Das Hormon Vasopressin steuert den Wasser- und Salzhaushalt im Körper. Liegt ein Vasopressin-Defizit vor, kann die Hormonstörung zu übermäßigem Trinken führen.
Wenn du besonders häufig Durst hast, mehr als 3 Liter pro Tag trinkst und gleichzeitig auch sehr häufig Wasserlassen musst, kann ein Mangel des Hormons Vasopressin der Grund dafür sein. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Hormonstörung handelt oder doch nur Gewohnheit dahintersteckt, lässt sich durch einen Test feststellen.
Viel Durst: Gewohnheit oder Hormonmangel?
Laut Prof. Dr. Mirjam Christ-Crain und Dr. Julie Refardt der Universität Basel kann eine erhöhte Trinkmenge in Verbindung mit einer erhöhten Urinausscheidung Ursache eines Hormonmangels sein. Dabei gilt eine Trinkmenge von über drei Litern pro Tag als erhöht. Neben einem Hormonmangel, einem Vasopressin-Defizit, kann übermäßiges Trinken auch durch Gewohnheit entstehen. Dann wird vom "Polydipsie-Polyurie-Syndrom" gesprochen.
Das Hormon Vasopressin wird in der Hirnanhangsdrüse produziert, es steuert den Salz- und Wasserhaushalt. Liegt ein Mangel des Hormons vor, wird der Urin nicht konzentriert und somit werden große Mengen Flüssigkeit ausgeschieden. Betroffene Personen müssen viel trinken und verspüren ein starkes Durstempfinden. Weitere Anzeichen eines Mangels können trockene Schleimhäute sein (erhöhte Anfälligkeit für Krankheitserreger), Verstopfungen, ein niedriger Blutdruck, Schlafstörungen oder eine Verdickung des Blutes durch den Anstieg des Natriumgehalts im Blut. Steigt der Natriumspiegel über einen bestimmten Wert, kann das zu Krampfanfällen führen und teilweise zum Koma. Grund für ein Vasopressin-Defizit kann die Schädigung des Hypothalamus oder der Hypophyse durch Entzündungen, Verletzungen durch einen Unfall oder eine Operation sein. Auch ein Tumor am Hypothalamus oder an der Hypophyse kann ein Defizit des Hormons auslösen.
Es muss klar unterschieden werden, ob es sich bei der erhöhten Trinkmenge um eine Gewohnheit oder ein Vasopressin-Defizit handelt, da sich die Therapiemaßnahmen stark unterscheiden. Während ein Hormonmangel mit der Gabe von Vasopressin behandelt wird, ist es üblich, beim "Polydipsie-Polyurie-Syndrom" verhaltenstherapeutische Maßnahmen zu treffen. Eine Fehldiagnose kann gefährlich sein, da die fälschliche Gabe von Vasopressin zu einer Wasservergiftung führen kann. In einer internationalen Studie der Universität Basel konnte nun ein Testverfahren bestätigt werden, mit dem der Vasopressin-Spiegel im Blut nachgewiesen werden kann. Mittels einer Salzinfusion wird die Ausschüttung von Vasopressin stimuliert. Da dies zu einem Salzanstieg im Blut führt, geht der Test auch mit regelmäßigen Salzmessungen im Blut einher und ist aufgrund dessen sehr aufwändig. Mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 5 % ist dieses Verfahren jedoch zuverlässiger als andere Tests.
Funktion der Niere: Ein Kreislauf
Vasopressin veranlasst die Niere vermehrt Wasser aus dem Harn zurückzugewinnen. Die Hauptaufgabe der Niere liegt darin, Giftstoffe und Stoffwechselprodukte aus dem Blut zu entfernen, die dann über den Urin ausgeschieden werden. Außerdem reguliert sie über die Harnausscheidung den Wasser- und Salzhaushalt des Körpers. Täglich filtert die Niere unser Blut und produziert somit bis zu 120 Liter Primärharn pro Tag. Um den Flüssigkeitsverlust zu reduzieren, wird der größte Teil der Flüssigkeit zurückgewonnen und wieder ans Blut abgegeben, sodass statt 120 Liter nur etwa 1,5 Liter Urin pro Tag ausgeschieden werden. Für diesen Prozess der Wasserrückführung wird das Hormon Vasopressin benötigt, mangelt es an diesem Hormon wird mehr Flüssigkeit als nötig ausgeschieden und somit muss mehr Flüssigkeit aufgenommen werden. Eine erhöhte Trink- und Urinmenge ist die Folge.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt mindestens 1,5 Liter pro Tag zu trinken. Bei körperlich anstrengender Arbeit, Sport oder Hitze kann die notwendige Trinkmenge um das Drei- bis Vierfache steigen. Der tägliche Flüssigkeitsbedarf sollte mit kalorienfreien Getränken wie Wasser oder ungesüßten Frucht- oder Kräutertees gedeckt werden. Es ist lebensnotwendig, ausreichend zu trinken, denn unser Körper besteht zu fast zwei Dritteln aus Wasser. Mangelt es an Flüssigkeit, können wichtige Prozesse im Körper nicht stattfinden und die Funktionen der Organe werden gehemmt.