategorie "Medienkonsum" dar. Darunter fiel jede vierte beobachtete Episode. Während man bei den anderen Kategorien direkt betroffen ist, weint man zum Beispiel beim Lesen eines Buches oder beim Anschauen eines Filmes "stellvertretend".
Man versetzt sich in die Situationen der Figuren. Abhängig vom Genre - Drama oder Komödie - können Tränen der Traurigkeit oder Freudentränen vergossen werden.
Wann Menschen grundlos weinen, liest du hier.
Ergebnis aus drei Studien
Um an die Ergebnisse zu gelangen, waren drei Studien notwendig. Zum einen wurden Personen aus der Allgemeinbevölkerung und Student*innen mit einem Altersdurchschnitt von 30,3 Jahren befragt. Die Proband*innen standen für zwei Online-Befragungen zur Verfügung. Sie wurden gebeten, die letzte Episode zu beschreiben, in der sie emotionale Tränen vergossen hatten. In der dritten Studie führten die Teilnehmer*innen 30 Tage lang Tagebuch per Smartphone. Einmal täglich wurden sie zu ihrem Befinden und zum Weinen befragt.
Dabei stellten die Wissenschaftler*innen fest, dass die Jüngeren häufiger aufgrund von "Überforderung" weinten als die Älteren. Die Forscher*innen beobachteten noch ein weiteres Phänomen: In der Tagebuchstudie tauchte weniger "Machtlosigkeit" auf als in den beiden retrospektiven Studien. Sie schließen daraus, dass eine Todesnachricht eher mit Weinen verknüpft wird als andere Kategorien. Die Proband*innen erinnerten sich demnach besser daran und berichteten deshalb häufiger.
Für die Forscher*innen bedeuten die Ergebnisse, eine wichtige Lücke in der Erforschung emotionaler Tränen geschlossen zu haben. "Bislang weiß man relativ wenig darüber, welche Rolle emotionale Tränen bei psychischen Erkrankungen spielen. Außerdem fehlen systematische Erkenntnisse darüber, wie Tränen soziale Interaktionen regulieren", zieht Prof. Johannes Keller, Sozialpsychologe an der Uni Ulm, ein Fazit. Die Studie zeige auch, welchen Einfluss Tränen zum Beispiel darauf haben, ob ein Mensch einen anderen unterstützt. Die Identifikation der fünf häufigsten Gründe des Weinens könne dabei helfen, diese Fragen in Zukunft zu beantworten.